Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
einschätzte. Sein Job brachte es mit sich, dass er manchmal wochen- oder sogar monatelang unterwegs war.
Er wusste nicht, wie viel von dieser Geschichte Jessica glaubte. Und wenn er ehrlich war, wollte er es auch nicht wissen. Er hasste es, sie anzulügen.
Er zögerte noch ein wenig.
Es war immer das Gleiche. Ihre E-Mails waren witzig, ausführlich, liebevoll und sehr persönlich. Wenn er es überhaupt über sich brachte, ihr zu antworten, waren seine Mails knapp, langweilig und gleichgültig – eher so, als würde er einer Fremden schreiben. Er wusste einfach nicht, was er sagen sollte.
»Mist«, knurrte er und griff nach der Whiskyflasche. Er schenkte sich eine großzügige Portion ein, hielt dann das Glas einen Moment hoch und beobachtete, wie das Licht in unterschiedlichen Mustern von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit reflektiert wurde.
Hassen kannst du dich später immer noch, dachte er, setzte das Glas an die Lippen und zwang sich, es zu leeren. Er wusste, dass es keine gute Idee war, aber das hielt ihn nicht auf. Das hatte es nie getan.
Er war bereits bei seinem dritten Glas, als die Türklingel schrillte.
»Was zum …?«
Er schlurfte durch den Flur, zog den Riegel an der Haustür zurück und öffnete sie einen Spalt.
Auf der Türschwelle stand Frost. Sie sah aus wie eine wild gewordene Pfadfinderin. Sie trug ihre Lederjacke und hatte sich den Helm unter den Arm geklemmt. Ihr kurzes, dunkles Haar war vollkommen zerzaust. Ihr Motorrad hatte sie auf dem Bürgersteig geparkt; es war eine Monstrosität aus rotem Kunststoff und Karbonfiber, die vermutlich noch weniger wog als sie.
»Keira …« Ihr plötzliches Auftauchen überrumpelte ihn. »Was wollen Sie denn hier?«
Die junge Frau grinste ihn schief an. »Einige Dinge bespricht man besser nicht am Telefon.« Sie deutete mit einem Nicken ins Haus. »Kann ich reinkommen, oder wollen Sie mich hier draußen in der Eiseskälte bibbern lassen?«
»Sicher, ja, selbstverständlich.« Er trat zur Seite und ließ sie eintreten. Dann verschloss er hinter ihr die Tür.
Keira sah sich in dem engen Flur um, betrachtete den verblichenen Teppich und den Stapel alter Zeitungen und Magazine, den er schon längst hatte entsorgen wollen. Er war nie dazu gekommen. »Ein kuscheliges Heim haben Sie übrigens.«
Ihr Sarkasmus war unüberhörbar. »Auf Besucher bin ich nicht vorbereitet.«
»Das sehe ich. Entspannen Sie sich. Ich bin nicht gekommen, um mich von Ihnen mit einem Dinner und Wein verwöhnen zu lassen!«, rief sie über die Schulter zurück, während sie zur Küche ging.
Sie legte den Helm auf den Tresen, dabei fiel ihr Blick auf den Pizzakarton. Sie hob den Deckel und warf Drake einen missbilligenden Blick zu. »Was? Keine Peperoni?«
»Ich kann dieses Zeug nicht ab«, erwiderte er.
»Kann es sein, dass das ein typisch britisches Problem ist?« Sie zuckte mit den Schultern und nahm ein Pizzastück heraus. »Na, macht nichts.«
Drake schüttelte den Kopf. »Aber bitte, bedienen Sie sich.«
»He, ich habe mir die ganze Nacht den Hintern für Sie wundgescheuert!«, konterte sie mit vollem Mund. »Es ist ja wohl das Mindeste, was man an Dankbarkeit erwarten kann, dass Sie einen kleinen Snack für mich springen lassen.«
Seine Augen leuchteten. »Ah. Dann haben Sie mir hoffentlich mehr zu bieten als nur Ihren unwiderstehlichen Charme, ja?«
»Leider nicht«, sagte sie und biss erneut ab. »Es gibt nirgendwo irgendetwas über Maras. Weder bei der CIA , dem FBI , der Polizei noch bei Interpol … Alle unsere Suchanfragen sind im Sande verlaufen. Sie ist geradezu ein Phantom.«
Drake unterdrückte einen frustrierten Seufzer. Es war zwar ein Schuss ins Blaue gewesen, aber trotzdem war es entmutigend, dass rein gar nichts dabei herausgekommen war. »Irgendjemand muss doch wissen, wer sie ist.«
»Ja – Cain«, erwiderte sie.
Er seufzte und legte seine Hände auf den Tresen. »Sie haben getan, was Sie konnten. Danke, dass Sie es wenigstens versucht haben.«
»Eines gibt es da allerdings.« Sie legte das angebissene Stück Pizza in den Karton zurück. »Aus reinem Interesse habe ich wegen des Namens Maras ein bisschen im Internet recherchiert.«
Drake beugte sich interessiert vor. »Und?«
»Meine ersten Treffer waren eine Grundstücksverwaltung und ein Lieferant für Dieselgeneratoren in Pittsburgh. Nicht gerade etwas, das einen zu einem CIA -Decknamen inspirieren würde. Also habe ich sie ausgeschlossen. Als mir dann einfiel, dass Maras in einem
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