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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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das im Dunkeln leuchtet. Weiß der Himmel, wie es sich auf Menschen auswirkt.»
    «Danke, aber ich bin nicht interessiert.»
    «Wir haben ja noch gar nicht gesagt, was wir Ihnen anbieten», sagte Weltz. «Nämlich Arbeit. Als Polizist. Das müsste doch für einen Mann Ihrer Qualifikationen reizvoll sein.»
    «Ein Mann, der nie in der NSDAP war», sagte Leutnant Rascher. «Ein ehemaliges Mitglied der SPD .»
    «Wussten Sie eigentlich, dass sich die KPD und die SPD zusammengeschlossen haben, Hauptmann Gunther?»
    «Das kommt ein bisschen spät», sagte ich. «Wir hätten die Unterstützung der KPD im August 1931 gebraucht. Beim Roten Volksentscheid.»
    «Umso erfreulicher, dass sich der Wind gedreht hat. Besser spät als nie, was? Die neue Partei – die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, die SED  – stellt einen Neuanfang dar, für eine Zusammenarbeit beider Parteien. Für ein neues Deutschland.»
    «Schon wieder ein neues Deutschland?»
    «Tja, mit dem alten können wir schwerlich was anfangen. Finden Sie nicht auch? Wir müssen so vieles neu aufbauen. Nicht bloß, was die Politik angeht. Auch in Sachen Recht und Ordnung gibt es viel zu tun. Den Polizeiapparat. Wir sind dabei, eine neue Polizei aus der Taufe zu heben. Vorläufig trägt sie die Bezeichnung Fünftes Kommissariat oder K5. Wir hoffen, dass sie Ende des Jahres voll funktionsfähig ist. Und bis dahin suchen wir neue Mitarbeiter. Ein Mann wie Sie, ein ehemaliger Oberkommissar bei der Berliner Kripo, dem Ehrlichkeit und Integrität nachgesagt wird, der von den nationalsozialistischen Kräften verjagt wurde, ist genau der Richtige für uns, ein Mann mit Prinzipien. Wahrscheinlich kann ich Ihnen Ihren alten Rang garantieren mit vollem Pensionsanspruch. Berlinzulage. Hilfe bei der Wohnungssuche. Eine Arbeitsstelle für Ihre Frau.»
    «Nein danke.»
    «Das ist schade», sagte Leutnant Rascher.
    «Hören Sie, Hauptmann Gunther, denken Sie doch erst mal drüber nach», sagte Weltz. «Schlafen Sie drüber. Um ehrlich zu sein, in diesem Lager stehen Sie ganz oben auf unserer Liste. Und aus naheliegenden Gründen möchten wir unseren Aufenthalt hier auf ein Minimum beschränken. Ich bin bereits Vater, aber der Leutnant hier möchte auf keinen Fall seine Chancen beeinträchtigen, einen Sohn zu zeugen, sollte er mal heiraten. Die Strahlung wirkt sich nämlich auf die Zeugungsfähigkeit aus. Sie greift ebenso die Schilddrüse an wie den Stoffwechsel.»
    «Die Antwort ist trotzdem nein», sagte ich. «Kann ich jetzt gehen?»
    Der Major setzte eine traurige Miene auf. «Ich verstehe Sie nicht», sagte er. «Wie kommt es, dass Sie als Sozialdemokrat bereit waren, für Heydrich zu arbeiten? Aber für uns nicht. Könnten Sie mir das bitte erklären?»
    In dem Moment fiel mir ein, an wen der Major mich erinnerte. Die Uniform mochte eine andere sein, aber das weißblonde Haar, die blauen Augen, die hohe Stirn und der hochmütige Tonfall hatten mich an Heydrich denken lassen, noch ehe er den Namen erwähnte. Sie schienen auch etwa gleich alt zu sein. Wäre Heydrich nicht im Juni 1942 an den Folgen eines Anschlags gestorben, wäre er nun etwa zweiundvierzig gewesen. Der jüngere Leutnant war grauhaarig, und sein Gesicht war so breit, wie das des Majors lang war. Er erinnerte mich an mich selbst – vor dem Krieg und dem Gefangenenlager.
    «Nun, Gunther? Heraus mit der Sprache. Vielleicht waren Sie ja doch die ganze Zeit ein Nazi. Ein Mitläufer. Haben Sie so lange gebraucht, um zu erkennen, was Sie wirklich sind?»
    «Sie und Heydrich», sagte ich zu dem Major. «Sie sind sich nicht unähnlich. Für den wollte ich auch nie arbeiten, aber ich hatte Angst, nein zu sagen. Angst davor, was er mit mir machen würde. Sie dagegen haben Ihr Pulver schon verschossen. Schlimmer kann es für mich gar nicht mehr kommen. Es gibt nichts, was Sie mir wirklich noch antun könnten, außer mich zu erschießen. Zu wissen, dass man schon ganz unten ist, kann ein großer Trost sein.»
    «Wir könnten Sie brechen», sagte Weltz. «Das könnten wir.»
    «Ich hab zu meiner Zeit selbst einige Männer gebrochen», sagte ich. «Aber immer zu einem bestimmten Zweck. Und den hätte es bei mir nicht. Wenn Sie mich brechen würden, hätten Sie Ihren Spaß, aber ich wäre zu nichts mehr zu gebrauchen, wenn Sie fertig sind. Ich bin auch jetzt schon für Sie zu nichts zu gebrauchen, Major, Sie wissen es nur nicht. Ich erkläre es Ihnen. Ich war so ein Bulle, der zu blöd war, sich clever zu

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