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Mister Mädchen für alles

Mister Mädchen für alles

Titel: Mister Mädchen für alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Sanders
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Premieren und eleganten Partys, die auch dann noch kamen, als ihre Mutter die Schauspielerei aufgegeben hatte, waren für Alex nie von Interesse gewesen. Saff hingegen hatte sich danach gesehnt. Das Leben der anderen. Der Spaß von anderen. «Nein, sie ist davon nur genervt.»
    Abrupt wurde die Küchentür wieder aufgerissen. «Störe ich bei einer Besprechung?» Die Ranke hatte die Augenbrauen nach oben gezogen und blickte streng drein. «Kommen Sie, Frankie. Wenn Sie auch nur ansatzweise eine Chance haben wollen, diese Rolle zu ergattern, müssen Sie gut vorbereitet sein, Schätzchen.»
    Saff nahm den Kaffee und folgte ihm aus der Küche. «Rolle? Wovon spricht sie?»
    «Tja, das habe ich alles nur dieser wunderbaren Frau zu verdanken.» Frankie stellte das Tablett ab und legte der Ranke den Arm um die schmalen Schultern. Sie lachte wie ein Schulmädchen und schob seinen Arm weg. «Sie hat David Herschmann dazu gebracht, dass ich für eine Rolle vorsprechen darf. Es geht um die Neuinszenierung von
The Sentinel
im National Theatre.»
    «Mensch, Frankie!» Saff klatschte spontan vor Freude in die Hände. Sie kannte das Stück zwar nicht, doch selbst sie wusste, dass Herschmann der Beste war und dass alles, was er anfasste, für einen Ansturm an den Theaterkassen sorgte.
    «Großartig.» Die Ranke klatschte in die Hände, als riefe sie eine Klasse zur Ordnung. «Erklären Sie Saff die Rolle, für die Sie vorsprechen werden. Es könnte Ihnen helfen, sich besser in den Charakter hineinzuversetzen.»
    Saff wurde zum Ein-Mann-Publikum erklärt und ließ sich in einem Sessel nieder. «Also gut», begann Frankie mit einem schüchternen Lächeln und blickte zur Decke, während er sich sammelte. «Ich spreche für den Charakter des Joel vor. Joel ist ungefähr fünfundzwanzig – das allein verlangt mir schon einige Schauspielkunst ab   …»
    «Sie sehen wunderbar jugendlich aus, Sie Luftikus. Allein diese Haut!», schwärmte die Ranke, die vom Sofa aus das Geschehen dirigierte.
    «Egal. Jedenfalls wird er von Ängsten geplagt. Und was das anbetrifft, bin ich ein Profi. Wie auch immer, in dieser Szene ist seine Freundin kurz davor, zu einem anderen Mann zurückzukehren, und er ist am Boden zerstört.»
    Saff kicherte. «Du verstehst natürlich, was in ihm vorgeht!»
    «Allerdings.» Frankie nahm das Drehbuch zur Hand, dessen Seiten sich an den Ecken bereits wellten. Die Proben mit der Ranke waren offenbar sehr intensiv gewesen. «Also gut   …» Er begann, seine Rolle zu lesen, und der Frankie, mit dem sie gerade noch Kaffee gekocht hatte, verschwand aus dem Zimmer, und eine andere Person stand plötzlich vor ihr. Auch wenn die Wortwahl ein bisschen zu viel des Guten war für Saffs Geschmack, so erinnerten sie die Trauer, die er spielte, und der Text des Drehbuchs ziemlich an ihr Gefühl von heute Morgen – leer und nutzlos.
    «Was sieht sie nur in ihm, hat er doch das Gesicht einer warzigen Kröte.» Er hielt einen Augenblick lang inne, das Drehbuch in der Hand. «All die Dinge, die wir gemeinsam durchlebt haben, bedeuten sie ihr nichts mehr?»
    Brm. Brm. Saffs Handy klingelte in ihrer Tasche.
    «Es tut mir so leid.» Sie durchwühlte ihre Tasche, um das Telefon zu finden, zog es heraus und wollte gerade schon die Taste zur Rufumleitung drücken, als sie bemerkte, wer der Anrufer war. «Oh, verdammt, es ist Alex.» Alle drei erstarrten, und die Ranke blickte in Richtung ihres Schlafzimmers, als sei sie kurz davor, aufzuspringen und sich zu verstecken.
    «Pst. Gehen Sie dran, Liebes. Wir sind mucksmäuschenstill.» Frankie setzte sich neben die Ranke, und so kauerten sie beide auf der Sofakante und beobachteten angespannt, wie Saff den Anruf entgegennahm.
    «Hallöchen», zwitscherte Saff leichthin und versuchte, so normal wie möglich zu klingen. «Wie geht’s?»
    «Hallo.» Alex klang etwas atemlos und gehetzt – wie immer. «Was machst du gerade?» Das fragte sie auch immer – zum Glück.
    «Ach, nur Hausarbeit, die Wäsche, das Übliche halt.»Saff hörte, wie ihre Stimme einen leicht hysterischen Ton annahm.
    «Bist du denn zu Hause? Ich habe eben auf dem Festnetz angerufen.»
    «Waschpulver. Ich bin gerade auf dem Weg, Waschpulver einzukaufen.» Sie spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Sie war schon immer eine schlechte Lügnerin gewesen, eine Charaktereigenschaft, die sie bis jetzt eigentlich als positiv empfunden hatte.
    «Es ist aber sehr still im Hintergrund, dort, wo auch immer du steckst. Egal,

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