Mister Perfekt
keine Ahnung, welche Fitzelchen ihres Interviews vom Freitag letztendlich ausgestrahlt worden waren. Aber das würde ihr bestimmt jemand erzählen, und falls sie je den Drang verspüren sollte, die Sendung anzuschauen, was sie für wenig wahrscheinlich hielt, dann hatte garantiert eine der drei anderen sie aufgenommen.
Komisch, wie gleichgültig ihr das alles plötzlich war. Doch wie sollte sie sich auch den Kopf über die Liste zerbrechen, wenn Sam ihre Gedanken und Zeit derart in Anspruch nahm? Er raubte ihr den letzten Nerv, aber er war auch witzig und sexy, und sie war süchtig nach ihm.
Nachdem sie am Freitagabend zusammen essen gegangen waren, hatte er sie am Samstagmorgen um halb sieben geweckt, indem er mit dem Gartenschlauch gegen ihr Schlafzimmerfenster spritzte. Anschließend hatte er sie eingeladen, ihm beim Autowaschen zu helfen. Weil sie das Gefühl hatte, in seiner Schuld zu stehen, nachdem er ihre Viper gewaschen hatte, zog sie schnell etwas über, setzte Kaffee auf und ging zu ihm nach draußen. Er wollte sein Auto nicht nur waschen; er wollte es auch wachsen und polieren, das Chrom säubern und zum Strahlen bringen, den Innenraum saugen und alle Fenster reinigen. Nach zwei Stunden harter Arbeit hatte der Pickup geblinkt und gefunkelt. Daraufhin hatte er ihn zurück in die Garage gefahren und sie gefragt, was sie ihm zum Frühstück machen würde.
Den ganzen Tag hatten sie streitend und lachend miteinander verbracht; am Nachmittag hatten sie dann irgendein Ballspiel im Fernsehen angeschaut und wollten gerade zum Essen ausgehen, als sein Piepser losging. Er rief von ihrem Telefon aus zurück, und ehe sie es sich versah, war er mit einem schnellen Kuss und den Worten »Ich weiß nicht, wann ich zurückkomme« verschwunden.
Er war Polizist, ermahnte sie sich. Solange er Polizist blieb und daran schien er nichts ändern zu wollen, wie sie aus seiner Bewerbung bei der State Police schloss -, wäre sein Leben eine einzige Serie von Unterbrechungen und dringenden Einsätzen.
Geplatzte Verabredungen waren da mit inbegriffen. Sie hatte darüber nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass ihr das egal war, sie war hart im Nehmen, sie konnte damit umgehen. Aber falls er in Gefahr geriet... ob sie damit auch umgehen konnte, wusste sie nicht. War er immer noch in diesem Einsatzkommando? War man bei so etwas langfristig, oder verpflichtete man sich nur auf Zeit dafür? Sie wusste kaum etwas über die Polizei, aber sie würde bestimmt bald mehr darüber erfahren.
Am Sonntagnachmittag war er müde und mürrisch heimgekehrt und hatte wenig Lust gezeigt, ihr zu erzählen, was er erlebt hatte. Statt ihn mit Fragen zu löchern, hatte sie ihn in ihrem Ohrensessel schlummern lassen, während sie sich auf den beiden übrig gebliebenen Polstern ihrer Couch zusammenrollte und ein Buch las.
Mit ihm zusammen zu sein, so ganz ohne Verabredung und alles, einfach nur mit ihm zusammen zu sein , hatte sich irgendwie... richtig angefühlt. Ihm beim Schlafen zuzuschauen.
Seinem Atem zu lauschen. Und - noch - nicht den Mut aufzubringen, ihre Gefühle für ihn mit dem L-Wort zu beschreiben. Dazu war es zu früh, sie war nach ihren bisherigen Erfahrungen zu misstrauisch, um blindlings darauf zu vertrauen, dass jenes Hochgefühl, das sie in seiner Gegenwart empfand, ewig anhalten würde. Ihr Misstrauen war auch der entscheidende Grund, warum sie noch nicht mit ihm schlafen wollte. Ja, ihn zu frustrieren war lustig, und sie genoss die Hitze in seinem Blick, wenn er sie ansah, aber im Innersten hatte sie nach wie vor Angst, ihn zu nahe an sich heranzulassen.
Vielleicht nächste Woche.
»Hey Jaine!«
Die Brauen über den großen Augen hochgezogen, streckte Dominica Flores den Kopf zur Tür herein.
»Ich habe gerade euer Ding da im Fernsehen gesehen, allerdings nur ein Stück; ich musste los, bevor es zu Ende war, aber ich habe den Rest aufgenommen. Das war vielleicht cool! Du hast total super ausgesehen. Ihr habt alle verdammt gut ausgesehen, ehrlich, aber Mann, du warst echt super.«
»Ich habe es nicht gesehen«, gestand Jaine.
»Im Ernst? Also, wenn ich im Fernsehen auftreten würde, dann würde ich mir extra Urlaub nehmen, um mich selbst anzuschauen.«
Nicht wenn dir die ganze Sache so unendlich auf den Geist gehen würde wie mir, dachte Jaine. Trotzdem rang sie sich ein Lächeln ab.
Um halb neun rief Luna an. »Hast du was von Marci gehört?«, fragte sie. »Sie ist noch nicht im Büro, und als ich bei ihr zu
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