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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Wohnung, prüfte er, ob die Kamera gelaufen war. Niemand hatte den Bewegungsmelder ausgelöst. Er ging schlafen und hoffte, der Rotwein werde ihm helfen. Aber er lag lange wach und erwog die Möglichkeiten des Falls Griesbach. Sein Hirn arbeitete unentwegt, obwohl er es für sinnlos hielt. Er wusste zu wenig, um das Rätsel zu lösen. Vielleicht brachte der Besuch bei Zakowski etwas. Er wollte sich zwingen, an sein Seminar zu denken und an den Besuch bei Anne, aber die Gedanken schweiften zu der Leiche im Sack und ihrem Mörder, der ihn fertig machen wollte und dem es gelingen konnte, obwohl Stachelmann dessen Ziel zu kennen glaubte.
    Die Erschöpfung ließ ihn dann doch einige Stunden schlafen. Im Traum rannte er mit Bleifüßen vor einem Mann weg. Der kam näher und zog ein Messer. Schließlich war er nah genug und stieß zu. Der Schreck weckte ihn auf, er brauchte einige Sekunden, um sich zu vergegenwärtigen, wo er war. Er schaute auf den Wecker, es war sechs Uhr dreißig. Draußen war es dunkel.
    Nach dem Frühstück blätterte er in der Seminararbeit, die am Nachmittag zu besprechen war. Wieder packte ihn Niedergeschlagenheit. Es war sinnlos, Geschichte zu lehren, wenn sich nicht einmal Geschichtsstudenten für ihr Fach begeisterten. Dabei ergründete es die Ursachen und Folgen menschlichen Handelns, was konnte es Spannenderes geben? Aber wahrscheinlich gab es Leute, die sich für nichts interessierten außer dafür, unterhalten zu werden. Das Leben als Party.
    Die dunklen Gedanken beschäftigten ihn noch auf dem Weg zum Bahnhof. Der Wind trieb ihm Regentropfen ins Gesicht. In den beiden Betonklötzen vor dem Bahnhof brannte viel Licht. Als Stachelmann im Dammtorbahnhof ausstieg, hatte es aufgehört zu regnen. In einem kleinen Laden kaufte er zwei Flaschen italienischen Rotwein und packte sie in seine Aktentasche. Sie wurde schwer, er wusste, der Rücken würde ihm wehtun. Als er den Bahnhof verließ, blies der Wind kräftiger. Stachelmann fror. Die Niedergeschlagenheit wich, je weiter er sich entfernte von zu Hause. Als er die Eingangstür des Philosophenturms aufdrückte, dachte er, er müsse trotz der widrigen Umstände endlich beginnen, seine Habilschrift zu überarbeiten. Er fürchtete, nicht mehr zufrieden zu sein mit der Arbeit. Aber eine andere hast du nicht geschrieben, und es ist ausgeschlossen, dass eine zweite Arbeit besser würde. Die Wirklichkeit ist immer mäßig, verglichen mit deinen Träumen. Was du schreibst, ist schlechter als das, was du schreiben willst. Schon deshalb, weil es dich nicht mehr überraschen kann. Aber es überrascht vielleicht die Leser.
    In seinem Dienstzimmer schaltete er den PC ein. Er konnte ein paar Seiten überarbeiten bis zum Seminar. Er würde sich Mittwoch wieder mit dem Mord befassen oder vielleicht schon am Abend bei Anne. Aber jetzt würde er sich beweisen, dass man ihn nicht fertig machen konnte. So nicht. Er öffnete das Mailprogramm und rief die E-Mails ab. Es war viel Schrott, eine Rundmail des Sekretariats von Bohming mit dem Betreff Neue Prüfungsordnung, und da war eine Mail, die er sich offenbar selbst geschickt hatte, jedenfalls war seine private Mailadresse eingetragen als Absender. Die Mail beförderte einen Anhang. Er öffnete sie. Gruß von zu Hause stand da, sonst nichts. Der Anhang war eine AVI-Datei. Also ein Film, dachte Stachelmann. Wer schickt mir einen Film? Da überkam ihn eine Ahnung. Er klickte die Datei doppelt an, klickte die Warnmeldung weg, und der Mediaplayer lud den Film. In dem kleinen Ausschnitt erkannte er sofort, was für ein Film es war. Er hatte ihn aufgenommen, als er die Kamera geprüft hatte. Er war schon schweißnass, als er begriff, was geschehen war. Der Film zeigte ihn, wie er in seinem Wohnzimmer umherlief, nachdem der Bewegungssensor die Kamera eingeschaltet hatte.
    Stachelmann starrte auf das Bild. Dann holte er die Mail in den Vordergrund. Sie war vor zehn Minuten abgeschickt worden. Jetzt, in diesem Augenblick, war der Eindringling wahrscheinlich noch in seiner Wohnung. Stachelmann musste sich beeilen. Er tastete in der Aktentasche nach seinem Notizbuch. Seine Hände zitterten, als er die Nummer suchte. Dann fand er sie und wählte. Zuerst verwählte er sich und fluchte. Bleib ruhig, bleib ganz ruhig. Burg meldete sich.
    »Herr Burg, da ist jemand in meiner Wohnung, ich kann es beweisen. Er hat mir einen Film geschickt, den ich aufgenommen und in meinem PC gespeichert habe.«
    »Sie sind also nicht zu Hause?«
    »Ich

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