Mit dem Kühlschrank durch Irland
überzeugendstes Indiz heranziehen. Ich wandte mich daher wieder an den Kerl, mit dem ich gerade gesprochen hatte, denn ich nahm an, dass es sich bei ihm mit geringerer Wahrscheinlichkeit um einen Mörder handelte.
»Wann fährt Patrick Robinson mit den Amerikanern zurück?«
»Oh, der ist vor einer Stunde gefahren.«
»Was?«
»Ich würde sagen, dass er ungefähr vor einer Stunde gefahren ist.«
»Ich dachte, er würde erst morgen fahren.«
»Nun, die Amerikaner haben beschlossen, dass sie schon heute fahren wollen.«
Ich blickte mich auf diesem winzigen, düsteren Außenposten der Zivilisation um und konnte nachvollziehen, wie dieser plötzliche Sinneswandel der Amerikaner zustande gekommen sein mochte. Die Grenze zwischen friedlich, abgelegen und klein oder richtiggehend langweilig ist sehr dünn, und für die Amerikaner war sie offenbar überschritten worden.
»Es wird morgen also niemand zum Festland zurückfahren?«
»Das erste Boot morgen wird das Postboot mittags sein. Falls es fährt.«
Verflucht. Ich konnte also entweder sofort mit Rory zurückfahren, sobald der seine Steine ausgeladen hatte, oder ich blieb über Nacht und ließ Antoinette und ihren Kollegen bei RTE im Stich.
»Rory, wie lange brauchst du, um die Steine auszuladen?«, rief ich Rory zu.
»Ungefähr eine halbe Stunde, würde ich sagen.«
So kurz nur? Nach all den Schwierigkeiten, die ich gehabt hatte, um nach Tory Island zu gelangen, sollte ich hier nur dreißig Minuten bleiben? Das wäre lächerlich. Und dann war da ja noch diese andere Sache. Prinzessin Brida. Würde es tatsächlich möglich sein, sie in so kurzer Zeit zu heiraten? Ich bezweifelte es. Ich schaute auf meine Uhr und sah, dass es eins war.
»Rory! Patrick Robinson ist schon weg, deshalb würde ich gerne mit dir zurückfahren, wenn ich kann, aber wenn ich nicht bis halb zwei zurück bin, heißt das, dass ich doch nicht mitkomme.«
Er nickte und tat sein Bestes, damit es nicht so aussah, als wäre es ihm scheißegal.
Die Einwohner dieser winzigen, abgelegenen Insel müssen im Laufe der Zeit schon eine Menge seltsamer Dinge gesehen haben, aber hatten sie schon jemals etwas so Eigenartiges beobachtet wie die Ankunft eines Mannes, der ein Wägelchen mit einem Kühlschrank hinter sich herzieht und einen Blumenstrauß in der Hand hält? Die paar Leute, die in der Nähe des Kais standen, hielten in ihrer jeweiligen Beschäftigung inne und starrten mich an, vollkommen unfähig, zu erschließen, welche Verkettung von Umständen dazu geführt haben mochte, dass gerade diese beiden Gegenstände zusammen transportiert wurden.
Ich musste Patsy Dan finden, und die Blumen mussten die Prinzessin erreichen. Mein Gepäck und ich kamen vor einem alten Mann zum Stehen, der uns mit offenem Mund angaffte, als würden an seinem Unterkiefer Gewichte hängen.
»Wissen Sie, wo Patsy Dan ist?« Eigentlich sagte ich »yer man Patsy Dan«, und dieses »yer man« hatte ich mir erst vor kurzem angewöhnt als freundliche Verbeugung vor dem lokalen Dialekt.
Er musterte mich und meinen Besitz und kurbelte langsam den Kiefer hoch, bis dieser wieder zum Rest seines Gesichts stieß.
»Patsy Dan? O ja, der ist sicher nicht weit.«
Das war die eine Sache, die man mit Sicherheit von jedem auf der Insel behaupten konnte.
»Ist er zu Hause?«
»O ja, ich schätze schon.«
»Wo wohnt er denn?«
Der Mann gab mir eine genaue Wegbeschreibung und beäugte dabei immer wieder verstohlen meinen Kühlschrank und den Blumenstrauß, fühlte sich aber offenbar nicht in der Lage, die Frage nach dem Grund für ihre Anwesenheit auf der Insel anzuschneiden.
»Wie lang dauert es, dorthin zu kommen?«
»Och, ich würde sagen, so sechs oder sieben Minuten.«
Ich nahm an, er hatte die Tatsache mit eingerechnet, dass ich ein bisschen durch den Kühlschrank, den ich hinter mir herzog, gebremst wurde. Sechs oder sieben Minuten hin und sechs oder sieben Minuten zurück. Damit blieb mir weniger als eine Viertelstunde, um die Prinzessin für mich zu gewinnen. Ich machte mir nicht viel Hoffnung. Selbst wenn sie Prinzessin Hastig geheißen hätte, wäre es ein ganz schönes Stück Arbeit gewesen. Andererseits könnte ich ja übernachten...
Während ich den Kühlschrank die buckelige Schotterpiste hochzog, die zu der Königsresidenz führte, beschloss ich, außer die Prinzessin würde mich umstimmen, mit Rory McClafferty zurückzufahren. Die Sonne strahlte noch immer, aber von der Insel ging eine Trostlosigkeit aus,
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