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Mit dem Kühlschrank durch Irland

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Titel: Mit dem Kühlschrank durch Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hawks
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freue ich mich darauf, Sie beide kennen zu lernen.«
    Die Hin- und Rückreise zum örtlichen Laden hatte mich vierzig Minuten gekostet und war ziemlich anstrengend gewesen. Immerhin hatte sie sich gelohnt. Beim Frühstück konnte Rolf der Versuchung nicht mehr widerstehen und stellte mit seinem völlig unverständlichen Akzent eine Frage.
    »Wie bitte?«
    Cait schritt ein. »Wozu ist der Blumenstrauß?«
    »Oh, ach so! Entschuldigung, Rolf! Nun, er ist für die Königstochter. Ich plane, in die königliche Familie einzuheiraten.«
    Dies rief mehr Belustigung hervor, als meiner Meinung nach gerechtfertigt war. Andy ließ durchblicken, dass ich dafür nicht gut genug sei, Cait verkündete, dass die romantische Liebe noch nicht ausgestorben sei, und Rolf rundete alles ab, indem er behauptete: »Wenn ihr dein Kühlschrank gefällt, gehört sie dir.«
    Ich hoffte, dass er Recht hatte. Ich hatte schon vierzig Minuten Freizeit in dieses Projekt investiert und baute darauf, dass das genügen würde.
    Bald wandte sich die Unterhaltung den maritimen Traditionen der örtlichen Fischer zu, von denen mich einige Aspekte stark beunruhigten. Vor vielen hundert Jahren hatten die Fischer in dieser Gegend den schönen Brauch eingeführt, niemanden zu retten, der ins Wasser fiel. Das hatte nichts mit der kleinlichen Vorstellung »Du bist selbst reingefallen, jetzt sieh zu, wie du selbst wieder rauskommst« zu tun, sondern mit dem Aberglauben, dass jede Begegnung mit der See vorherbestimmt sei und jeder Rettungsversuch eine Behinderung des Schicksals und des natürlichen Gangs der Dinge darstelle und nur dazu führen könne, dass die Tragödie einen selbst oder die eigene Familie ereilte. Wenn also ein Seemann Pech hatte und über Bord fiel, eilten ihm die Kollegen nicht etwa zu Hilfe, sondern stellten sich vermutlich an die Bordwand und riefen ihm zu: »Wirf uns deine Uhr herüber!« oder »Kann ich deinen Esstisch haben?«.
    Zu diesem gefährlichen Brauch gehörte auch die Überzeugung, dass man sich schon durch bloßes Schwimmen dem göttlich sanktionierten Recht der See, einem das Leben zu nehmen, widersetzte. Bis heute konnte daher, zumindest laut Andy, Cait und Rolf, die Mehrheit der örtlichen Fischer nicht schwimmen. Ich fand diese interessante Eigenheit nicht faszinierend, sondern sah darin den eindeutigen Beweis dafür, dass diese Leute nicht geeignet waren, mich über dieses trügerische Stück Wasser hinweg zu eskortieren. Ich wollte Seeleute, die schwimmen konnten, und mir war auch kein fanatischer Hass auf Schwimmwesten eingeimpft worden. Ich hatte ein sanftes Abenteuer geplant, bei dem ich höchstens den Verlust von ein bisschen Würde riskierte. Das mit der Lebensgefahr ist was für Bergsteiger und Polarforscher, die so was auf sich nehmen, weil sie schüchtern und verklemmt sind. Wenn ich auf meiner Reise unnötige Risiken hätte auf mich nehmen wollen, hätte ich dafür gesorgt, dass mich Mark Thatcher fährt.
    Nachdem diese Offenbarungen mich ziemlich ernüchtert hatten, kehrte ich in mein Zimmer zurück, um zu packen. Ich suchte die paar Dinge zusammen, die ich brauchen würde, öffnete die Kühlschranktür, stopfte die Sachen hinein und verwandelte den Kühlschrank so in eine Reisetasche. Auf dem Weg zum Kai wurde ich von einem neugierigen Fischer angehalten, der mit Interesse beobachtet hatte, wie ich mich ihm lärmend näherte.
    »Ist das ein Kühlschrank?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Und für wen sind die Blumen?«
    »Die sind für die Tochter des Königs von Tory.«
    Er schaute mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Es war unmöglich zu erkennen, welche der beiden Informationen seinen verblüfften Gesichtsausdruck hervorgerufen hatte. Aber ich hatte so meine Befürchtungen.
    Rory McClafferty und sein Boot legten Punkt elf ab. Das war das erste Mal in über vierhundert Jahren, dass in diesem Teil der Welt jemand etwas genau zum angekündigten Zeitpunkt tat. Eine kleine Menschenmenge hatte sich zu meinem Abschied versammelt: Cait, Rolf und Andy und Jean und ihre drei kleinen Kinder, die ich bisher, gemäß einer vorteilhaften Umkehrung des Spruchs, wonach man »Kinder sehen, aber nicht hören soll«, nur gehört, aber nie gesehen hatte. Der Kühlschrank und die Blumen wurden von der verdutzten Mannschaft unter Beifallsrufen meines Abschiedskomitees an Bord genommen. Die beiden so wertvollen Dinge wurden ohne Zeremoniell auf einem Haufen Schlackensteine abgeladen und wirkten dort genauso fehl am Platz, wie

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