Mit dir in meinem Herzen: Roman (German Edition)
setzen und eine Runde heulen.
Belinda öffnete die Wohnungstür und wäre beim Schritt in den Flur beinahe über die fünf oder sechs riesigen Einkaufstüten aus dem Kofferraum ihres Wagens gestolpert, die in Reih und Glied vor der Tür auf sie warteten. Diesmal war sie weder entsetzt noch überrascht. Sie biss sich auf die Lippen, um die Tränen zurückzuhalten, und trug eine Tüte nach der anderen in die Küche.
Als alles verstaut war, ging sie den Flur entlang zum Lift. Dort vor der Aufzugtür standen vier weitere Einkaufstüten. Sie ließ sie dort stehen, stieg in den Aufzug und lief, so schnell sie konnte, auf das Parkdeck. Dabei redete sie sich ein, nur die restlichen Tüten holen zu wollen, aber das war nur ein Vorwand. Sie wollte ihn auf frischer Tat ertappen. Die Sache mit den Einkäufen war nicht das Werk eines Hausmeisters – ebenso wenig wie die Reparatur der defekten Briefkastenklappe. Und es handelte sich nicht um Blumensträuße, die an die falsche Adresse geliefert worden waren. In diesem Fall war keine Verwechslung möglich. Wer auch immer die Einkaufstüten zu ihrer Wohnung geschleppt hatte, wusste genau, für wen sie bestimmt waren.
Als sie um die Ecke bog und freien Blick auf ihren Parkplatz hatte, entdeckte sie über ihren Kofferraum gebeugt eine Gestalt mit einer nur allzu vertrauten Mütze. Ihr Magen krampfte sich zusammen, und diesmal waren nicht die Babys daran schuld. Sie registrierte lange, sonnengebräunte, muskulöse Arme. Ihr Herz schlug schneller. In diesem Moment wandte die Gestalt ihr das Gesicht zu, und die vertrauten Züge verzogen sich zu einem scheuen Lächeln.
Andy.
Sie schlug die Hand vor den Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken. Dann öffnete Andy den Mund, um etwas zu sagen. Die Stimme passte nicht. Andys Züge verblassten. James sah sie an, und sie glaubte, ohnmächtig werden zu müssen. Die Welt um sie begann sich zu drehen, und sie geriet gefährlich aus dem Gleichgewicht.
Andy ist James.
James ist Andy.
Ihr wurde schwindelig, und sie schwankte. Alles drehte sich um sie, und sie fiel. Es war zu spät, ihre Hand fand keinen Halt, und sie wappnete sich instinktiv für den Aufprall auf dem harten Betonboden. Doch so weit kam es nicht.
Starke Arme hielten Belinda umschlungen, bremsten ihren Sturz und ließen sie sanft zu Boden gleiten. Sie kniff die Augen fest zu und versuchte sich einzubilden, in Andys Armen zu liegen. Vergebens. Der Zauber war gebrochen. Sie wusste, dass er es nicht sein konnte. Es nie gewesen sein konnte. Wusste plötzlich, wie dumm sie gewesen war. In diesem Augenblick akzeptierte sie endgültig, dass es Andy nicht mehr gab, nicht einmal mehr als guten Geist. Und es war, als verliere sie ihn in diesem Moment ein zweites Mal. Die Erkenntnis war niederschmetternd.
»Ganz ruhig, Belinda. Ist mit dir alles in Ordnung?« James’ Stimme drang nur gedämpft an ihr Ohr. Sie schlug die Augen auf und sah ihn an.
»Danke«, flüsterte sie. »Das hätte verdammt ins Auge gehen können.«
»Keine Ursache.« James’ besorgte Miene erstarrte, und seineAugen weiteten sich, als sein Blick auf ihren Bauch fiel.
»Bist du …?« Er verstummte verunsichert.
»Richtig. Ich bin schwanger. Mein Bauch ist ja wohl kaum zu übersehen. Und angefressen habe ich ihn mir bestimmt nicht«, zischte sie gereizt.
»Besser, man fragt, bevor man ins Fettnäpfchen tritt.« Er hob abwehrend die Hände. »Kannst mir meine Überraschung kaum übel nehmen. Das war das Letzte, was ich erwartet hätte. Und was war das gerade? Eine Schwangerschaftsohnmacht oder so was?«
»Bitte, können wir uns drinnen weiterunterhalten?« Belinda kam sich dort auf dem Betonboden des Parkhauses ziemlich fehl am Platz vor. Außerdem würde das Pfefferminz-Schokoladeneis schmelzen, wenn sie es nicht schleunigst in der Tiefkühltruhe verstaute.
James half Belinda auf, packte den Rest der Einkaufstüten mit einer Hand und stützte sie mit dem anderen Arm. Sie gingen zum Lift. Belindas Beine fühlten sich an wie aus Gummi.
»Ich möchte ja nicht undankbar klingen, aber was machst du eigentlich hier, James? Wieso diese plötzliche Hilfsbereitschaft? Ich meine, immerhin habe ich dich nicht mehr gesehen seit …« Sie brachte »Andys Beerdigung« nicht über die Lippen.
»Ich weiß. Tut mir leid. Deshalb bin ich ja gekommen.«
»Du bist gekommen, um mir bei meinen Einkäufen zu helfen?«
»Nein, sei nicht blöd! Ich wollte mit dir reden, dir erklären, warum ich mich all die Zeit nicht bei dir
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