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Mit einer Prise Glück und Liebe

Mit einer Prise Glück und Liebe

Titel: Mit einer Prise Glück und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B O'Neal
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sie mir schnappen soll, ohne dass sie sich entziehen kann, ist eine andere Frage. Ich überlege hin und her – soll ich sie einfach morgens zu Hause überfallen (das würde allerdings bedeuten, dass sie sich noch vor dem ersten Kaffee mit mir auseinandersetzen muss – keine gute Idee), oder soll ich sie auf dem Wanderpfad abfangen, wo sie jeden Nachmittag um drei Uhr walken geht (leider ist sie wesentlich durchtrainierter als ich und würde mich problemlos abhängen).
    Am Ende beschließe ich, einfach am frühen Nachmittag ins Steakhaus zu fahren. Mein Vater bringt meine Mutter zum Flughafen und wird nicht da sein.
    Perfekt.
    Ich wähle mein Outfit für die Schlacht mit Bedacht – ein schlichtes Sommerkleid, um meine Kurvigkeit ein wenig zu kaschieren, das Haar zu einem französischen Bauernzopf geflochten, dazu Sandalen und Silberschmuck, gewissermaßen als Rüstung.
    Um Viertel nach zwei, wenn in Restaurants traditionell Flaute herrscht, fahre ich los.
    Das Erin Steakhouse existiert seit 1964 und ist eine Institution der gastronomischen Szene von Colorado Springs. Das Gebäude wurde in den Fünfzigern erbaut und bietet mit seinen Panoramafenstern einen spektakulären Ausblick über die Stadt auf der einen und die Front-Range-Bergkette auf der anderen Seite. Es gibt sogar männliche Gäste, die Fenstertische reservieren, um der Dame ihres Herzens einen Antrag zu machen. Studenten lassen sich hier nach ihrem Graduierten-Abschluss ebenso feiern wie Kadetten der Air Force Academy, und die Zahl der Abschlussball-Prinzessinnen geht mittlerweile in die Tausende. Das Erin Steakhouse ist das Flaggschiff der Gallagher Group und der ganze Stolz meines Vaters.
    Besser gesagt, war es. Als ich auf den Parkplatz einbiege, stelle ich erstaunt fest, wie altmodisch es inzwischen aussieht. Mit dem kritischen Blick, den ich mir unter Cats strenger Mentorenschaft angeeignet habe, betrachte ich das Gebäude, entferne im Geiste die alten, verstaubten Wachholdersträucher, ersetze sie durch hübsche Kakteen und Yucca-Palmen und lasse den allzu leuchtend grünen Anstrich unter einer etwas gedeckteren Farbschicht verschwinden; vielleicht ein hübsches Tannengrün oder ein rosiger Sandton, der sich harmonischer in die Umgebung einfügen würde.
    Und das Schild muss auch dringend ersetzt werden , denke ich im Vorbeigehen.
    Ich komme nicht sehr häufig hierher, trotzdem ist das Erin für mich unwiederbringlich mit jenem Sommer verbunden, als ich fünfzehn war.
    Als ich hereinkomme, tritt eine Kellnerin auf mich zu, doch ich winke ab. »Ich bin auf der Suche nach Stephanie. Ist sie hier?«
    »Darf ich ihr sagen, wer sie sprechen möchte?«
    »Ich bin ihre Schwester«, erwidere ich, lege mir den Finger an die Lippen und lächle, als wäre dies ein überaus freudiger Moment für mich. »Ich würde sie gern überraschen.«
    Das Mädchen ist augenblicklich im Boot. »Oh, klar«, flüstert sie verschwörerisch und tritt näher. »Sie sitzt da hinten in der Ecke. Sehen Sie sie?«
    Ich nicke und gehe an den spärlich besetzten Tischen vorbei. Eigentlich sollte an einem Sonntag um die Mittagszeit mehr los sein, aber das Erin Steakhouse ist eher ein Restaurant mit Abendgeschäft. Die Anwesenheit zumindest einiger vereinzelter Gäste ist Teil meines ausgeklügelten Plans, da Stephanie mir vor ihnen keine Szene machen kann.
    Meine Schwester ist sehr sorgfältig gekleidet – weiße Strickjacke, schwarze Hose mit Bügelfalten, dazu ein schmales goldenes Armband und ein Amethystring, der früher meiner Großmutter gehörte. Was das angeht, sind Steph und Sofia wie meine Mutter: stets elegant gekleidet, stets perfekt frisiert, wenngleich Sofia eher den ausdrucksvollen, leidenschaftlichen Stil bevorzugt, der ihre irisch-mexikanische DNS perfekt zur Geltung bringt.
    Steph sitzt über einen Stapel Papiere gebeugt – die Dienstpläne des Personals, wie ich sehe. »Gibt es dafür nicht längst Computerprogramme?«, frage ich und setze mich ihr gegenüber in die Nische.
    Wie erhofft, habe ich sie kalt erwischt, und bevor sie ihr Profi-Gesicht aufsetzen kann, habe ich Gelegenheit, die Erschöpfung um ihre Augen zu bemerken. »Ramona«, sagt sie und starrt mich finster an. »Was machst du denn hier?«
    Ich falte die Hände auf der Tischplatte und sehe mich um. Von innen ist das Erin noch viel altmodischer als von außen – Las Vegas, Mitte der Siebziger. Bestimmt nicht gut fürs Geschäft, denke ich und runzle die Stirn. »Habt ihr immer noch dieselbe

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