Mit einer Prise Glück und Liebe
die Augen verdreht. »Ich bitte dich. Judith Krantz macht im Augenblick definitiv bessere Laune als Tolstoi.«
Ich ging in die Bibliothek und deckte mich mit neuen Schmökern ein, die ich in meinen Rucksack packte, ehe ich in die glühende Spätnachmittagshitze trat. Schwarze Wolken türmten sich im Westen, und am Himmel zuckten erste Blitze. Vereinzelte Regentropfen fielen mir ins Gesicht, und eine heftige Bö riss meinen Rock in die Höhe. Ich packte ihn mit der einen, mein Haar mit der anderen Hand und stellte mich mit dem Rücken gegen den Wind.
»Sie sollten lieber zusehen, dass Sie ins Haus kommen«, rief ein Mann und schlug seine Wagentür zu.
Schuldbewusst schätzte ich die Entfernung zum Plattenladen ab und überlegte, ob ich es schaffen würde, bevor der Regen einsetzte. Es waren fast zwei Blocks, dafür war die Straße abschüssig. Wäre ich nicht schwanger gewesen, hätte ich den Weg innerhalb von einer halben Minute hinter mich gebracht. Aber in meinem Zustand war das wohl nicht realistisch.
Aber vielleicht in anderthalb Minuten. Ich nahm mein Haar zusammen und schob es unter den Gurt meines Rucksacks, raffte meinen Rock und lief los. An der Main Street musste ich an der Ampel stehen bleiben. Schwere Tropfen fielen auf den glühend heißen Asphalt, der augenblicklich diesen typischen Geruch verströmte. Ein Laster rumpelte vorbei, und ich nutzte die Gelegenheit, hinter ihm über die Straße zu laufen.
Es war, als liefe ich geradewegs in eine Regenwand. Dicke Tropfen prasselten auf mich herunter. Obwohl ich mittlerweile in Trab verfallen war, würde ich klatschnass werden. Als ich endlich die Tür zum Plattenladen aufriss, tropfte mir der Regen aus den Haaren, und meine Arme waren von roten Flecken von den Hagelkörnern übersät. Die Glocke über der Tür läutete, als ich sie hinter mir zuschlug. Draußen legte der Hagelsturm noch zu, so dass die Körner wie ein Maschinengewehrfeuer auf die Dächer und den Asphalt prasselten. »Wow«, sagte ich, fuhr mir mit der nassen Hand übers Gesicht und drehte mich um.
Jonah kam mit einem Stapel Platten in der Hand aus dem Hinterzimmer. Bei meinem Anblick blieb er abrupt stehen und sah mich mit leicht gerunzelter Stirn an. Am liebsten wäre ich vor Scham im Erdboden versunken.
»Hallo«, sagte er schließlich und legte die Platten auf den Tresen. »Sieht aus, als wärst du ein bisschen nass geworden.«
Ich zupfte mir mein pitschnasses Kleid vom Körper. »Sieht ganz so aus.«
»Warte, ich hole dir ein Handtuch.« Er verschwand und kehrte wenig später mit einem blauen Handtuch zurück. »Hier. Es ist vielleicht nicht das eleganteste, sollte aber seinen Zweck erfüllen.«
Zitternd nahm ich es entgegen und trocknete mir Gesicht, Arme und Hals ab, während Jonah wortlos daneben stand. »Alles klar?«
Meine Zähne klapperten. »Ja, mir ist nur kalt.«
Er bedeutete mir, ihm zu folgen. Der Regen trommelte noch immer lautstark auf das Dach, und als ich ihm folgte, quietschten meine Füße in meinen nassen Sandalen. Die Bücher in meinem Rucksack waren tonnenschwer, und ich konnte nur hoffen, dass sie nichts abbekommen hatten. »Mist, die Bücher!«, sagte ich und spähte in meinen Rucksack. Jonah verschwand erneut und kehrte mit einem braun-blau gemusterten Pulli zurück. »Hier, zieh dir den über.«
»Ich will ihn aber nicht nass machen.«
»Sei nicht albern«, sagte er und hielt ihn mir weiter hin. »Er ist schön warm.«
Ich zog mir den Pulli über den Kopf. Am Bauch spannte er ein wenig, aber nicht so sehr, dass ich ihn ausleiern würde. Ein würziger Duft stieg mir in die Nase – nach Nelken und Orangen und etwas, das mir erneut diesen merkwürdigen Schauer über den Rücken jagte. Ich bekam am ganzen Körper Gänsehaut. Instinktiv presste ich meine Nase in den weichen Stoff, um den Duft tiefer in meine Lungen zu saugen. Erst in diesem Augenblick dämmerte mir, dass es Jonahs Geruch war. Als ich den Kopf hob, ertappte ich ihn, wie er mich mit eigentümlicher Miene ansah.
Er nahm mir das Handtuch ab, knüllte es zusammen und warf es wie einen Basketball von einer Hand in die andere. »Ziemlich heftiger Sturm«, bemerkte er mit einem Blick über die Schulter.
»Allerdings.« Ich fühlte mich seltsam benommen. Wir standen ganz dicht voreinander, nur wenige Zentimeter voneinander getrennt. Eine Strähne hatte sich aus seinem Pferdeschwanz gelöst, bei deren Anblick ich mich fragte, wie sein Haar wohl aussehen würde, wenn es offen um seine Schultern
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