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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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völlig aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Er hatte als Sieger gehen wollen und war als Geschlagener davongeschlichen. Allerdings war dieser total unbegreiflichen Szene ein Besuch von Eva bei Ingeborg vorausgegangen, von dem Walter nie etwas erfahren würde. Drei Stunden lang hatte sich Eva Aurich mit Ingeborg in deren kahler Wohnung unterhalten, mit ihr auf der Matratze gesessen, zwei Becher Fruchtjoghurt gegessen und Zwiebäcke geknabbert, Cola getrunken und selbstgedrehte Zigaretten geraucht. Danach wußte Ingeborg, daß sie sich auf Eva voll verlassen konnte, und hatte Walter, als er sich überraschenderweise abends bei ihr sehen ließ, kraft einer vollen Coladose aus dem Zimmer gefeuert.
    Danach rief Ingeborg ihren Vater in der Uni-Klinik vom Homburg an und fragte, wie er denn nun die tausend Mark für den Urlaub überweisen wolle – per Postscheck, in bar in einem Brief, per Bankscheck – oder gäbe es noch einen anderen Weg?
    »Ja, du kannst dir das Geld bei mir abholen«, sagte Privatdozent Dr. von Vredden. »Es liegt hier in meinem Schreibtisch.«
    »Umständlicher geht es nicht?«
    »Wo steckst du überhaupt?«
    »Im Fränkischen …«
    »Und was machst du da?«
    »Ich liebe den Sohn eines Studienrats für Erdkunde und Geschichte.«
    »Enorm! Das ist eine wirklich große Aufgabe!« Dr. von Vredden schien ein moderner, aber vor allem sarkastischer Mensch zu sein. Allerdings ist Sarkasmus gerade bei Chirurgen weit verbreitet. Das mag daher kommen, daß sie menschliche Körper aufschneiden, Stücke wegschneiden, Stücke einmontieren, und die Leute leben trotzdem weiter. Soviel Inkonsequenz von Seiten der Patienten muß zwangsläufig zu Spott führen.
    »Er wird im nächsten Jahr Soziologie in Berlin studieren und sich damit beschäftigen, eine bessere Gesellschaft zu schaffen.«
    »Das ist lobenswert. Die alte, verrottete Gesellschaft ist bereit, dir die tausend Mark per Post zu schicken.«
    »Du redest wie sein Vater.«
    »Wirklich? Der Herr Studienrat ist mir, ohne daß ich ihn kenne, schon jetzt sympathisch. Hast Du Mutti angerufen?«
    Ingeborg schüttelte den Kopf, was Dr. von Vredden natürlich nicht sehen konnte. »Nein, Papi …«
    »Bist du krank, Ingeborg?«
    »Wieso?«
    »Du hast eben Papi gesagt.«
    »Ach, laß mich doch in Ruhe!« Ingeborg spürte, wie ihr Tränen in die Augen schossen. »Warum müßt ihr Alten immer um euch schlagen und alles kaputtmachen?«
    »Wer will denn das Chaos? – Also bitte …« Dr. von Vredden schraubte seinen Sarkasmus zurück. Er hing an seiner Tochter, obwohl er überall verkündet hatte, seit dem Ausrücken von Ingeborg habe er kein Kind mehr. Er hatte sie sogar polizeilich suchen lassen, aber wer einmal in der Szene untertaucht, den findet der Fahndungsdienst nicht so leicht. »Ruf Mutti an«, bat er mit weicher Stimme. »Ingeborg, mach ihr diese Freude.«
    »Was soll ich denn sagen, Papi? Ich habe doch nichts zu sagen.«
    Dr. von Vredden vermied es, zu antworten: ›Das ist mir bekannt. Mit diesem Nichts wollt ihr ja die Welt verändern.‹ Er erwiderte nur milde: »Sag einfach: Hier bin ich, Mutti. Es geht mir gut, mach dir keine Sorgen.«
    »Sag du es ihr, Papi, bitte …«
    »Zu feige dazu?«
    »Ja. Ich … ich will nicht weinen.«
    »Gut. Ich bestelle es ihr.«
    »Danke, Papi.« Sie schluckte. »Ich will mit den tausend Mark nach Diano Marina fahren.«
    »Wo liegt denn das?«
    »An der Riviera del Fiori …«
    Dr. von Vredden konnte den nächsten Satz nicht mehr zurückhalten, es wäre gegen seine Natur gewesen: »Mir ist vollkommen klar, daß chaotische Weltverbesserer zur körperlichen und geistigen Auffrischung an die exklusive Riviera fahren müssen. So ist man hautnah mit denen zusammen, die man vernichten will.«
    »Papi …« Ingeborg schluckte wieder. »Walter fährt dorthin.«
    »Der Soziologe?«
    »Die ganze Familie.«
    »Du lebst schon in der Familie?« Hoffnung klang aus dieser Frage.
    »Gewissermaßen …«
    »Also nicht!« Wie gut Väter doch ihre Töchter kennen … in Wortwahl und Stimmlage!
    »Ich werde mich in Diano Marina irgendwo einmieten, Papi.«
    »Wie lange?«
    »Fünf Wochen.«
    »Mit tausend Mark? An der Riviera? Übernachtest du auf Parkbänken oder unter Pinien?«
    »Ich werde mir eine billige Bude suchen, Papi. Im Notfall jobbe ich als Kellnerin. Ich wollte erst mit Walter nach Ibiza – da hätte ich eine Woche als Go-go-Girl und eine Woche als Fotomodell gejobbt, um das Geld für die übrigen drei Wochen zu verdienen.«
    Es

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