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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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war für einen Universitäts-Kliniker, der kurz vor seiner Berufung zum Professor für Chirurgie, Spezialgebiet Magenchirurgie, steht, wirklich schwer zu verstehen, daß seine einzige, einst wohlbehütete Tochter auf Ibiza als Go-go-Girl arbeiten wollte. Aber es hatte wenig Sinn, ihr so etwa auszureden versuchen oder sauer zu reagieren.
    »Ingeborg«, sagte Dr. von Vredden deshalb auch erstaunlich aufgeschlossen, »ich schicke dir zweitausend Mark …«
    »O Papi!«
    Verdammt, die Tränen kamen schon wieder! Ingeborg biß sich auf die Lippen und trat wütend gegen eine Packung Cornflakes, die auf der Erde stand – wie alles in ihrer Wohnung.
    »Fünf Wochen sind lang, Kleines. Und es kommt immer etwas Unvorhergesehenes dazwischen. Ich kenne das. Das Geld geht noch heute per Post an dich ab.«
    »Postlagernd, ja? Hauptpostamt Bamberg …«
    »Meinetwegen.«
    »Danke, Papi. Noch was, Papi …«
    »Ja, Kleines?«
    Ingeborg umklammerte den Telefonhörer und zerkrümelte mit den Turnschuhen, die sie trug, vier Zwiebäcke auf dem Boden. »Wenn die großen Ferien vorbei sind, komme ich vielleicht mal nach Hause. Vielleicht … nur zu Besuch. Ich … ich weiß noch nicht …«
    »Kann ich das Mutti sagen?«
    »Bitte nicht. Sie wartet sonst.«
    »Ich warte auch, Kleines.«
    »Ja, Papi. Tschüß.« Sie legte schnell, mit bebenden Händen, auf, ehe Dr. von Vredden seinen Abschied sagen konnte. Dann heulte sie ein Weilchen vor sich hin und nannte sich ein saublödes Schaf, daß sie sich so unsterblich in Walter verlieben mußte, statt ihre ganze Seele der Neuordnung der Gesellschaft zu widmen.
    Der Tag der Abfahrt an die Riviera war gekommen.
    Die Familie, am Rande ihrer Nervenkraft, hätte es auch keinen Tag länger mehr ausgehalten. Wer ahnt denn schon, was es heißt, zwei Autos für die lange Fahrt ans Mittelmeer zu trimmen!
    Autowerkstätten sind seit jeher das große Problem der Autobesitzer. Ein Auto steht und fällt mit der Werkstatt! Was nützt einem der teuerste Wagen, wenn bei einer Inspektion vergessen wird, eine Schraube anzuziehen? Durch Kleinigkeiten wie ein lockerer Keilriemen oder ein Oxydieren der Zündkontakte können Urlaubstragödien entstehen.
    Eine Autowerkstatt ist so etwas wie ein Krankenhaus. Man bringt Krankes hin und hofft auf Gesundung. Wenn man dabei bedenkt, daß es auch ärztliche Kunstfehler gibt, braucht man den Hals nicht aufzureißen, wenn eine Autowerkstatt auch nur von unvollkommenen Menschen besetzt ist. Warum sollen Mechaniker besser sein als Ärzte?
    Hermann Wolters rückte dreimal mit seinem Wagen an. Einmal zur Generalinspektion, das zweitemal, weil hinten etwas klapperte, das drittemal, weil hinten noch immer etwas klapperte. Ihm war es gleichgültig, ob es der Auspuff, die Wanne, der Kofferraumdeckel, das Bodenblech oder der Auspufftopf war – es klapperte!
    »Ich kann, wenn einer meiner Schüler schreibt: ›Die Schlacht bei Issus war 389 …‹ das auch nicht durchgehen lassen. Ich muß darauf bestehen, daß sie 333 vor Christus war!« sagte Wolters zu dem völlig verwirrten Automechaniker. »Und genauso ist ein klapperndes Auto ein nicht korrektes Auto!«
    »Der Wagen ist nun bald zehn Jahre alt«, erwiderte der Mechaniker. »Da wackelt eben einiges.«
    »Die Pyramiden stehen über viertausend Jahre und wackeln nicht.«
    »Sie fahren ja auch keine Pyramide, Herr Wolters.«
    »Das ist eine dumme Bemerkung, Herr Müller«, sagte Wolters steif. Der Werkstattmeister hieß Müller, er war ein bärtiger Riese und bis zu einer gewissen Grenze gutmütig wie ein Elefant. Er kannte von jedem Kunden genau dessen Eigenheiten und seine Fahrweise. Studienrat Wolters gehörte zu den Autofahrern, die akademisch fahren. Das heißt: Sie fahren mit Verstand. Am besten aber fährt man mit Gefühl.
    »Also, was klappert da nun?« wollte Wolters unbeirrt wissen.
    »Es klappert in sich …«, sagte Meister Müller. Solche Fachdiagnosen heben meist alle Frager aus dem Sattel, nur einen Studienrat nicht. Unklares muß geklärt werden.
    »Bezeichnen Sie das mal näher, Herr Müller.«
    »Sie haben eine freitragende Karosserie …«
    »Was habe ich?«
    »Das ist schwer zu erklären.«
    »Alles ist zu erklären«, beharrte Wolters. »Warum klappert es? Klappern ist der akustische Beweis für etwas Losgelöstes. Einem Kraftfahrzeugmeister muß doch zuzumuten sein, daß er etwa Abgelöstes entdeckt! Oder wackeln an einem Wagen so viele Dinge frei herum?«
    Meister Müller, wie gesagt, mit Langmut begabt, ließ

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