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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Müller werde ich was erzählen! Was nützt mir eine Werkstatt, die vor klappernden Autos kapituliert!«
    Sie trieben die kleine Herde in den Stall und gingen dann ins Wohnzimmer, wo Wolters seine Reiseapotheke auspackte und Walter eine kühlende Salbe auf das Auge strich. Eine Augenklappe war auch vorhanden. Mit ihr sah Walter geradezu verwegen aus, piratenhaft und interessant.
    Noch dreimal mußte Walter seine Geschichte von der heruntergefallenen Schraube erzählen, ehe man auf der Terrasse zu Abend aß.
    Die Sonne versank wirklich glutrot im Meer, der wolkige Himmel brannte, als gehe die Welt unter, Strand und Stadt waren wie rot angestrichen. Es war ein Abend, wie Hermann Wolters ihn sich immer erträumt hatte.
    Vor dem Essen zitierte er aus Goethes ›Römischen Elegien‹ und erwähnte dann, daß man dankbar sein müsse, so etwas zu erleben. Millionen Menschen hätten nie das Glück, in die Ferne schweifen zu dürfen. Er redete sich so in Begeisterung, daß er die Zeit vergaß, bis Dorothea ihn prosaisch unterbrach:
    »Muckel, die Nudeln werden kalt.«
    Wolters verstummte abrupt. Es war vergebliche Liebesmühe, dieser Familie einen Hauch von wirklicher Kultur verleihen zu wollen. Nur Eva schien ihm interessiert zugehört zu haben. Eva in einem dünnen Kleidchen mit einem tiefen, spitzen Ausschnitt, der ihren Brustansatz freigab.
    O Eva …
    Das Zusammensein nach dem Essen war nur noch kurz. Zwar gab es Chiantiwein, aber Seeluft macht nicht nur hungrig, sondern auch müde, vor allem, wenn man wie Hermann Wolters den ganzen Tag auf den Beinen gewesen war, um seine Familie vor Gefahren zu bewahren. Manfred schlief schon am Tisch fast ein, Dorothea gähnte auch, und selbst Gabi war nicht mehr ganz frisch.
    »Morgen um sieben Uhr wecken!« sagte Wolters, als man beschloß, in die Betten zu steigen.
    »Das ist doch wohl nicht dein Ernst?« fragte Dorothea betroffen.
    »Aber ja! Wir sind nicht an die Riviera gefahren, um zu pennen, sondern um die Schönheiten zu genießen. Schlafen kann ich zu Hause billiger und bequemer. Also, es bleibt bei sieben Uhr. Walter und Gabi haben Stalldienst.«
    »Saublöde Scheiße!«
    »Scheiße kann nie saublöd sein, weil sie kein Hirn hat«, sagte Wolters und kam sich recht witzig vor. »Blödheit setzt gestörte Hirnzellen voraus … Blick nach innen, Walter!«
    Man räumte noch den Tisch ab, Dorothea verzichtete auf den Abwasch, den konnte man morgen früh erledigen, und dann verschwanden alle Familienmitglieder in ihren Zimmern.
    Mit einem fröhlichen Pfeifen schob sich Hermann Wolters unter die Bettdecke, wartete, bis Dorothea ihre abendliche Hautreinigung beendet hatte, und griff zu ihr hinüber, als sie neben ihm lag. Nach zwanzig Jahren Ehe brauchte seine Hand nicht mehr zu suchen.
    »Muckel, die Wände sind dünn«, flüsterte Dorothea, als er sich zu ihr drehte.
    »Wir brauchen ja nicht zu toben …«
    »Was ist denn plötzlich mit dir los?«
    »Die Seeluft! Es ist bekannt, daß der Jodgehalt von Meer und Luft ungemein anregend wirkt. Hasi, ich könnte Bäume umhacken! Waldweise, sozusagen.«
    »Muckel! Nebenan schläft Walter …«
    »Preß die Lippen zusammen.«
    »Das … kann ich nicht. Muckel … oh … du bist verrückt … Du bist ja total verrückt! Ich kenn' dich ja nicht wieder … MUCKEL!!!«
    Walter im Nebenzimmer hörte nichts. Das konnte er auch nicht, denn er war gar nicht da. Er hatte eine halbe Stunde verstreichen lassen und war dann hinausgeschlichen. Leise klopfte er an Evas Tür.
    Sie war noch nicht eingeschlafen und setzte sich sofort im Bett auf. »Manfred?« fragte sie.
    »Nein, Walter …«
    »Geh zurück ins Bett.«
    »Mach auf, Eva …«
    »Ich denke nicht daran! Du bist wohl nicht ganz gescheit …«
    »Kommst du mit?«
    »Wohin?«
    »In die Stadt. Ich fahre sowieso runter. Es gibt da einen tollen Nachtclub. ›Sirena‹ heißt er. Kommst du mit? Los, zieh dich doch an!«
    »Und wenn dein Vater was merkt?«
    »Der alte Herr pennt jetzt, bis der Wecker schellt. Das kennen wir.«
    »Und Manfred?«
    »Der kriegt morgen zwei Cola spendiert, dann sagt er nichts, falls er wirklich was merkt. Mach schnell, zieh dich an. Ich warte im Auto auf dich.«
    Zehn Minuten später schoben sie den Citroën aus dem Hof, ließen ihn ohne Motor den Weg hinabrollen und zündeten ihn erst, als sie weit genug vom Haus entfernt waren und man kein Geräusch mehr hören konnte. Nur ein Hund, der herumstreunte, bellte wie toll, ein heiseres, aber durchdringendes

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