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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Informationssuppe.
    An diesem Tag jedoch strebte Wolters nicht zum Zeitungsladen, sondern zu einer Herrenboutique, die sich ›Men's Club‹ nannte. Sie war die eleganteste von Diano Marina und warb mit Fotos von bekannten Größen aus der Playboy-Szene, die im Schaufenster ihr Jacketkronen-Lächeln verströmten. Ob sie jemals etwas im ›Men's Club‹ gekauft hatten – diese Frage zu beantworten, blieb offen. Es gehört zu den verteufelten Raffinessen von Herrenboutiquen in Seebädern, daß die Verkäuferinnen wirken, als versprächen ihre Blicke das himmlischste Himmelbett. Auch die superengen Hosen und fast durchsichtigen Blusen der Damen gehören zur Verkaufspsychologie. Welcher Mann widerspricht schon, wenn solch ein Wesen behauptet: »Er steht Ihnen aber prächtig!« Gemeint ist ein Sakko, den der Kunde gerade anprobiert.
    Hermann Wolters geriet in die Hände eines solchen Verkaufsengels, fixierte die prall gefüllte Bluse, blickte in strahlende, graugrüne Augen und auf einen knallroten, herzförmig geschminkten Mund, der fragte: »Wie kann ich Ihnen helfen, mein Herr?«
    Auf deutsch. Wolters wunderte sich kurz. Sehe ich so deutsch aus, daß man erst gar nicht mehr testet, welche Sprache bei mir angebracht ist?
    Er blickte sich um, entdeckte vieles, was ihm gefiel, was aber auch für ihn etwas gewagt war, und sagte:
    »Oh, ich hätte viele Wünsche.«
    »Bestimmt kann ich sie Ihnen erfüllen.«
    »Fangen wir oben an.«
    »Oben?« Das zauberhafte Wesen blinzelte etwas. O lala, diese älteren Herren! »Wie soll ich das verstehen?«
    »Beim Kopf. Ich brauche eine Mütze. So eine aus Leinen, bunt bedruckt, mit einem Schirm davor. Kopfgröße 58 . Kann auch 59 sein, sie muß bequem sitzen. Dann brauche ich ein Hemd, leicht, weit, über der Hose zu tragen – wie man es in Waikiki trägt. Ja, und eine Hose. Weiße Jeans, wenn möglich, nur nicht ganz so eng. Man muß sich darin noch wohl fühlen.«
    »Sich wohl fühlen ist immer von Nutzen«, sagte das himmlische Wesen und lächelte süß.
    »Dann Jogging-Schuhe. Überhaupt möchte ich etwas Sportliches haben, einen Pullover dazu – so wie der eine da im Schaufenster … Sie verstehen?«
    »Ich verstehe vollkommen.«
    »Und zwei Badehosen. Ja, die auch. Mit wenig Bein …«
    »Slips?«
    »Nennt man die so? Ich muß sie sehen.« Wolters wurde von dem Blick der Boutique-Elfe irritiert. »Kann ich sie anprobieren?«
    »Aber selbstverständlich probieren wir alles!« Der Herzmund lächelte einladend. »Womit fangen wir an? Beim Höschen?«
    Etwas verwirrt von der Atmosphäre betrat Wolters eine der Kabinen und betrachtete sich in den mannshohen Spiegeln. Er sah nicht übel aus, fand er, wenngleich die Zeit der Schlankheit längst vorbei war. Überall zeigten sich kleine Fettpölsterchen und Rundungen, vor allem an den Hüften und unterhalb des Magens. Aber Wolters tröstete sich mit den Worten eines klugen Textilverkäufers aus Bamberg, der einmal zu ihm gesagt hatte:
    »Herr Studienrat, Sie haben keinen Bauchansatz – Sie haben nur einen hohen Magen.«
    Die Kußmund-Fee erschien in der Umkleidekabine mit drei winzigen Badehöschen und hielt sie Wolters wie eroberte Trophäen hin. »Das Modernste vom Modernen!«
    »Ich hatte nicht vor, meinen Daumen zu bekleiden!« erwiderte Wolters. Er war sich nicht ganz klar darüber, ob er damit einen tollen Witz gemacht hatte, aber die Süße brach in ein girrendes Lachen aus und wiegte sich in den Hüften. »Ich meine«, setzte er verlegen hinzu, »sie sind viel zu klein.«
    »Aber sie dehnen sich ganz ungemein am Körper! Sie liegen vollkommen wie eine zweite Haut an.«
    Wolters bezweifelte trotzdem, daß dieses Nichts von einer Badehose für ihn das richtige war. Immerhin zog er sich aus, streifte eines der Minihöschen über, war baß erstaunt, wie dehnfähig sie wirklich waren, und betrachtete sich dann im Spiegel.
    Das mit der zweiten Haut stimmte. Fast wäre Wolters rot geworden bei der Vorstellung, so frei herumlaufen zu müssen.
    Es sieht irgendwie gemein aus, fand er. Provozierend. Exhibitionistisch! Als wenn man gar nichts trüge, sondern sich nur angemalt hätte.
    Er erschrak heftig, als das Elfchen den Kopf durch den Vorhang steckte. »Fabelhaft!« zwitscherte die Süße.
    »Meinen Sie?«
    »Sie können so etwas tragen …«
    »Ist es nicht zu auffallend?«
    »Was soll da groß auffallen?«
    Es gibt ganz harmlose Sätze, die tief in die Seele dringen und dort explodieren. Wolters reckte das Kinn vor, überwand alle

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