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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein Eis aus dem Sand gerettet und löffelte den Becher aus.
    »Du hältst den Mund!« Dorothea blickte ihren großen Sohn flehend an. »Walter, geh noch einmal zu ihm. Wer weiß, was er noch vorhat! Er hat angedroht, daß wir uns noch wundern würden.«
    »Vielleicht geht er in den nächsten Rockschuppen und legt eine heiße Sohle hin …«
    Mit Entsetzen beobachtete Walter, wie Hermann Wolters im Wasser die Bekanntschaft von zwei jungen Damen machte und mit ihnen den Wellen entgegenlief. Er juchzte sogar, was wie ein Jodler klang, ließ sich von einer großen Welle hochtragen und verschwand dahinter im Wellental. Prustend tauchte er wieder auf und stieß abermals eine Art Urlaut aus. Die beiden jungen Damen faßten ihn links und rechts an der Hand, und gemeinsam rannten sie den nächsten Wellen entgegen.
    »Na also, da haben wir's schon!« sagte Walter. »Paps in voller Aktion. Was hat er gestern abend gesagt: Eine Luft wie Champagner wäre hier. Mami, wir müssen verhindern, daß er sie zu tief einatmet.«
    »Mit dummen Witzen ist hier nichts getan«, meinte Dorothea sorgenvoll. »Es muß etwas geschehen.«
    »Nicht von meiner Seite. Du bist seine Frau, geh du hin! Du kannst ihn noch schlagen, indem du ›oben ohne‹ gehst.«
    »Eva …« Dorothea wandte sich um. Die ganze Sache war ihr unglaublich peinlich, aber wer mit Familienanschluß dabei ist, muß auch an den Familienproblemen teilhaben. »Was sagen Sie denn dazu? Ich kenne meinen Mann nicht wieder.«
    »Ich würde nichts unternehmen, Frau Wolters«, erwiderte Eva und sah dem Spiel von Hermann Wolters in den Wellen zu.
    »Nichts?«
    »Nein, gar nichts. Einfach ignorieren. Die Tatsache hinnehmen, keine Trotzreaktionen herausfordern. Das wirkt immer.«
    »Gefällt Ihnen denn der neue Hermann Wolters?«
    »Besser als der alte …«
    Da haben wir es, dachte Dorothea erbittert. Da liegt der Antrieb dieser spontanen Verjüngung. Studienrat Hermann Wolters gockelt vor einer Studentin, die seine Tochter sein könnte. Bis an die Grenze der Lächerlichkeit geht er, um konservierte Jugend zu demonstrieren. Und Eva findet das auch noch gut. Soll ich das einfach so hinnehmen? Soll ich das still dulden? Ein Spuk von fünf Wochen, und danach wird Hermann wieder der Studienrat für Erdkunde und Geschichte sein, der die Menschen nach ihrem Wissen über die ägyptischen Dynastien beurteilt …
    Wolters kehrte aus dem Wasser zurück. Es lag am Material des Bade-Slips, daß er in nassem Zustand noch enger wirkte als vorher. Wenn man dazu dann noch mit eingezogenem ›hohem Magen‹ herumstolziert, kann man sicher sein, einen Blickfang zu bieten.
    Dorothea schämte sich in Grund und Boden.
    Gabi machte ihre Drohung wahr. Sie setzte sich von der Familie ab, damit niemand sah, daß sie zu diesem Vater gehörte.
    Lediglich Eva ging Hermann Wolters entgegen, was Dorothea in diesem Augenblick als ausgesprochen geschmacklos empfand, und Manfred sagte wieder:
    »Ich weiß gar nicht, warum ihr euch alle so aufregt … Die andere Badehose war doch doof.«
    Walter legte den Arm um die Schulter seiner Mutter und starrte entsetzt auf seinen Vater, der auf Eva einredete, mit ihr anscheinend einig wurde und dann mit ihr am Ufer zu einem Dauerlauf ansetzte, in bester schulischer Manier mit angewinkelten Armen. Von hinten sah Hermann Wolters noch bemerkenswerter aus. Da bildete der Slip nur einen dünnen Stoffstreifen und gab die Wölbungen ungehindert frei.
    »Ich schäme mich so …«, stammelte Dorothea. »Was ist nur in Paps gefahren!«
    »Man sollte zurückschlagen, Mami«, sagte Walter. »Und zwar gewaltig …«
    »Wie denn, Walter?«
    »Dreh doch auch mal auf, Mami. Du mit deiner Figur hast doch haufenweise Chancen. Dir laufen doch die Männer nach.«
    »Red nicht solch einen Blödsinn!«
    »Du hast es nur noch nie versucht. Du hast nie einen anderen Mann angesehen!«
    »Natürlich nicht. Das wäre mir nie in den Sinn gekommen.«
    »Das ist es ja! Paps ist deiner zu sicher. Immer nur er – der Mittelpunkt der Welt. Kein Anlaß zur Sorge … Mami, zeig ihm endlich mal, was du kannst, wenn du willst! Laß ihn heißlaufen! Flirte auf Teufel komm raus!«
    »Das gäbe ein Drama, Walter.« Dorothea blickte ihrem Mann nach, der an ihnen vorbeitrabte. Der goldene Anker auf der Brust blitzte und hüpfte, aber ebenso hüpften seine freien Hinterbacken. Es war zum Verzweifeln. Außerdem pustete er und hatte einen tiefroten Kopf. »Ich kann doch nicht einfach …«
    »Du kannst, Mami!«

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