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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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früher eine Waschküche gewesen war, war ganz dazu geschaffen, ein Stück Paradies zu werden.
    Zwischen Kartons, Kisten, alten, zerbrochenen Möbeln und einem zerrissenen Teppich zog Walter eine zerschlissene Matratze hervor und schob sie vor den Betonwaschkessel. Ein Garten Eden hat viele Gesichter …
    »Wie schön ist es hier«, sagte Ingeborg, als sie auf der Matratze lagen. »Ach, Walter, und da behaupten die Leute, das Leben sei so kompliziert. Die haben ja keine Ahnung! Es ist doch ganz einfach, wenn man nur will …«
    Das stimmt. Nur jung muß man sein.
    Herrlich jung. Und von den Haarspitzen bis zu den Zehenspitzen verliebt.
    Am Strand hatte sich die Lage nicht verändert.
    Wolters lag auf dem Rücken, glänzte wie eine Speckschwarte vom Sonnenöl und las die Zeitung. Eingerieben hatte ihn Eva, was er als ausgesprochen tiefenwirksam empfand.
    Ihre kreisenden Hände waren für ihn wie ein Streicheln, das nie aufhören sollte. Dorothea konnte ihn mit solcher Zartheit nicht einreiben. Der Druck ihrer Hand war gröber, ungebremster, bäuerlicher. Bei Eva spürte man die Liebe zur Haut.
    Außerdem hatte Dorothea sich geweigert, ihn einzuölen. Und Gabi war einfach weggelaufen, als Wolters mit der Ölflasche zu ihr gekommen war. Manfred hatte immer sandige Finger, und das kratzte auf der Haut. Nur Eva war sofort bereit gewesen, ihn zu salben – und so kam sich Hermann Wolters hinterher auch vor: wie ein Gesalbter, ein Auserwählter, von ihrer Hand Auserkorener.
    Der Schwachsinn von Männern mit Johannistrieben ist erschütternd.
    Dorothea und Manfred hatten sich ein Tretboot gemietet und schwammen nun auf der ruhigen, wie ein Brett daliegenden See. Manfred hatte so lange gequengelt, bis Dorothea nachgegeben hatte.
    Im übrigen benahm sich der Kleine erstaunlich brav, gesittet und unauffällig, ganz im Gegensatz zu früheren Ferien, wo er zum Schrecken der Familie, der anderen Feriengäste und aller sonstigen Personen wurde, die mit ihm in Berührung gekommen waren.
    An der Nordsee hatte er einmal einen herumzischenden Feuerwerksknaller zwischen den Strandburgen losgelassen und hinterher eingestanden, diesen Silvester geklaut und extra für die Ferien aufgehoben zu haben. Auch die uralten Zeitungswitze von versteckten Bikini-Oberteilen hatte er in die Tat umgesetzt. Geradezu berühmt geworden aber war sein Marsch durch die für den FKK-Club reservierten Dünen, wo er von Dünental zu Dünental gezogen war, sich die erschrockenen Pärchen betrachtet und gesagt hatte: »Mein Papa hat aber mehr … Und meine Mama auch!«
    Allerdings, so wie Manfred sich jetzt benahm, hätte man Eva Aurich einsparen können. Sie war nicht nötig, um ihn an die Leine zu nehmen.
    »Er wird ja auch langsam ein richtiger Mann!« hatte Eva in seiner Gegenwart einmal gesagt, als Dorothea ihr Erstaunen über sein verändertes Verhalten geäußert hatte. Manfred hatte das gut gefunden, gar nicht doof, und sich für diese Einschätzung bei Eva bedankt, indem er zum Beispiel die neue Badehose seines Vaters als ganz dufte bezeichnete. Hermann Wolters hatte ihm dafür eine ganze Mark – umgerechnet in Lire – spendiert, damit er sich ein Rieseneis kaufen konnte.
    Mit kleinen Stichen in der Herzgegend beobachtete Dorothea jetzt vom Boot aus, wie sich Eva neben Wolters auf das Badetuch setzte, gewissermaßen Haut an Haut.
    Was finden so hübsche, junge, weltoffene Mädchen eigentlich an alternden Männern? dachte Dorothea. Lassen wir die mal aus, die nur das Geld reizt – das sind allerdings die meisten. Ein dickes Bankkonto, ein bekannter Name, die Aussicht, das Leben einer Drohne in Skiorten, Seebädern, Luxussuiten oder auf weißen Jachten führen zu können, in St. Tropez oder auf den Bahamas, in St. Moritz oder Florida – das sind die Leimruten, an denen die willigen Geschöpfe kleben bleiben.
    Aber ein Studienrat Hermann Wolters aus Bamberg?
    Nun gut, sie, Dorothea, hatte ihn auch geliebt und geheiratet. Sie hatten drei Kinder bekommen, und die werden nicht durch das Betrachten von Bildern gezeugt. Sie liebte ihn auch noch immer, vielleicht sogar tiefer und inniger als damals, als junges Mädchen, das gerade Abitur gemacht hatte und im ersten Semester für Kunstgeschichte stand.
    Aber die Jahre machten auch kritischer. Der Strahlemann Wolters ihrer Jugend hatte viele Macken – doch die merkt man erst später. Aber das ist gut so. Ein Mann ohne Ecken ist langweilig. Ein glatter Mensch ist wie aus Wachstuch gemacht. Und dennoch bleibt

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