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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ingeborg sprechen. Ich will mir ein Bild von ihr machen – wie sie denkt, wie sie zu dir steht, wie sie die Zukunft sieht. Ich will wissen, ob sie wirklich so ein Typ ist, der das Chaos bejaht und für eine Reinwaschung von allem Bestehenden hält.«
    »Sie kann ohne Demonstrationen und den ganzen Kram nicht leben.«
    »Das glaube ich einfach nicht. Sie ist dir nachgefahren. Wie hat sie sich eigentlich das Geld für ein Zimmer besorgt?«
    »Von ihrem Vater …«
    »Dann hat sie also doch Kontakt mit zu Hause?«
    »Jetzt wieder. Meinetwegen …«
    »Und das läßt dich kalt? Das sagst du so einfach daher? Merkst du denn nicht, was für eine Wandlung da vorgegangen ist? Du Holzkopf, dieses Mädchen will mit dir leben! Es liebt dich wirklich, nicht nur nachts mit einer Leiter! Walter, ich will unbedingt mit ihr reden! Vielleicht bist du sie gar nicht wert …«
    »Auch das noch!« Walter zerwühlte seine Haare, die er sich gestern ein gutes Stück gestutzt hatte. »Erst müssen wir Pärchen mit Tarnkappe spielen, und jetzt auf einmal ist sie zu gut für mich! Wenn Ibo das hört, platzt ihr vor Lachen die Hose!«
    »Ich möchte wissen, wann du endlich mal so reif wirst, wie es sich für einen Neunzehnjährigen gehört«, sagte Dorothea kopfschüttelnd. »Bereite Ingeborg auf mich vor, hörst du?«
    »Ja, ehrwürdige Mutter.«
    »Was hast du jetzt vor?«
    »Ich wollte dich bei deinen Einkäufen begleiten und bei der Auswahl der Top-Mode als Berater fungieren. Noch einen Tip für den Friseur! Laß dir eine gute Portion Rot in die Haare knallen. Rot ist eine Signalfarbe – da stoppen alle Männer vor dir.«
    »Dann gehen wir jetzt also«, sagte Dorothea zögernd. Die letzten Skrupel meldeten sich mit Herzklopfen.
    »Klar, gehen wir.«
    Sie begannen in der Boutique ›Jolanda‹. Als Dorothea die Preisschildchen sah, ging sie sofort wieder hinaus auf die Straße.
    »Ich bin doch nicht verrückt«, sagte sie schroff. »Für solch einen Fummel ein solcher Wahnsinnspreis.«
    »Dieser Fummel haut die Männer um, Mami. Zieh ihn erst mal an. Du bezahlst ja nicht den Stoff oder das Dessin, du bezahlst die Wirkung, die du damit erzielst. Und die wird super sein.«
    Walter schubste seine Mutter wieder in den Laden und verlangte das Kleid, bei dessen Preis Hermann Wolters als Vergleich nur die Verschwendung des späten Roms hätte anführen können.
    Um die Wahrheit zu gestehen: Das Kleidchen – denn mehr war es nicht, luftig, dünn, frech, animierend – verwandelte Dorotheas Typ völlig. Es war verblüffend, wie so wenig Stoff eine Figur modellieren konnte, wie der Busen lockend wurde, die Hüften erregend, die Schenkel vielversprechend wurden.
    Dorothea bestaunte sich in dem großen Spiegel und fand sich verworfen schön. Nur an den Preis durfte sie nicht denken. Er schluckte fast das ganze Geld, das sie heimlich gespart hatte – Mark für Mark vom Wirtschaftsgeld im Hinblick auf die großen Ferien.
    »Phantastisch«, sagte Walter begeistert. »Wenn du nicht meine Mutter wärst – ich liefe dir auch auf der Piazza nach. Paps war zwanzig Jahre lang blind. Das ist hiermit erwiesen.«
    »Ist es nicht zu … auffällig?« fragte Dorothea leise. »Zu … aufreizend?«
    »Genau das soll ja der Effekt sein. Das Kleid ist gekauft!«
    Die weitere Verwandlung der Dorothea Wolters beim Friseur fand allerdings nicht statt. Über das Meer zog eine plötzliche Regenfront. Es begann wie aus Kübeln zu gießen – auch das gibt es an der Riviera. Alles flüchtete in die Restaurants, und so hatte Dorothea keine Möglichkeit mehr, die Friseure abzuklappern, um zu fragen, wo man ohne lange Voranmeldung noch unterkommen konnte.
    Das Kleid versteckte Walter in seinem Citroën. »Dann eben morgen, Mami«, sagte er. »Der Anfang ist jedenfalls im Kasten.«
    Es regnete vier Tage und Nächte. Ungewöhnlich, aber nicht zu ändern.
    Keine Sonne, kein Strand, keine Piazza, keine Ingeborg … Und das war am schlimmsten für Walter.
    Aber man konnte ihr nicht zumuten, mit dem geliehenen Moped heraufzukommen, und sie mit dem Citroën abzuholen, wäre vermutlich sofort aufgefallen.
    Es waren vier Tage, in denen Walter im Haus herumlief wie ein Tiger, der zwar Fleisch riecht, aber nicht mit der Tatze hinlangen kann.
    Für Hermann Wolters war Regenwetter im Urlaub keine Katastrophe. Darin war er durch viele Jahre an der Nordsee gestählt. In weiser Voraussicht hatte er Spiele mitgebracht, vom ›Mensch ärgere dich nicht‹ bis zum ›Monopoli‹, man konnte

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