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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein Mann in einer Bar mit leeren Taschen?
    »Ich leg mich noch etwas hin«, sagte Dorothea. »Ich bin müde.«
    »Es hat dich niemand gebeten, aufzubleiben. Ich brauche keine Kontrolle.«
    Ekel, dachte sie bitter. Du selbstgefälliger Tyrann! Warum liebe ich dich eigentlich so!
    Sie ging hinauf ins Schlafzimmer, schloß sich dort ein und begann plötzlich zu weinen.
    »Du Ekel!« sagte sie schluchzend und hielt sich ein Taschentuch vor den Mund, damit Walter im Nebenzimmer ihr Schluchzen nicht hören sollte. »Du Ekel! Du Ekel!«
    Der Tag war alles andere als von Ferienstimmung erfüllt.
    Man saß am Strand oder lag auf den Liegestühlen, schweigsam, ohne den anderen zu beachten, und direkten Blickkontakt vermeidend. Dreimal versuchte Walter, ein Gespräch mit seinem Vater in Gang zu bringen, aber das blockte Hermann Wolters ab, indem er sagte: »Ich möchte meine Ruhe haben. Das ist ja wohl das Geringste, was ich im Urlaub erwarten kann.«
    »Er mauert sich ein!« berichtete Walter dann am Strand. »Es ist nicht herauszubekommen, wo er gestern nacht gesteckt hat. Muß ja ein toller Schuppen gewesen sein. Der Alte füttert einen riesigen Kater.«
    Wie man sich doch irren kann, wenn man bereit ist, etwas Erwartetes zu glauben!
    Um zwölf Uhr mittags verließ Dorothea den Strand, um ihre ›Verabredung‹ einzuhalten. Sie mußte in die Stadt gehen, obwohl sie gar kein Treffen vereinbart und Tornazzi gestern sogar am Telefon gesagt hatte, daß sie nicht mit ihm nach Imperia zu dem Sinfoniekonzert fahren würde. Aber da Hermann vermutlich darauf wartete, daß sie jetzt wegging, mußte Dorothea ihre Rolle weiterspielen, schon um ihre Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren.
    Wolters beobachtete ihren Aufbruch mit einem Zähneknirschen, erhob sich auch, zog sich an und ließ ein paar Minuten verstreichen, ehe er sich auf den Weg in die Stadt machte. Walter gab Gabi und Eva einen Wink und zeigte mit dem Daumen zur Straße.
    »Der Aufmarsch der Gladiatoren beginnt«, sagte er. »Ich muß Mami helfen. Drückt mir die Daumen …«
    Die Piazza ist für einen Italiener der Mittelpunkt seines Lebens. Ein Ort ohne Piazza wäre so undenkbar wie ein Körper ohne Herz. Auf der Piazza treffen Schicksale aufeinander, werden politische Entscheidungen erörtert, geschäftliche Transaktionen vorbereitet und familiäre Sorgen geglättet. Hier wird der Tag mit munteren Gesprächen beendet, und hier lauern die Gockelhähne vom Dienst auf willige Touristinnen.
    Wer südliches Leben inhalieren will, sollte sich eine Stunde lang auf eine Piazza setzen. Er wird begreifen, warum ein Südländer überall in der Welt Sehnsucht nach einem solchen Plätzchen hat und in den kalten nordischen Städten als Ersatz eine Bahnhofshalle wählt.
    Enrico Tornazzi allerdings hatte es wirklich nicht nötig, auf einer Piazzabank zu sitzen und auf Dinge zu warten, von denen er nicht wußte, wie sie sein sollten. Das ist nämlich die große Kunst der Südländer: Sie warten immer auf etwas und können nie erklären, auf was. Aber dann kommt es, irgend etwas, und sie sagen: »Das war's!«
    Diese Lebenskunst macht ihnen keiner nach.
    Wenn Tornazzi nun doch auf einer Bank im Schatten saß, so nur darum, weil er gezielt auf etwas wartete. Dorotheas Absage für den heutigen Abend hatte ihn nicht verwundert; sie war eine Frau, die behutsam aber unaufhaltsam erobert werden wollte. Als junge Witwe kannte sie das Leben genau, und Tornazzi lobte an ihr das kritische Bewußtsein und die vornehme Abwehr.
    Neunundneunzig von hundert alleinstehenden Frauen hätten bei den Worten Maserati und Millionen ihre Moral eingewickelt und verschnürt, um unbeschwert von dieser Last des Lebens angebotene Fülle zu genießen. Daß Dorothea genau das Gegenteil tat – und dann noch bei ihrem himmlischen Aussehen, das betrachtete Tornazzi als ein Geschenk des Schicksals.
    Im Gegensatz zu den meisten aktiven Don Juans in Diano Marina stimmte die Geschichte, die er Dorothea und Walter erzählt hatte. Er fuhr tatsächlich einen Maserati, hatte in Modena noch einen Ferrari stehen, beschäftigte dreihundert Arbeiter in seiner Keramikplattenfabrik, bewohnte eine schloßähnliche Villa, war Witwer und hatte Diano Marina nur deshalb besucht, weil hier ein Geschäftspartner aus England seinen Urlaub verbrachte.
    Tornazzi selbst flog in den Ferien nach Mauritius oder auf die Seychellen. Er war auf Bora-Bora bekannt und mit dem Geschäftsführer des größten Hotels auf den Fidschiinseln befreundet. Diano

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