Mit Fünfen ist man kinderreich
reagierten.
Viel sympathischer finde ich die Betriebe, die statt Einladungen Geschenke schicken. Als die Handelsbeziehungen zwischen der DDR und Westdeutschland umfangreicher wurden, hatten wir von drei verschiedenen Firmen original Dresdner Christstollen bekommen. In einem anderen Jahr schienen sich alle Unternehmer verschworen zu haben, ihren Mitarbeitern Likörflaschen zu schenken. Dann wieder waren es Zimmerpflanzen oder Tischfeuerzeuge (wir besitzen nunmehr sieben Stück, fünf davon sind kaputt!). Einmal bekamen wir sogar einen kleinen Elektrobohrer, sinnigerweise von einer Firma, die Fischkonserven herstellt.
Ich weiß nicht, wer die Behauptung aufgestellt hat, die vorweihnachtlichen Wochen seien die geeignete Zeit zur Besinnung. Besinnung worauf? Wem man noch unbedingt ein Päckchen schicken muß? Oder daß man in diesem Jahr nicht wieder vergessen darf, Tante Elisabeth zu gratulieren? (Warum muß sie auch ausgerechnet am 25. Dezember Geburtstag haben?)
Für mich bestehen die Adventswochen nur aus hektischer Betriebsamkeit, und obwohl ich jedes Jahr in der Silvesternacht heilige Eide leiste, das nächste Mal meine vorweihnachtliche Aktivität auf ein Mindestmaß zu beschränken, wird die Plätzchenproduktion jedesmal wieder in vollem Umfang aufgenommen, werden Kuchen gebacken, die kein Mensch ißt, werden Unmengen von Lebensmitteln gekauft, die teilweise zu Ostern noch in der Kühltruhe liegen, werden Geschenke besorgt, die viel zu teuer sind, und entgegen aller guten Vorsätze artet das Weihnachtsfest wieder in einer Freßorgie aus!
Einziger Lichtblick in dieser anstrengenden Zeit ist die Ankunft von Omi. Omi ist Rolfs Mutter und das Ideal einer Schwiegermutter. Sie mischt sich niemals in familiäre Streitigkeiten ein, sie bemängelt weder meine Erziehungsmethoden noch meine manchmal sehr unorthodoxe Haushaltsführung, und sie akzeptiert meine Vorliebe für Hosen mit der gleichen Toleranz, die sie auch für meine gelegentlichen Temperamentsausbrüche aufbringt. Noch niemals habe ich von ihr den Satz gehört, für den ältere Damen berüchtigt sind: »Zu meiner Zeit hätte es das nicht gegeben!«
Dabei stammt sie aus den berühmten höheren Kreisen, hat das in ihrer Jugendzeit obligatorische Schweizer Pensionat besucht und bis zur standesgemäßen Heirat mit einem herzoglich-braunschweigischen Staatsbeamten alle Künste erlernt, die man als Dame von Stand beherrschen mußte. In späteren Jahren hat sie dann zwar sehr unstandesgemäß Kartoffeln vom Feld geklaut und mit dem Leiterwagen heimlich organisierte Kohle durch die Straßen gekarrt, aber – wie mir glaubhaft versichert worden ist – niemals ohne Hut auf dem Kopf, weil eine Dame ohne Hut eben nicht korrekt gekleidet ist. Im übrigen raucht sie, liebt Kriminalromane und Platten von Louis Armstrong. Gelegentliche Anzüglichkeiten ihres Sohnes wischt sie mit einem Achselzucken beiseite.
»Filterzigaretten gab es damals noch gar nicht, und von Armstrong hatte noch kein Mensch etwas gehört. Wir mußten auf dem Klavier Brahms und Haydn üben, dabei fand ich die schon immer ziemlich langweilig!«
Omi erscheint meist immer schon zwei Wochen vor Weihnachten und übernimmt stillschweigend die Haushaltsführung, »damit du auch mal ein bißchen Zeit für dich hast!« Wenn ich aufstehe, ist das Frühstück fertig, und Omi hat schon – bereits vollständig angekleidet und frisiert – die Jungs auf Trab gebracht. Die morgendliche Kaffeestunde ist ein Genuß und keine nebensächliche Notwendigkeit mehr, und sogar Sascha erscheint ein paar Wochen lang unaufgefordert mit sauberen Händen am Tisch, seit ihm seine Großmutter einmal statt eines Sets einen Bogen Zeitungspapier unter seinen Teller gelegt hatte mit der Begründung, er würde sonst die Tischdecke schmutzig machen.
Am meisten freue ich mich darüber, daß ich nicht mehr zu kochen brauche! Ich habe es zwar inzwischen gelernt, aber ich kann nicht behaupten, daß ich es sehr gern tue. Mir macht es Spaß, gelegentlich etwas ganz Neues auszuprobieren oder für ein paar gute Freunde etwas zusammenzubrutzeln, aber diese tägliche Verpflichtung, mittags etwas Eßbares auf den Tisch stellen zu müssen, hängt mir manchmal zum Halse heraus. Sascha mag keinen Auflauf, Steffi lehnt alles ab, was Tomaten enthält, Rolf ißt ungern Kartoffeln, und Sven streikt, wenn es Hülsenfrüchte gibt. Und die Zwillinge – damals allerdings noch auf Fertignahrung programmiert – essen keinen Kohl! Jeder Küchenchef
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