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Mit Konfuzius zur Weltmacht

Mit Konfuzius zur Weltmacht

Titel: Mit Konfuzius zur Weltmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Aust
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Kollegen und er sollen auf ihren Schultern Einzelteile von Bohrmaschinen getragen haben, die insgesamt 50 bis 60 Tonnen wogen. Einmal sprang er in den Bohrschlamm, um mit seinem eigenen Körper das austretende Öl zu stoppen und so Verluste zu verhindern. Wegen dieses Akts konfuzianischer Selbstlosigkeit gilt er in China als Held. Mit 47 Jahren verstarb er an Krebs. Die Brigade 1205, die der »Eiserne Mann« Wang Jinxi angeführt hat, arbeitet noch heute. In der flachen, sandigen Landschaft erhebt sich ein Bohrturm, darauf weht die rote Fahne. In Baracken davor finden sich Ruhe- und Konferenzräume sowie ein weiteres Museum, diesmal exklusiv über die Geschichte der Brigade. Fotos zeigen Wang Jinxi, wie er sich in den Bohrschlamm stürzt und wie Mao ihm die Hände schüttelt, aber auch Hochzeitsfeiern von Brigademitgliedern.
    Helden der Arbeit in roten Anzügen stehen stramm zum Empfang der Gäste aus Deutschland. Wir sind das erste ausländische Fernsehteam, das in Daqing drehen darf, heißt es. Die zehn Arbeiter singen die Hymne ihrer Brigade:
    »Wir halten die rote Fahne hoch und ziehen
in den Kampf.
Wir folgen dem Eisernen Mann.
Wir sind stark und voller Eifer, erheben unseren Kopf
über den Berg Taishan.
Wir fördern Öl für die Revolution.
Mit dem Herzen für das Mutterland und mit
dem Blick auf die ganze Welt.
Wir sind aufgewühlt für die revolutionären Aufgaben.
Wir sind die Arbeiterklasse und haben schwere
Knochen.«
    Die Bohrmaschine der Brigade 1205 rotiert. Wie ein Kran wird sie aus einem Führerhäuschen mit vielen Schalthebeln und Anzeigegeräten kontrolliert. In den Dauerlärm hinein ertönt alle zwei Sekunden ein Doppelschlag. Schlamm spritzt.
    Daqing hat ein Problem. Bis vor wenigen Jahren wurden noch mehr als 50 Millionen Tonnen Erdöl im Jahr gefördert. Jetzt sind es nur noch 45 Millionen, Tendenz fallend. Wie überall in der Welt gilt auch hier: Es wird immer schwerer, das Öl zu erschließen. »100 Jahre Ölfeld Daqing«, hat die Kommunistische Partei Chinas als Ziel vorgegeben. Doch selbst Zhao Mingtao, Parteisekretär der berühmten Brigade und studierter Ölingenieur, sagt: »Wir geben alles für Daqing. Aber ob das Öl wirklich 100 Jahre reichen wird, kann ich nicht sagen.« Auf den revolutionären Elan allein können sie sich nicht verlassen. »Unsere Technik ist jetzt besser als früher«, sagt Zhao. »Das erhöht die Ausbeute, verbessert die Arbeitssicherheit und ist gut für die Umwelt.« Entsprechend sei die Qualifikation der Ölarbeiter gestiegen, jeder dritte in der Brigade habe jetzt einen Hochschulabschluss.
    Auch die Raffinerien von Daqing arbeiten auf dem neuesten Stand der Technik, um das knapper werdende Öl effektiver zu nutzen. Die Ölfelder von Daqing haben ölverarbeitende Industrie angezogen. Tausende Arbeiter fahren mit ihren Fahrrädern durch das Werkstor der Daqinger Petrochemischen Fabrik. Plastik wird hier ebenso hergestellt wie Kunstfasern für Textilien. Hier sind 32 000 Mitarbeiter beschäftigt, viel mehr als in der Ölproduktion selbst, wo lediglich die Anlagen beaufsichtigt und gewartet werden müssen.
    Wenn das eigene Öl nicht mehr ausreicht, will man sich weltweit bedienen. »Russland liegt nicht weit entfernt, schon jetzt führen wir von dort jährlich 10 Millionen Tonnen Erdöl ein«, sagt Dou Yan, stellvertretender Produktionschef des Unternehmens. »Das wird deutlich mehr werden.« Vier Jahrzehnte nachdem Russen und Chinesen aufeinander schossen, stillt Russlands Rohstoffreichtum den Energiehunger der schnell wachsenden chinesischen Industrie.
    Doch das reicht nicht. China setzt auch auf erneuerbare Energien. Der derzeitige Fünfjahresplan sieht in diesem Bereich Investitionen von umgerechnet 540 Milliarden Euro vor – zehnmal so viel wie das angeblich so grüne Deutschland im gleichen Zeitraum dafür ausgibt. Doch für China ist auch das nicht ausreichend. Wo etwa kommt der Strom her für den rot, blau und lila funkelnden Fernsehturm von Shanghai, für die nachts taghell erleuchteten Prachtbauten der dortigen Uferstraße Bund, für die glitzernden Einkaufspromenaden der Metropole? Von der Energie für Fabriken, Büros und Wohnungen ganz zu schweigen.
    Ein Drittel des Stroms von Shanghai stammt aus dem Kohlekraftwerk Nummer 3 im Vorort Waigaoqiao. »Sonne und Wind sind nicht verlässlich«, meint Feng Weizhong, Chefingenieur des Werks. »Wenn die Sonne scheint, kann man sie zur Energieerzeugung nutzen. Ist es bewölkt, dann nicht mehr. Mit dem Wind

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