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Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht

Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht

Titel: Mit Leerer Bluse Spricht Man Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katinka Buddenkotte
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Pilates-Termin hat bestätigen lassen. Ich bin so neidisch, dass ich laut aufschluchze und die beiden neuen Freundinnen mich entdecken. Sie rümpfen die Näschen und mustern mich, als sei ich ein stinkender Berggorilla, der in ein kleines, privates Reservoir niedlicher Affenforscherinnen eingefallen ist.
    Um der peinlichen Situation zu entkommen, schaffe ich es, mir das einzige nicht selbst gestaltete Stück im gesamten Laden (ein paar Socken) zu schnappen, um damit an der Kasse nachträglich mein Eintrittsgeld für die Show zu bezahlen. In der Art, wie das Chef-Mädchen »Hast du die neunzehn Euro nicht passend, das ist jetzt wirklich ungünstig!« sagt, bemerke ich schnell, dass ich in ihrem Ansehen vom Silberrücken zum Sittenstrolch gesunken bin. Hastig entferne ich mich also aus dem Laden, dem schwer im Kommen begriffenen Viertel der Stadt, und verstecke mich in meinem Bau. Wäre ich etwas pervers, würde ich dort wahrscheinlich an meinen neu erstandenen Socken schnuppern, bis ich den letzten, zarten Hauch von Mädchen-Lädchen-Duft eingesogen hätte. Aber ich bin nun einmal eine hundertprozentige Masochistin und schaue mir »Die fabelhafte Welt der Amelie« an.
    Mir ist bewusst, wie echte Mädchen auf diesen Film reagieren. Sie seufzen an den richtigen Stellen und sagen: »Die Farben sind einzigartig! Was für Bilder!«
    Ich denke: »Warum schafft es selbst ein eindeutigvollkommen autistisches Wesen, sich so entzückend zu kleiden? Warum hat ihr verkorkstes Leben sie nicht schwerfällig und depressiv gemacht? Warum hat sie keine großen, grauen Ringe unter ihren traurigen Augen? Und warum bin ich nicht so ein Geschöpf?«
    Dabei kann ich es mir doch ganz genau vorstellen, so zu sein, ein echtes Mädchen, ein Leben lang:
    Einem taubetropften Blütenkelch wäre ich entsprungen, meine Mutter hätte Grazie, mein Vater Anmut geheißen. Neben meiner Gestalt würde selbst die der jungen Audrey Hepburn etwas linkisch wirken. Bei meinem Anblick müsste sich die Männerwelt kollektiv und unisono eingestehen, dass Natalie Imbruglia zwar eine nette Eintagsfliege ist, ich hingegen das Platinalbum bin. Trotzdem verstünde ich es, nicht eitel zu wirken. Selbst scheußliche Kurzhaarfrisuren stünden mir bezaubernd zu Gesicht, ich könnte Röcke tragen, gefertigt aus einem Stoff, der im Mittelalter zur Herstellung von Pestleichensäcken verwendet wurde, und auch darin noch umwerfend aussehen. Verdammt, wenn ich so ein Mädchen wäre, könnte ich sogar Lerngruppen an der Fachhochschule organisieren und dabei sexy wirken. Geheimnisvoll sexy, selbstverständlich. Die Männer, die bei meinem Anblick in Verzückung gerieten, gelüstete es nicht danach, mit mir eine schnelle Nummer im Kopierraum zu schieben, nein, sie würden behutsam ein winziges Stück meines Herzens zu erobern versuchen, zum Ausgleich dafür, dass ich ihnen die Seele geraubt hätte durch mein kurzes, schüchternes Lächeln. Sie würden danach lechzen, mich auf restaurierten Vespas durch die Stadtzu chauffieren, zu den Flohmärkten, die noch absolute Geheimtipps sind, wo ich dann herrlich alte Möbel fände, die sie mir dann dankbar in den achten Stock meiner Altbauwohnung schleppten. Diese Männer würden sich nichts sehnlicher wünschen, als dass ich ein Problem hätte, vielleicht mit meinem Vermieter, den sie dann vor meinen Augen in einem kurzen Faustkampf niederstreckten. Zum Lohn striche ich ihnen dann über die Frisur, leise mahnend, dass Gewalt keine Lösung sei und ich über unsere Beziehung nachdenken müsse. Allein die Tatsache, dass ich im Zusammenhang mit ihnen das Wort »Beziehung« erwähnt hätte, machte diese Männer auf ewig so glücklich, dass ich sie auf eine Schnur fädeln und als ewig strahlende Energiespar-Lichterkette verwenden könnte. Allerdings hätte ich nie Probleme mit meinem Vermieter, der ein herzlicher, alter Mann mit rundem Gesicht wäre und mir jeden Morgen, wenn ich dem Haus entschwebte, eine saftige Grapefruit in die Hand drückte, die er mit einem duftigen Stofftuch abgerieben hätte, bis sie glänzte.
    Diese Grapefruit übrigens würde genügen, mich den ganzen Tag über am Schweben zu halten. Abends dagegen könnte ich immer wie ein Löwe essen, täte es auch, in süßen Restaurants mit ungarischer Großmutter vor dem Holzofen. Meine Begleiter hätten dann Gelegenheit, herzhaft und anerkennend zu lachen und sich zu wundern, was alles in dieses zarte Persönchen hineinpasse. Käme es dann doch zum Austausch von Intimitäten,

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