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Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Titel: Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Sheffield
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fertigmachen.
    Meine Frau glaubt mir das noch immer nicht.

THE HUMAN LEAGUE

    »Love Action«
    1982
    Etwa in der neunten Klasse fing mein getreuer Radiowecker an, seltsames Zeug zu spielen. Zuerst machte er klink-klank . Dann machte er bluup-bluup , und nachdem das Wrrrp-wrrp eingesetzt hatte, folgte eine Flut von Squischa-squischa -Lauten. Es klang wie die Übermittlung eines Morsecodes von einem anderen Planeten, einer Welt der Lust und der Gefahr und des niemals endenden Erotikcabarets. Was mochte das bloß sein? Es war der zappe lige, zuckende, nagelneue Sound des Synthie-Pop. Für diejenigen von uns, die »Kids in America« waren, war es ein total polarisierender Sound. Entweder man liebte ihn, oder man hasste ihn. Meine Freunde und ich stritten uns stundenlang darüber, ob er überhaupt zum Rock ’n’ Roll gezählt werden konnte. Ich erinnere mich, wie ein DJ einmal sagte, Human League würden gar keine Instrumente verwenden. Unmöglich – nicht mal ein Schlagzeug? Nicht mal eine Gitarre ? Ich war geschockt.
    Ich radelte zur Leihbibliothek und nahm das Human-League-Album Dare in Augenschein. Es war wie eine schöne neue Welt. Die Hülle zeigte ihre schwarz getuschten Augen und ihre Lippenstiftmünder in Nahaufnahme vor einem kalten weißen Hintergrund. Keiner lachte. Den ganzen Sommer lang mähte ich Rasen und hörte mir die Kassette wieder und wieder an, auch dann, wenn ich mit der U-Bahn zur Fahrschule fuhr. Ich verbrachte unzählige Stunden damit, Phil Oakeys Lebensphilosophie zu ergründen.
    Besonders beeindruckte mich »Sound of the Crowd«, mit dem Phil mich anspornte, »um die Häuser zu ziehen« und die verbotenen Orte zu entdecken, »an denen die guten Leute sind und die Musik laut ist«. Ich war noch nie zuvor an einem Ort gewesen, der auch nur annähernd so war, wie er es beschrieb. Es klang super. Der Text war ein bisschen undurchsichtig – was zum Beispiel war mit all den obskuren Anspielungen auf Kosmetik und Mode (»The lines on a compact guide / A hat with alignment worn inside« – hä?) –, und doch verschlang ich ihn. Wenn ich seinen Code nur knackte, würde auch ich ein Phil Oakey werden und in der Welt herumkommen, auf einer existenziellen Suche nach »Love Action«.
    Da, wo The Human League herkamen, gab es noch mehr zu hören: Depeche Mode, Orchestral Manoeuvres in the Dark, Heaven 17, Duran Duran, Kim Wilde und meine geliebten Haysi Fantayzee. Wir bekamen all die englischen Synthie-Popper zwar erst etwa ein Jahr nachdem die Briten damit durch waren zu hören, aber sie waren bei uns mehr als willkommen. Jeder verrückte Brit-Blödmann mit fuchsiafarbener Wedge-Frisur und achteckigen Drumpads war uns recht.
    In den Achtzigern waren die Synthie-Bands das, was in den Sechzigern weibliche Formationen wie die Ronettes, die Shangri-Las oder die Chiffons waren: die aufgemotzten Versionen eines jugendlichen Gefühlsüberschwangs, die den Rhythmus und die Wimperntusche auf eine ganz neue, geradezu kosmische Ebene brachten. Alle diese Niemande toupierten ihre Haare mit so viel Haarspray auf, dass akute Brandgefahr bestand, und stylten sich zu sexy Leckerbissen mit Glitzerkruste hoch. Mit der Berührung eines Synthesizerknopfes wurden sie zu jenem Stoff, aus dem die Träume sind.
    Das Ganze hieß New Romantic, was ein ziemlich heikler Begriff war, denn niemand wollte zugeben, ein solcher New Romantic zu sein. Nicht einmal Duran Duran, die sich in der ersten Strophe ihrer ersten Single selbst so genannt hatten, wollten sich ein derart albernes Etikett aufdrücken lassen. New-Romantic-Songs schwirrten durch die Welt oder sonst wo herum, auf der Suche nach Genuss, Gefahr und Schönheit. Kein einziger New-Romantic-Song handelte davon, zu Hause herumzusitzen und Löcher in die Tapete zu starren, auch wenn die meisten New-Romantic-Fans (soweit ich das aus eigener Erfahrung beurteilen kann) genau auf diese Weise ihre Zeit verbrachten.
    Die New Romantics ähnelten sehr den alten Romantikern, all den Dichtern, nach denen ich in der Highschool so verrückt war – Shelley und Keats, Wordsworth und Blake. Auch von diesen toten Künstlern hatte sich nie jemand selbst als »Romantiker« bezeichnet. (Romantik war genauso wie Rockabilly oder Film Noir ein Phänomen, das seinen Namensstempel erst bekam, nachdem es vorbei war.) John Keats schrieb einmal: »Was den rechtschaffenen Philosophen schockiert, entzückt den chamä leonhaften Dichter.« Boy George sang von einem »karma chameleon«. Überhaupt

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