Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt
einen neuen Hype, während andere einst genauso populäre Lieder für immer da vonsegeln wie Brandys Matrosenfreund. Keiner weiß, wie es zustande kommt. Die Götter der Popmusik sind eben launische Mistkerle.
Doch wenn wir über die Achtziger rede n, verhält es sich ganz anders, denn die Ein-Hit-Wunder dieser Ära sind bei Weitem auch die beliebtesten Songs aus dieser Zeit, und wenn man jemandem gegenüber »die Musik der Achtzigerjahre« erwähnt, dann denkt der vermutlich wirklich sofort an Kajagoogoo oder Dexy’s Midnight Runners oder Men Without Hats. Styx war damals unendlich viel populärer als diese Gruppen und hatte viel mehr Hits. Und doch ist die Musik, an die wir uns heute noch als typisch für diese Zeit erinnern, genau das Zeug, das uns damals am belanglosesten und am kurzlebigsten erschien.
Womit wir wieder bei Haysi Fantayzee wären. Mann oh Mann, wie toll ich diese Band fand! »Shiny Shiny« war ihre Hymne: ein Junge und ein Mädchen, zwei Brit Kids, die aussahen, als hätten sie gerade eine Lobotomie mit Stricknadeln hinter sich, die bauchfreie T-Shirts, Zylinder und Dreadlocks trugen und zu einem munteren kleinen Hüpfseilriff vom Atomkrieg sangen, wobei sie Strophen wie »I’m a hot retard / Marquis de Sade!« rappten. Es gibt auch ein Geigensolo. Jedes Mal, wenn man schon denkt, der Song ist gleich zu Ende, setzen sie zu einem weiteren Refrain an und quietschen »Shiny shiny, bad times behind me / Shiny shiny sha na na na«. Der Typ hieß Jeremy Healy, das Mädchen war Kate Garner. »Shiny Shiny« schaffte es in England auf Platz sechzehn und nie in die amerikanischen Charts, aber es wurde ziemlich oft auf MTV gespielt. Das Album hieß Battle Hymns for Children Singing und umfasste ein sechzehnseitiges Comicbüchlein über die beiden Haysi- Kids, die verloren über irgendwelche Straßenzüge blicken und dabei ziemlich nackt wirken. Sie sangen in einem hirnamputierten Fantasieslang wie in »John Wayne Is Big Leggy«, das eine Kritik am Imperialismus der USA darstellte, gleichzeitig aber von ausgefallenen Sexpraktiken handelte, und ihre wichtigste und tiefschürfendste Aussage überhaupt lautete: »I Lost My Dodi«.
Sie waren eine der Bands, die mich nach den einschlä gigen Fanmagazinen lechzen ließen, und ich verschlang jedes Informationsfitzelchen über sie, dessen ich nur habhaft werden konnte. Ich war völlig aus dem Häuschen vor Begeisterung, als ich las, dass Jeremy einen Rollstuhl zu Hause hatte, den er aus dem örtlichen Krankenhaus geklaut hatte. Er war nicht krank oder so, er war bloß faul. Das entsprach natürlich dem größten Traum eines jeden Teenagerjungen, wenn man mal Phoebe Cates für einen Moment vergisst.
Ich war fasziniert von ihren politischen Ideen und dem drohenden Weltuntergang. Wie gebannt verfolgte ich ihre Reibereien mit anderen Popstars wie dem Synthie-Duo Mirror Mirror, von dem ich allerdings noch nie zuvor gehört hatte. Kate Garner zufolge machten sie »die Idee einer Videoband zum Gespött« und ihr Image sei nur »lausig«. Ich hatte ja keine Ahnung, dass es über haupt möglich war, das, was Haysi repräsentierten, zum Gespött zu machen, aber anscheinend war es das – offenbar war es für sie sogar eine ziemlich ernste Angelegenheit, nicht ernst genommen zu werden.
Aus den Fanmagazinen wusste ich auch, dass Jeremy zusammen mit Boy George in London gelebt hatte, wo die beiden sich lautstarke öffentliche Auseinandersetzungen über Haarspray geliefert hatten. Kate war eine Modefotografin, die sich mal als Popstar versuchte. Sie waren Szene gänger aus dem Künstlermilieu, das im Nachtclub Blitz verkehrte. Sie erklärten, »Shiny Shiny« handle von der nuklearen Apokalypse, und dass sie sich, was ihre Klei dung betreffe, von Charles Dickens und seiner Darstellung von S traßengesindel in Romanen wie Oliver Twist inspirieren ließen. (In seiner Biografie sagte Boy George über Jeremy, er sei »ein Dickens’scher Typ … mit der Betonung auf ›dick‹«, dem englischen Wort für »Schwanz«, was aber nur ein Kompliment gewesen sein konnte.)
Es gab noch ein drittes Bandmitglied, das aber nicht sang, sondern offenbar nichts anderes tat, als über die Haysi-Fantayzee-Lebenshaltung nachzudenken und Presseerklärungen mit der neuesten Version der Band-Mei nung herauszugeben, wie etwa: »Eine Sache hatten wir alle gemeinsam, die Abneigung gegen verhängnisvolle Technik.« Oder: »Ich habe diese Idealisierung des Verhängnisvollen so satt. Schon seit einigen
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