Mitten ins Herz - Roman
Rädern für Senioren. Ich habe sie um die Abendessenszeit mit so einem Warmhaltekasten ins Haus gehen sehen. Wahrscheinlich hat ihr jemand gesagt, Eddie sei depressiv und würde sich nicht vernünftig ernähren.Vielleicht hat sich Eddie auch selbst bei der Einrichtung angemeldet. Obwohl ich mir das bei Eddie kaum vorstellen kann.«
»Haben Sie Loretta wieder aus dem Haus kommen sehen?«
»Nicht direkt, ich habe nur etwas später gesehen, dass das Auto weg war. Sie muss sich etwa eine Stunde im Haus aufgehalten haben.«
»Haben Sie Pistolenschüsse gehört?«, fragte Lula. »Dass ihr eine Kugel verpasst wurde? Dass sie geschrieen hat?«
»Schreie habe ich keine gehört«, sagte Angela. »Mom ist
taub wie eine Nuss. Sobald sie den Fernseher anstellt, kann man hier drin sein eigenes Wort nicht mehr verstehen. Und die Kiste läuft von sechs bis elf. Darf ich Ihnen etwas Kuchen anbieten? Ich habe gerade einen köstlichen Mandelring vom Bäcker geholt.«
Ich dankte Angela für das nette Angebot, sagte ihr aber, Lula, Bob und ich müssten jetzt an der Sache dranbleiben.
Wir gingen nach draußen und wandten uns gleich nach nebenan zur anderen Hälfte des Doppelhauses, die DeChooch gehörte. Der Zutritt war natürlich verboten, das Haus mit einem Band zur Sicherung desTatorts abgesperrt,Teil laufender Ermittlungen. Polizei zur Bewachung des Hauses und des Schuppens war nicht mehr zu sehen, deswegen nahm ich an, dass sie bereits gestern eifrig alle Beweisstücke eingesammelt hatte.
»Wir sollten lieber nicht da reingehen, das Absperrband ist noch gespannt«, sagte Lula.
Ich pflichtete ihr bei. »Die Polizei mag so etwas nicht.«
»Gestern waren wir allerdings drin, und wir haben bestimmt im ganzen Haus Fingerabdrücke hinterlassen.«
»Willst du damit sagen, dass es dann egal wäre, ob wir heute wieder reingehen oder nicht?«
»Es wäre egal, wenn es keiner herausfinden würde«, sagte Lula.
»Ich besitze ja einen Schlüssel. Man könnte es also nicht unbedingt als Einbruch bezeichnen, was wir hier machen.« Das Problem war nur, dass ich den Schlüssel gestohlen hatte.
Außerdem habe ich als Kautionsdetektivin das Recht, die Wohnung eines Kautionsflüchtlings zu betreten, falls ein eindeutiger Verdacht vorliegt, dass sich die gesuchte Person dort aufhält. Sollte es hart auf hart kommen, würde mir
schon ein stichhaltiger Grund einfallen. Mir ging vielleicht jedes Talent als Kopfgeldjägerin ab, dafür konnte ich es bestens vortäuschen.
»Du könntest wenigstens nachgucken, ob es wirklich Eddies Hausschlüssel ist«, schlug Lula vor. »Probier ihn doch mal aus.«
Ich führte den Schlüssel in das Schlüsselloch ein, und die Tür sprang auf.
»Scheiße«, sagte Lula. »Jetzt sieh dir an, was du angerichtet hast. Die Tür ist auf.«
Wir huschten in den finsteren Flur, und ich machte die Tür hinter uns zu und schloss sie wieder ab.
»Du stehst Schmiere«, sagte ich zu Lula. »Ich will bei der Arbeit nicht von der Polizei oder Eddie erwischt werden.«
»Verlass dich auf mich«, sagte Lula. »Schmierestehen ist meine Spezialität.«
Ich fing in der Küche an, kramte in allen Schränken und Schubladen, blätterte in dem Stapel Papiere auf der Ablage. Es war die Hänsel-und-Gretel-Nummer: Ausschau halten nach den Brotkrümeln, die mich auf eine Fährte bringen würden. Eine Telefonnummer, auf eine Papierserviette gekritzelt, ein Stadtplan mit einem dicken Pfeil, der auf ein Hotel zeigt, darauf hoffte ich. Stattdessen fanden sich nur die üblichen Utensilien, die sich in allen Küchen ansammeln. Eddie besaß Messer und Gabeln und Teller und Suppenschüsseln, einst von Mrs. DeChooch gekauft und ein Eheleben lang benutzt. In der Spüle stand kein schmutziges Geschirr. Alles war ordentlich in den Regalen untergebracht. Im Kühlschrank lagen nicht viele Lebensmittel, doch dafür war er besser sortiert als meiner. Ein halber Liter Milch, einige Scheiben Truthahnwurst aus Giovichinnis Metzgerei, Eier, ein Paket Butter, Gewürze. Ich knöpfte mir
noch eine Gästetoilette im Erdgeschoss, das Esszimmer und das Wohnzimmer vor, spähte in den Garderobenschrank und fasste in alle Manteltaschen, während Lula durch einen Schlitz in der Wohnzimmergardine die Straße im Auge behielt.
Ich erklomm die Treppe und durchsuchte die Schlafzimmer, immer in der Hoffnung auf einen Brotkrümel. Alle Betten waren frisch bezogen. Auf dem Nachttisch im Eheschlafzimmer lag ein Kreuzworträtselheft, keine Brotkrümel. Ich verlegte mich aufs
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