Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
kleinen Steinchen pieksten ihr in die Füße. Frustriert fluchte Julia vor sich hin, als sie den Schrei eines Vogels vernahm. Schnell stieß sie einen Pfiff aus und nur wenige Augenblicke später landete der Falke auf ihrem Arm. Zum Glück hatte sie nach wie vor ihre Lederstulpe an.
„Hallo mein Freund,“, begrüßte sie ihn und streichelte das seidige Gefieder. „Oh du weißt ja gar nicht, wie gut es tut, dich zu sehen! Weißt du denn, wo wir hier sind?“
Der Falke reckte Julias liebkosenden Fingern sein Köpfchen entgegen. Sie seufzte. So tröstlich es auch war, dass sie nun nicht länger allein war, so wenig half ihr doch die Anwesenheit ihres geliebten Vogels.
„Ich muss zurück, aber vielleicht haben wir ja morgen bei Tageslicht etwas mehr Glück!“, flüsterte Julia, ehe sie den Vogel mit einer kraftvollen Bewegung in die Luft hob. Traurig, doch mit ein klein wenig Hoffnung auf eine baldige Flucht, kehrte sie schließlich zu Drew zurück.
„Tja Süße, sehnst dich anscheinend schon so sehr nach meiner Berührung, dass du es darauf angelegt hast, dass ich komme, um dich zu holen, oder warum hat das so lange gedauert?“
Julia konnte nicht fassen, dass er ihr Verhalten so deutete! Natürlich sehnte sie sich nicht im Geringsten nach seiner Berührung! Für wie unwiderstehlich hielt sich der Kerl eigentlich? Zwar musste sie zugeben, dass noch immer das Echo seiner Berührung in ihr nachhallte, aber das war auch schon alles. Nur warum sich ihr Puls dann nicht langsam wieder normalisierte, verstand sie nicht. Es konnte nicht an der Furcht liegen, denn eigentlich fürchtete sie ihn nicht wirklich. Und dass der Kuss, den er ihr so grob geraubt hatte, und der ihr nun nicht mehr aus dem Kopf ging, etwas damit zu tun haben sollte, wollte sie nicht glauben.
„Ihr seid ein Scheusal!“, rief Julia aufgebracht. „Ganz sicher lege ich keinen Wert darauf, dass Ihr Eure schmutzigen Hände noch einmal an mich legt!“
Ihre kleine Rache, die sie sich so schön überlegt hatte, war durch seine Unterstellung mit einem Mal vertan. Wie konnte es nur sein, dass er aus jeder Auseinandersetzung immer als Sieger hervorging?
Drew saß neben dem Feuer, welches er für die Nacht entzündet hatte, und spielte mit dem Messer. Seine Augen waren glasig und zu Schlitzen verengt, und auf seiner Stirn stand der Schweiß. Man konnte ihm ansehen, dass er Schmerzen oder gar Fieber hatte.
Obwohl Julia ihre harten Worte keinesfalls bereute, empfand sie doch so etwas wie Mitgefühl für Drew, der sie immerhin vor Gregorys Leuten gerettet hatte.
„Geht es Euch nicht gut? Ihr seht sehr blass aus?“, hakte sie daher nach.
„Nein, Schätzchen, alles in bester Ordnung. Aber ist es nicht erstaunlich, wie du dich nun um mich sorgst? Was so ein bisschen unerfüllte Leidenschaft anrichten kann.“
Sofort wurde sie wieder rot:
„Oh keine Sorge! Ich wollte nur wissen, ob Ihr nicht endlich krepieren wollt, damit ich von hier verschwinden kann!“, presste sie aufgebracht hervor.
Sein lautes Lachen hallte von den Wänden wieder und Julia hätte am liebsten mit dem Fuß aufgestampft, so wütend machte sie dieser unmögliche Mensch.
„Wo willst du denn hin Mitternachtsfalke? Zurück zu deinen Schmugglern? Denkst du nicht, dass die inzwischen das Weite gesucht haben?“
Sie dachte einen Moment über seine Frage nach. Tja, wo wollte sie hin? Nun, ihr Vater hatte mit Sicherheit ihr Verschwinden längst bemerkt. Fragte er sich, was aus ihr geworden war? Hoffentlich machte er sich keine allzu großen Sorgen. Und ihre Männer? Eigentlich hatte sie keinen Zweifel daran, dass sie Gregorys Gefolgsleuten entkommen konnten. Schließlich hatten sie sich für alle Fälle immer einen Fluchtplan bereitgehalten. Nur um Michael machte sie sich große Sorgen. Immerhin war er verwundet worden und über Bord gegangen. Julias Sorgen mussten sich in ihrem Gesicht abgezeichnet haben.
„Schätzchen, sei nicht traurig, sie werden dich schon nicht gleich in der ersten Nacht durch ein anderes Flittchen ersetzen.“
Julia war nicht gewillt, Drew ihre wahre Identität zu offenbaren. Darum wusste sie auch diesmal nicht, was sie auf seine unverschämten Unterstellungen erwidern sollte. Er würde ihr ja doch niemals glauben, wer sie war.
„Ihr täuscht Euch in mir! Diese Männer brauchen mich!“, verteidigte sie sich daher.
Mit frostiger Stimme erklärte Drew:
„Julia, Julia, brauchen und begehren ist nicht das Gleiche!“
Er ärgerte sich darüber, dass seine
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