Mitternachtslöwe (German Edition)
zweischnäbliger Sackpfeifensittich oder Geister abweisendes Baumharzessgeschirr - suchte man etwas Außergewöhnliches, war Geigers Basar der richtige Ort, um es zu finden.
Händler mit Bauchläden liefen umher und priesen ihre Güter lautstark an, verkauften Zimtpfeffertabak, Dreikrustenkekse oder Tränke gegen Pest und Übelkeit. Es herrschte reges Treiben. Selbst jetzt noch, wo oben doch der Feind dabei war das Land zu überrennen.
Hier unten verrinnt die Zeit gemächlicher.
Er verschaffte sich zunächst einen Überblick. Wenn das denn überhaupt möglich war. Überall tummelten sich Leute, ebenso bizarr, wie die Waren, welche man hier bot. Magier, Köche, Astrale. Alchimisten, Zauberer und Hexen. Alle waren sie unterwegs und schwer beschäftigt. An jeder Ecke trieben Gaukler ihren Schabernack. Der gesamte Basar machte eher den Eindruck eines verrückten Zirkuszelts als den eines gut sortierten Marktes.
Ein sehr ungepflegter Mann sprang Bureus plötzlich vor die Füße und machte dabei einen Gesichtsausdruck, als wolle er Bureus zu Tode erschrecken. Mit einem Zucken wandelte sich seine Grimasse schlagartig zu heiterem Lachen.
»Hallo der Herr«, fing er mit überdurchschnittlich freundlicher Stimme, wovon Bureus nun wirklich etwas Angst bekam, an zu reden, »Mein Name ist Tisi von „Tisis tausend tolle Träume“.« Flink lies Tisi seine Augen über Bureus streifen, wobei er es nicht lassen konnte seinen Kopf in Richtung seiner Augen mit, auf und ab sowie hin und her, zu bewegen. »Ihr seht aus, wie ein Mann, der einen so herrlichen gelben Mantel gebrauchen kann, wie ich ihn zufällig bei mir habe.« Er wühlte wild in seinem Beutel herum und holte einen alten Fetzen heraus. »Seht, ist das nicht ein fabelhaftes Stück?«, pries er seine Ware an, »So fabelhaft, dass ich ihn eigentlich nicht hergeben möchte, aber als ich Euch sah, dachte ich mir einfach, dieser Mann, der braucht diesen herrlichen gelben Mantel. Er ist wie für Euch geschaffen! Seht doch nur!« Er hielt den Lumpen Bureus vor die Brust und strahlte vor Entschiedenheit.
»Er ist orange«, sagte Bureus schlicht.
Für einen Moment lief Tisi das Lachen aus dem Gesicht. »Bitte?«
»Der Mantel. Er ist orange, nicht gelb.«
Verwundert schaute Tisi Bureus, dann den Mantel an. »Oh nein nein, dieser Mantel ist gewiss gelb«, versicherte Tisi.
»Nein er ist orange«, sagte Bureus gelangweilt. Für solche Spinnereien hatte er nun wirklich keine Zeit. Er machte sich auf in eine der Gassen.
»Aber guter Herr, der Mantel...«, rief Tisi ihm hinterher, »...er ist perfekt für Euch... und ohne jeden Zweifel... gelb...«
Zügig eilte Bureus durch die Gasse, um nicht von dem Mann und seinem Mantel verfolgt zu werden. Er kam an dem Teehaus „Verflixt und zugeteet“ vorbei, wo sie gerade einen frischen Erbswurztee zubereiteten. Der beißende Geruch des Erbswurz, den man zwei Gassen weiter und nur bei „Hiller Erderzeugnisse„ bekam, schlich durch die schmale Gasse und brachte jeden zum Taumeln, der diese befremdliche Ausdünstung nicht gewohnt war.
Rosenkreuzgasse, Rosenkreuzgasse.
Bureus versuchte sich an den Weg zu erinnern. Einmal bog er falsch ab, fand aber schließlich über einen kleinen Umweg sein Ziel. Er ging zu dem kleinen Alchemieladen „Trismegistos Alchymia“ in dem er früher schon als junger Bursche Zutaten für seine Experimente besorgt hatte.
Bureus betrat das kleine Geschäft. Alles sah so aus, wie er es aus seinen Erinnerungen kannte. Die vielen Regale mit Fläschchen, gefüllt mit Pülverchen und Tinkturen, Schälchen mit getrockneten Kräutern sowie die vielen Gläser mit eingelegten Teilen von diversen Kleintieren. Hier und dort stand dazwischen eine gläserne Apparatur, ein Kolben oder ein Zylinder. Von der Decke hing immer noch das staubige Modell des Sonnensystems. Der leichte Luftzug, der sich mit hineingeschlichen hatte, lies das Planetenballett einen kurzen Tanz vollführen.
Am Tresen stand ein Hocker und darauf ein kleinwüchsiger Kerl. Fluchend rührte er in einem Kessel rum.
»Warum klappt das nicht?«, murmelte er, »Diesmal waren die Grillenbeine doch frisch.« Er nahm eine Hand voll Pulver aus einer Schale und streute es in den Kessel. »Lieber ein bisschen mehr...«
Es zischte und knallte und eine kleine Rauchwolke stieg aus dem Kessel. Vor lauter Schreck fiel der Kleine rückwärts vom Hocker.
»So ein Mist!«, schimpfte er mit piepsiger Stimme. Er rümpfte seine Knollnase und rappelte sich wieder auf,
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