Mitternachtsschatten
dachte eigentlich, die Gespenster seien hier“, sagte sie, um schnell das Thema zu wechseln.
„Ich dachte, sie glauben nicht daran.“ Er beobachtete sie, aber sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten.
„Ich habe nie gesagt, dass ich nicht an sie glaube, sondern nur, dass ich sie nie gesehen habe.“
„Und seit wann leben Sie in diesem Haus?“
„Seit siebzehn Jahren, mehr oder weniger.“
„Wenn es sie gibt, sollte man meinen, dass Sie sie schon mal hätten sehen müssen“, stellte er fest.
„Das sollte man meinen. Was machen Sie eigentlich hier unten, wo sie doch jetzt so ein wundervolles neues Bett haben?“
„Ich denke nach. Und so wundervoll ist es nun auch wieder nicht.“ Er trank einen Schluck Cognac und gab ihr dann das Glas zurück. Auf gar keinen Fall wollte sie aus einem Glas trinken, das er gerade mit seinen Lippen berührt hatte, deshalb schüttelte sie den Kopf. „Ich hatte bereits genug“, sagte sie. „Ich bin es nicht gewöhnt, so viel zu trinken.“
Er konnte ein langsames, wissendes Lächeln nicht unterdrücken. „Erzählen Sie mir nicht, dass Sie beschwipst sind, Ms. Meyer!“
„Nur ganz leicht“, antwortete sie würdevoll. „Worüber haben Sie denn nachgedacht?“
„Dass ich vielleicht besser dieses Haus verlassen sollte.“
„Verlassen?“ wiederholte sie dümmlich. Genau darum hatte sie die ganze Zeit gebetet, ihre Gebete waren erhört worden, und das war das Letzte, was sie wollte.
„Verlassen“, bestätigte er. „Sie wissen schon, gehen, abhauen, verschwinden, meine Siebensachen packen.“
„Und warum?“
Seine Augen wurden schmal, sein Lächeln war ein wenig abschätzig. „Spielt das für Sie eine Rolle?“ fragte er. „Vielleicht will ich einfach gehen, bevor ich zu dem werde, was ich eigentlich ablehne.“
„Und was soll das sein?“ Sie kannte plötzlich die Antwort – mit einer unerklärbaren Gewissheit. Er lehnte Menschen wie Jackson Meyer ab, ihren Vater. Seinen Mentor. Er sagte nichts, und das erwartete sie auch nicht. Er trank den Rest Cognac und stellte das leere Glas auf den Parkettboden. Dann sah er mit einem gelangweilten Lächeln zu ihr auf.
„Andererseits, vielleicht ist mir das ja auch egal. Aber warum wollen Sie nicht, dass ich gehe?“
„Natürlich will ich, dass Sie gehen“, antwortete sie schnell.
„Warum kommen Sie dann nicht zu mir rüber und sagen Auf Wiedersehen?“
Sie schwieg, lehnte sich zurück und streckte ihre langen nackten Beine aus. Er mochte ihre Beine, das wusste sie genau. Er mochte sie sehr. Kein Wunder, sie gefielen ihr auch. Ihre Beine waren das einzig wirklich Schöne an ihr. Nicht einmal Rachel-Ann hatte so endlos lange Beine wie sie. „Sie kennen mich nicht halb so gut, wie Sie sich einbilden“, sagte sie.
„Nein?“
„Sie glauben, ich sei eine schüchterne, zerbrechliche kleine Blume, nicht wahr? Voller Angst vor einem großen, starken Mann wie Sie, voller Angst vor Sex und dem Leben überhaupt“, behauptete sie spöttisch.
„Keine Ahnung, ob Sie sich vor jedem großen, starken Mann fürchten, meine Süße. Auf jeden Fall haben Sie ungeheure Angst vor mir.“
Sie zögerte keine Sekunde. Sie erhob sich mit einer einzigen, fließenden Bewegung, ging zu ihm, setzte sich rittlings auf seinen Schoß, legte ihre Arme um seinen Nacken und schaute tief in seine Augen. „Wer hat Angst vorm bösen Wolf?“ fragte sie ironisch. Er bewegte sich, und sie spürte seine Erektion. Das erschreckte sie so sehr, dass sie wieder aufstehen wollte, aber er umklammerte ihren Arm.
„Geh nicht, jetzt, wo es endlich spannend wird“, sagte er. „Diesmal hast du angefangen. Wir wollen sehen, wie mutig du wirklich bist.“
Ein Teil von ihr wollte wegrennen, sie wusste nicht, ob er sie einfach gehen lassen würde, wenn sie sich wehrte. Der andere Teil von ihr, nämlich der zwischen ihren Beinen, wollte etwas ganz anderes. Er war so verdammt selbstsicher, und sie kein Feigling! Sie wollte diesen Mann unter ihr. „Du wirst dich wundern, wie mutig ich sein kann“, sagte sie. Sie beugte sich herab und begann, seine nackte Brust zu küssen. Ihr schönes langes Haar fiel über ihr Gesicht.
„Jesus Christus“, keuchte er. Seine Hände wühlten sich durch ihr Haar und legten sich auf ihre Wangen. Sie bewegte ihren Mund an der dünnen Linie seiner Brusthaare entlang. Sie wollte seinen Bauch küssen, aber sie konnte ihn nicht erreichen, ohne von seinem Schoß zu rutschen, doch dazu genoss sie viel zu sehr das
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