Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)

Bailiff hatte seine Entscheidung getroffen.
    Nicht der Leidenschaft solle man seine Entscheidung überlassen, sondern dem Verstand!, versuchte es Vater Baum noch einmal, bevor er es aufgab und sich dem Willen des Bailiffs beugte, indem er die letzten seiner Blätter verlor und mit knisternden Ästen in den Winterschlaf ging.
    Öklizaboraknorr packte seine liebste Flöte und sein Blasrohr in eine aus feuchten Astfasern geflochtene Tasche, überprüfte die Pfeile und das kleine Behältnis, in dem er das Gift aufbewahrte und fand, dass ihn das sicher machte. Niemand würde ihm etwas anhaben können.
    Ihm fiel ein, dass er vergessen hatte, Vater Baum zu fragen, wohin seine Leute gegangen waren, aber er würde es jetzt nicht mehr tun, denn die Eiche hatte sich zurückgezogen und ebenfalls ihre Entscheidung getroffen.
    Öklizaboraknorr hatte einen überragenden Geruchssinn , und sein Instinkt war der eines Tieres, der direkt aus den Tiefen seiner Seele kam. Ihm würde er vertrauen, denn er war wie ein dünner glitzernder Faden, der ihm die Richtung wies. Öklizaboraknorr hatte alle Zeit der Welt. Er wusste, dass seine Suche schnell beendet sein, aber auch viele, viele Umläufe dauern konnte. Er war bereit!
    Er huschte mit schnellen Sprüngen durch den Wald und setzte sich auf die Hinterpfoten. Seine schmale Nase witterte den Wind und die Düfte. Er schloss seine Augen und wartete. Der Faden würde ihn leiten, ja , das würde er. Es war nur eine Frage der Besonnenheit .
    Doch etwas störte seine Wahrnehmung.
    Es ähnel te einem Wirbel, in dem hundert Fäden durcheinander schwebten, keinen davon bekam er zu fassen , und schließlich roch er es.
    Ein Duft, den er nicht kannte . Ein fremder, ein ungastlicher Geruch. Kalt und abweisend! Seine Phantasie gaukelte ihm vor, dass es so oder ähnlich gerochen haben musste, als die Dämonen über Dandoria und den Wald gekommen waren. Oder waren das die verschüttete Erinnerungen eines Neugeborenen ?
    Vielleicht war dieser Geruch normal, wenn man sich von den Bäumen so weit entfernte, wie Öklizaboraknorr es bereits getan hatte. Der Bailiff erkannte, wie wenig er von der Welt wusste, und keckerte leise. Er versuchte, die störenden Sinneseindrücke zu ignorieren und suchte einen anderen Ort, an dem er den richtigen Faden finden würde.
    Er hopste einem Eber vor der Nase herum, der seinen dicken Schädel zornig schnaubend zu ihm drehte, um ihn gleich darauf zu ignorieren. Er erklomm einen hohen Baum, um eine bessere Sicht zu haben, wo er mit einem Eichhörnchen zusammentraf, das ihm frech die blitzenden Schneidezähne zeigte.
    »Halte dich ran, wenn du deine Nahrung für den Winter suchst«, sagte Öklizaboraknorr. Aus seinem Mund drangen Worte, die menschlich klangen. Das Eichhörnchen quiekte und machte sich davon. Es war stets dasselbe. Wenn Öklizaboraknorr sprach, zeigten sich die Tiere des Waldes konsterniert , und nicht wenige ergriffen die Flucht.
    Der Bailiff kauerte auf der Spitze des Baumes , und seine runden glänzenden Augen suchten den Wald ab. Zwischendurch schlug er seine Zähne in einen Pilz, der aus der Rinde wuchs, eine Leckerei, die er nicht ignorieren konnte. Er leckte sich die Nase und rülpste herzhaft. So weit er blickte, erstreckte sich der Wald. Abgesehen von einer Lichtung, die sich rechts von ihm auftat.
    Öklizaboraknorr mochte diese Lichtungen nicht. Auf ihnen war man hilflos den Waffen der Jäger ausgeliefert. Zumeist waren es Menschen, die jagten. Der Todesschuss kam so schnell, dass man ihn oftmals nicht spürte, da man schon tot war .
    Würden seine Eltern ihn vergessen haben?
    Würden sie sich fragen, wer er sei?
    Konnte er sich ihnen begreiflich machen?
    Hallo Mutter! Ich bin dein Sohn! Ich habe überlebt und möchte bei dir sein! Hallo Vater! Ich bin derjenige , der euch fast verrate n und letztendlich gerettet hat. Lass uns durch den Wald streifen und d ie Schönheit der Bäume erkunden. Ach, was ich euch noch berichten wollte ...
    Hier oben auf dem Baum kamen Öklizaboraknorr erste Zweifel , und er fragte sich, ob er nicht auf dem besten Wege war, das, was Vater Baum das Leuchten genannt hatte, auszulöschen?
    Öklizaboraknorr stieß einige Laute aus, wie sie Bailiffs von sich geben. Das Keckern blieb ihm im Halse stecken, als er den Schattenrauch sah, der zwischen den Bäumen aus dem Erdboden stieg . Blätter, Wurzelwerk und Waldboden spritzen hoch , und im Waldboden entstanden Löcher, aus denen noch mehr Rauch quoll. Der Bailiff rümpfte die