Modemädchen Bd. 2 - Wie Marshmallows mit Seidenglitzer
es stimmt und was wegen der Kinderarbeitsvorwürfe unternommen wird, die in der Sunday Times erwähnt wurden, und was Edie dagegen tun will.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sagt sie. »Was soll ich meinen Lesern erzählen?«
Super-Nonie denkt eine Weile nach. Super-Nonie lässt jede ihrer kleinen grauen Zellen arbeiten. Dann gibt Super-Nonie auf und spielt mit einem Fädchen, das ihr Pullover gezogen hat.
»Du weißt es auch nicht, oder?«, fragt Edie.
Ich schüttele den Kopf.
Super-Nonie könnte mehr kleine graue Zellen gebrauchen.
Jenny um Rat zu fragen bringt nichts. Sie ist voll damit ausgelastet, ihren Text zu lernen und glücklich zu sein. Es ist wie vor vier Jahren, als wir zwölf waren und sie im Schul-Musical »Annie« die Hauptrolle gespielt hat. Sie benimmt sich vielleicht nicht direkt wie eine Primadonna. Aber alles, was nicht unmittelbar mit Stimmübungen, Lampenfieber oder den inneren Konflikten ihrer Rolle zu tun hat, interessiert sie nicht besonders.
Sie hat sich das Boat House Theatre angesehen und sagt, es ist einfach perfekt. Nah genug, dass sie nach der Schule ohne großen Aufwand zu den Proben kommt, aber weit genug weg, dass die meisten Leute nicht einmal mitbekommen, dass das Stück aufgeführt wird, und sie keine Angst vor vernichtenden Kritiken wie beim letzten Mal haben muss.
Es war nicht ihre Schuld, aber beim letzten Mal hat es ein Kritiker so ausgedrückt: »In einem Spielfilm voller Stars war Jenny Merrits Darbietung derart hölzern, dass ich versucht war mir einen Esstisch daraus schreinern zu lassen.« Was leider ziemlich ins Schwarze traf. Dann hat ihr Vater diese Story vom »talentierten komplexbeladenen Teenager« verkauft. Und Joe Yule, der Junge, in den sie verliebt war, hat sie wegen der Königin des Bösen sitzenlassen. Das ist unser Spitzname. Ihr kennt sie wahrscheinlich als Sigrid Santorini, Super-Starlet und Modepüppchen, die letztes Jahr bei der Oscar-Verleihung eins von Krähes Kleidern anhatte. Abgesehen von diesen Kleinigkeiten ist »letztes Mal« wohl ein Erfolg gewesen.
Das sind die Gründe, warum ich, obwohl mir andere Dinge im Kopf herumgehen, fest entschlossen bin nett zu Jenny zu sein. Also besuche ich sie, als sie mich darum bittet, und spiele den verrückten egozentrischen Vater aus ihrem Stück, damit sie ihren Text üben kann. Und ich beschwere mich nicht, als sie mich anfleht Alexander für den Dreiundzwanzigsten abzusagen und ihn nie wiederzusehen.
Ich versuche nicht einmal nachzufragen, was für Gedanken sie sich zum Thema Kinderarbeit macht. Weil ich nicht glaube, dass sie sich überhaupt welche macht, außer es geht um junge Schauspielerinnen, die Hausaufgaben und Theaterproben unter einen Hut kriegen müssen.
»Wirklich, Nonie, du kannst dir gar nicht vorstellen , was für ein Albtraum das ist. Ich brauche von allen Lehrern Sonderabgabefristen und Sondererlaubnisse.«
Na gut. Manchmal benimmt sie sich doch wie eine Primadonna.
Am Morgen des Dreiundzwanzigsten treffen Krähe und ich uns mit Amanda Elat, um über die neue Miss-Teen-Kollektion zu reden.
»Was hast du für eine Strategie?«, hat Edie gefragt, als ich ihr davon erzählte.
Ich weiß nicht, warum sie überhaupt fragt. Ich habe keine Strategie. Ich werde improvisieren, so wie ich es immer mache. Ich wollte gerade schwindeln und ihr irgendwas Beeindruckendes auftischen, aber sie hat mein Gesicht gesehen und nur gesagt: »Oh. Na dann, viel Glück.«
Was lieb von ihr ist. Glück kann ich brauchen. Wenigstens eins ist sicher. Der Anfang wird gut. Bevor wir zu dem heiklen Thema mit den Fabriken kommen, wird Krähe das Miss-Teen-Team mit ihren neuen Entwürfen verzaubern und hoffentlich sind dann alle so begeistert, dass sie zustimmen allen Arbeitern das Doppelte zu zahlen, und das Problem verschwindet von ganz alleine.
Krähes Fleiß in den Weihnachtsferien hat sich ausgezahlt. Ihre Entwürfe sind natürlich immer umwerfend, aber sie hat mir eine Privatvorschau auf die neuen Sachen gestattet und sie sind noch umwerfender als gewöhnlich. Tänzerinnen in Tweed und Spitze und Pailletten und Federn und Glitzersteinen, die umherstolzieren wie eine Kreuzung aus Partyköniginnen von 1920 und exotischen Vögeln. Es ist, als hätte Krähe ihre Gespräche mit den Pariser Mains in Teenager-Party-Mode übersetzt und dem Ganzen ihren eigenen Stempel aufgedrückt.
Als wir in den oberen Etagen auf der Oxford Street ankommen, behandeln uns alle superfreundlich, was gut für meine Nerven
Weitere Kostenlose Bücher