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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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Helligkeit nicht mehr so gut zu erkennen waren wie die Filme. »Es sieht danach aus, als wären die Tathandlungen von mehreren Beteiligten parallel vollzogen worden, und das innerhalb eines relativ geringen Zeitrahmens; eine genaue zeitliche Abfolge wird nur schwer oder gar nicht zu rekonstruieren sein. Sagen wir so: Die Täter sind ausgeschwärmt und haben die Opfer angegriffen und erschlagen. Ob der jüngste Geschädigte, Orvar Wetterstrom, ertränkt wurde, wie die Fundsituation vermuten lässt, muss ich noch offen lassen. Da unter anderem kein Schaum im Mundbereich feststellbar war, halte ich das allerdings für wenig wahrscheinlich. Meines Erachtens wurde er tot ins Wasser geworfen.« Auf der linken Leinwand erschien der Tümpel, auf der rechten, rücklings neben dem Wasser, der Junge. Die Finger einer behandschuhten Hand waren zu sehen, das Vasa -Schiff auf dem T-Shirt sowie der dazugehörige Schriftzug 50 år över ytan . Pentzien berührte ihn mit der Spitze seines Teleskopzeigestocks. »Weiß jemand, was das bedeutet?«
    »50 Jahre über der Oberfläche«, sagte der Gast vom Führungsstab. Alle Augen wandten sich ihm zu, und eine leichte Röte überzog das Gesicht des Mannes, der in seiner Uniform als Leitender Polizeidirektor zu erkennen war.
    »Können Sie Schwedisch?«, fragte Barbara.
    »Nein, aber ich war im letzten Jahr in Schweden. Wir haben einen Ausflug nach Stockholm unternommen. Meine Gören wollten unbedingt ins Vasa -Museum. Es gab dort eine Sonderausstellung zum 50. Jahrestag der Bergung dieses Kriegsseglers, der unmittelbar nach dem Stapellauf in den Schären untergegangen ist. Irgendwann im 17. Jahrhundert.«
    »Das heißt, die Vasa wurde 1961 geborgen?«
    »Richtig. Ich erinnere mich sogar an das Datum, weil mein Vater an diesem Tag Geburtstag hat. Es war der 24. April.«
    »Vier Tage nach Hitler«, platzte jemand in der Runde heraus. Barbara schaute sich um. Jürgen »Lorbass« Lutze hatte das gesagt, der einzige Sankt-Pauli -Fan im Mordkommissariat, was man ihm aber nicht übel nahm, denn er stammte aus Dithmarschen und hatte bei der Kripo Itzehoe gearbeitet, bevor ihn die Liebe nach Rostock verschlug. Ihm war anzusehen, dass er sich für seine unbedachte Äußerung schämte.
    »Ich muss doch bitten«, sagte der Kripochef.
    »Und acht Tage nach dem Geburtstag von Ernst Thälmann«, sagte Barbara, um die Situation zu entspannen. Hier und da wurde gelacht.
    »Und meine Frau …«, begann jemand, aber nun klopfte Gunnar Wendel energisch mit der Spitze seines Kugelschreibers auf den Konferenztisch.
    »Manfred, fahre bitte fort!«
    »Gut. Trotz des Regens konnten wir jede Menge Fingerspuren sichern, die wir in den nächsten Tagen und Wochen abgleichen werden. Ich kann mich noch nicht konkret äußern. Eine Auffälligkeit möchte ich euch allerdings nicht vorenthalten. Auf einem Stuhlbein, Spur 194, fanden wir den bemerkenswert kleinen Abdruck eines Handballens. Da wir alle Opfer als Spurenverursacher wohl ausschließen können, vermute ich, dass es sich um den Abdruck einer Frau handeln könnte.«
    Alles in allem dauerte die Dienstbesprechung knapp zwei Stunden. Danach war Barbaras Laune auf einem dramatischen Tiefpunkt angelangt. Nach Pentzien hatten sich der Polizeidirektor vom Stab des Präsidenten und dann auch noch Wendel zu Wort gemeldet. Beide hatten sich über die enorme Wichtigkeit einer raschen Aufklärung des Mordfalles verbreitet und die Bildung einer Sonderkommission verkündet. Über deren Namen war dann nochmal eine geschlagene halbe Stunde debattiert worden, um sich am Ende auf Gespensterwald zu einigen. Der Ärmelschoner hatte versprochen, jeden verfügbaren Mann abzustellen. Daraufhin hatte die Frau von der Vermisstenstelle sich lautstark beklagt, dass es ja wohl auch Polizistinnen geben würde.
    All das hatte Barbara mit säuerlicher Miene über sich ergehen lassen, doch dann war das dicke Ende gekommen. Ihr Chef hatte ausgerechnet sie zur Aktenhalterin der Soko Gespensterwald ernannt. Sie war nun dafür verantwortlich, dass jede eingehende Meldung an den zuständigen Auswerter geleitet und in der richtigen Akte abgelegt wurde, sie musste Inhaltsverzeichnisse anlegen, den Überblick über die Wege aller Papiere wahren – und sie musste die Akten durchpaginieren! Das war der blödeste Job, den es überhaupt gab. Und wehe, sie machte einen Fehler! Folgte durch ein Versehen auf Seite 100 die 102, unterstellten später die Winkeladvokaten sofort, die Polizei habe ein wichtiges

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