Mörderbrunnen (German Edition)
Qualitäten ich noch habe.“
„ Oha, du machst mir ein bisschen Angst.“
„ Du wirst nur positiv überrascht sein, bestimmt. Vielleicht fangen wir mit meinen Qualitäten als Koch an? Wie wärs, wenn ich rasch den Grill anstecke? Ich hab noch ein paar Steaks da und könnte einen Salat machen. Nur Baguette müsste ich aufbacken.“
„ Hört sich lecker an, was kann ich machen?“
„ Lass mich überlegen. Du kannst hier sitzen, mir Gesellschaft leisten und Mut zusprechen, wenn das Feuer nicht angeht.“
Jenny musste unwillkürlich lachen. „Das könnte mich überfordern, aber ich geb mir große Mühe.“
„ Gut, dann fang ich mal an.“
In kürzester Zeit hatte er den Grill angefeuert und war in der Küche verschwunden, um den Salat zuzubereiten.
„ Jenny?“
„ Ja?“
„ Kannst du im Garten ein paar Tomaten und Kräuter holen? Ich hab da eine Schale hingestellt.“
„ J a, sicher.“ Sie schlenderte ans andere Ende des Gartens und schritt die Tomatenpflanzen ab. Hier und da pflückte sie einzelne und beglückwünschte sich dazu, dass sie auch einige Kräuter erkannte, die sie abzupfte.
Langsam lief sie zurück zum Haus und plötzlich schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass sie trotz der unangenehmen Eröffnung heute Morgen seit langen Jahren nicht so glücklich gewesen war, wie im Moment.
Sie seufzte, hoffentlich dauerte das Glück lange an.
Z umindest für diesen Abend und diese Nacht tat es das. Sie aßen auf der Terrasse bei Kerzenlicht. Dunkelheit war mittlerweile hereingebrochen. Nachher unterhielten sie sich lange und erzählten sich aus ihrer beider Leben oder schwiegen gemeinsam. Irgendwann nahm Paul ihr das Glas aus der Hand und trug sie nach oben ins Schlafzimmer. Wieder erlebte sie eine unvergleichliche Nacht und es wurde spät, bis beide einschliefen. Diesmal klingelte der Wecker für sie. Leise stand sie auf, um Paul nicht zu wecken. Sie wollte ihn schlafen lassen, obwohl er angeboten hatte, mit ihr aufzustehen und ihr Frühstück zu machen. Es hatte etwas Vertrautes, ihre Sachen zusammenzusuchen, durchs stille Haus zu laufen und alleine an der Küchentheke Kaffee zu trinken, während Paul oben noch schlief. Als würde sie hierhergehören. Sie duschte schnell und zog sich an, dann war es auch schon Zeit, ins Kommissariat zu fahren. Heute würde sie nicht breit grinsend hinein marschieren. Die Erinnerung an die Gesichter ihrer Kollegen von gestern reichte ihr noch.
Tag 11, Mittwoch
Im Büro war sie die Erste, konnte in Ruhe Kaffee aufsetzen und sich mit einer Tasse an die Unterlagen setzen. Erst gegen halb neun trödelten Sascha und kurz darauf Logo ein.
„ Wo bleibt ihr denn? Kaum ist die Katze aus dem Haus...“
Während Sascha irritiert schaute, grinste Logo nur.
„ Ich brauch dich ja nicht zu fragen, obs dir wieder besser geht. Ein Glück. Wir haben gestern noch ewig an Saschas Auswertung gesessen.“
Jenny blickte Sascha fragend an. „Und? Hattet ihr E rfolg?“
Er blickte verlegen. „ Noch nicht wirklich. Ich dachte, wir könnten das vielleicht dem Psychologen vorlegen?“
„ Gute Idee. Ich hoffe, es ist nicht zu viel. Ich weiß nicht, wie viel Zeit er investieren kann. Er kriegt ja schließlich nichts dafür. Aber fragen können wir ihn.“
Erleichtert blickte er sie an. „In Ordnung.“
„ Und wir müssen alle neuen Infos immer gleich hinzufügen. Vielleicht ergibt sich dann ein Bild, das auf jemanden hindeutet.“
Während Sascha und Logo sich vom Kaffee bedienten, setzte sich Jenny an ihren PC und checkte ihre Mails. Wie immer gab es eine wilde Mischung von Werbemails, Anfragen, Grüßen von Freunden und offiziellen Mitteilungen. Ein Absender fiel ihr direkt ins Auge, weil sie so gar nichts mit ihm anfangen konnte. DerUnbekannte . Was sollte das? Neugierig klickte sie auf Lesen. „Werte Frau Kommissarin. Vielleicht sollten Sie dem guten Doktor Possmann mal genauer auf die Finger schauen. Er ist äußerst interessiert an kleinen Jungen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Fragen Sie seine Exfrau. Ein guter Bürger.“
“ Hört euch das an.” Jenny las die Mail laut.
„ Von wem kommt sie?“
„ Der Absender nennt sich Der Unbekannte , wahnsinnig originell. Kann man sowas rückverfolgen?“
„ Prinzipiell ja , aber die kommt bestimmt aus einem Internetkaffee. So schlau ist heut jeder. Ob das über Possmann stimmt? Auffällig ist er nicht geworden, das haben wir doch überprüft?“
„ Stimmt Logo, aber das heißt ja nichts.
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