Mörderisch verliebt: Roman (German Edition)
ich zu Solbergs Verschwinden besser keine weiteren Nachforschungen mehr anstellen sollte. Die Probleme standen mir nun wirklich bis zum Hals. Keine Ahnung, worauf ich mich da bloß eingelassen hatte, und dabei mochte ich Solberg nicht einmal. Eigentlich hasste ich ihn sogar. Elaine würde genauso über ihn hinwegkommen, wie sie die Masern in der zweiten Klasse überstanden hatte.
»Ms. McMullen?« Emery Black, seines Zeichens Executive Supervisor, erhob sich, als ich sein Büro betrat. Er lehnte sich über seinen Schreibtisch und gab mir die Hand. Solbergs Boss hatte einen Händedruck wie der Terminator.
»Ja. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben«, sagte ich und hörte mich ziemlich vernünftig an, wie ich fand. Andererseits trug ich Taupe. Eine taupefarbene Bluse, einen taupefarbenen Rock, taupefarbene Schuhe. Gescheiter und geistreicher als in Taupe konnte man einfach nicht aussehen, selbst wenn man Riemchensandalen mit acht Zentimeter hohen Absätzen anhatte und seine Zeit damit verbrachte, grundlos über anderer Leute Rasen zu hetzen.
Emery Blacks Büro war hell, groß und von Tageslicht durchflutet. Aber wie sollte es auch anders sein? NeoTech Inc. war im Grunde eine Glaspyramide, deren innovative Gestaltung bei den Architekten von L. A. bis Boston bekannt war. Das oder Ähnliches hatte mir die Empfangsdame erzählt, mit der ich fünf sehr informative Minuten verbracht hatte.
Leider hatte sie mehr über die Architektur zu berichten gewusst als über Solbergs Abwesenheit.
Ich schaute mich in dem palastartigen Büro um. Teure Drucke, von denen die meisten das sprichwörtliche Hinaufklettern der Karriereleiter abbildeten, schmückten Blacks Wände. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass er selbst ziemlich sicher auf der obersten Sprosse saß. Von seinem Büro her zu schließen hatte er Geld, Macht, Familie und alles andere. Professionell gerahmte Bilder von Zwillingen zeigten zwei junge Männer, die mit Quasten versehene Doktorhüte und Talare trugen. Ich nahm an, dass es sich um seine Söhne handelte.
Aber nichts deutete auf eine Ehefrau, Freundin oder Geliebte hin. Und er trug auch keinen Ring an der linken Hand. Hmmm. Erfolgreich, fester Händedruck und allein stehend. Was wünschte sich ein Mädchen mehr?
Es war Mittwoch, zwei Tage nach Riveras Besuch bei mir. Was bedeutete, dass ich achtundvierzig Stunden damit verbracht hatte, mir einzureden, dieses blöde Problem zu vergessen. Aber Solberg war immer noch nicht aufgetaucht. Zu Hause hatte ich die CD in meinen Computer eingelegt, aber die komischen Kauderwelsch-Daten-reihen, die daraufhin auf meinem Bildschirm auftauchten, hätten genauso gut Hieroglyphen sein können. Daher hatte ich die CD in der Küche unter der Spüle versteckt, wohin sich nur die Wagemutigsten trauten, und einen Termin bei Emery Black gemacht, weil ich mir ziemlich sicher war, dass es bei NeoTech irgendwen geben musste, der etwas Licht in die Düsternis meiner Unwissenheit bringen könnte.
Erneut ließ ich meinen Blick durch sein Büro schweifen, vielleicht, weil ich seine Persönlichkeit analysieren wollte, vielleicht aber auch, weil ich einfach nur neugierig war. Manchmal kann man das nicht so genau voneinander unterscheiden.
Eine schöne Dracaena prangte vor der Fensterfront, die nach Osten zeigte. Auf einem Perserteppich im hinteren Teil des Raumes stand ein kleiner Teakholztisch mit drei Stühlen und auf dem Tisch eine umgekehrte Birne aus Gold, die wiederum auf einem Porzellansockel mit einer Inschrift thronte, die ich aber auf die Entfernung nicht mehr entziffern konnte. Vielleicht war die Birne auch ein goldener Wasserballon oder Ähnliches …
Black räusperte sich. »Sie sind also eine Freundin von J. D.?«
»Nein.« Ruckartig lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn, merkte aber, dass ich mit meiner Antwort zu schnell gewesen war und dies in manchen Kreisen vielleicht als unhöflich aufgefasst werden konnte. Sagen wir mal, in Kreisen, die Solberg eben nicht als kleinen, nervigen, verwachsenen Deppen sahen. »Also, ich meine …« Ich lächelte ihn an, setzte meine Handtasche auf den Boden und ließ mich auf dem Stuhl nieder, auf den er gedeutet hatte. »Er ist eher der Freund eines Freundes.«
»Ich verstehe.« Er setzte sich an seinen Schreibtisch, der groß genug war, um darauf Rollschuh zu fahren. »Und wie kann ich Ihnen behilflich sein?« Er stützte die Arme auf, faltete die Hände und sah mich über seine Knöchel hinweg an. Er
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