Mörderische Lust: Erotischer Thriller (German Edition)
soll.
„Ach wissen Sie, Frau Fenske, wenn man irgendwelche Psychologen oder Soziologen oder wer auch immer solche Studien macht, fragen würde, würden sie wahrscheinlich das Verhalten eines Hooligans damit erklären, dass es eine Art Rebellion gegen die Gesellschaft wäre.“
Das Schulterzucken und das schelmische Grinsen auf seinem Gesicht verraten, dass Tom dies eher mit Ironie sagt und dieser Erklärung keine sonderliche Ernsthaftigkeit schenkt. Ich mag Männer mit Ironie, aber warum mache ich mir Gedanken darüber, ob ich ihn mag oder nicht?
„Der wahre Grund, warum ich Hooligan wurde, liegt in dem Kick, den ich daraus ziehe, mit physischer Gewalt zu zeigen, dass ich stärker bin als der Gegner. Auch der Zusammenhalt in der Gruppe hat natürlich einen gewissen Reiz. Es ist schwer zu beschreiben, wenn man es selbst nicht erlebt hat, aber das Zelebrieren von Gewaltritualenund das Kultivieren einer Ästhetik der Aggressivität sind eigentlich die bestimmende Elemente der Hooligan-Kultur.“
Es ist geradezu unterhaltend zu erleben, wie Tom seine Sprache von seinem jugendlichen Jargon zu einer anspruchsvolleren Ausdrucksweise ändert. Nicht umsonst hat er so gute Deutschnoten und, wenn ich mich nicht täusche, schreibt er regelmäßig für die Schulzeitung. Tom kann natürlich nicht erahnen, dass ich sehr wohl weiß, was es bedeutet, Gewalt aktiv zu praktizieren und welchen Reiz es auf mich ausübt.
„Ästhetik und Hooligan-Kultur sagst du?“
„Ja, unter Hooligans gibt es Regeln. Einen Ehren-Kodex. Keine anderen Zuschauer einer Veranstaltung, sondern nur gegnerische Hooligangruppen sollen angegriffen werden. Das Fußballspiel selbst spielt eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. Ich gehe nicht einmal zu jedem Spiel, wissen Sie. Hooligans nehmen oft nicht als Zuschauer teil, sondern verabreden sich mit anderen Hooligangruppen außerhalb davon oder suchen die Begegnung im Umfeld der Stadien. Klar bei richtig echten Hooligans ist, dass Personen, die auf dem Boden liegen, nicht weiter geschlagen werden dürfen und, anders als die meisten Leute denken, der Gebrauch von Waffen und Gegenständen verboten ist.“
Tom könnte sich offenbar nicht im Weitesten vorstellen, welche Gewalt ich im Stande bin auszuüben. Nur, ich lebe auch nicht nach einem Ehren-Kodex.
„Wenn es so ist, dann kann ich dich wohl nicht engagieren, falls ich mal jemanden bräuchte, um irgendwelche Leute, die mich nerven, windelweich zu prügeln,“ sage ich lakonisch und lache dabei.
„Sie brauchen es mir nur zu sagen und ich mache es sofort.“
Seine Antwort kommt mit einer solchen Bestimmtheit, dass ich keine Ironie erkennen kann. Ehren-Kodex hin, Ehren-Kodex her, er würde es tatsächlich machen, wenn ich ihn darum bitten würde. War das Gespräch mit meinem Schüler bisher interessant, da dieser männliche Aggressions- und Gewaltkult einen gewissen Unterhaltungswert besitzt, über den ich innerlich ironisch lachen könnte, merke ich plötzlich, wie mein Interesse an Tom steigt. Er wäre bedingungslos bereit, auf mein Geheiß hin jemanden zu verprügeln? Ja, der Junge gefällt mir.
„Und was wäre mit deinem Ehren-Kodex?“
„Na ja“, sagt Tom grinsend, „der Kodex gilt nicht mehr für mich. Ich bin seit dem letzten Herbst aus der Hooliganszene ausgestiegen. In letzter Zeit werden die Grenzen des Ehren-Kodex sowieso zu oft missachtet. Das war früher hauptsächlich nur in Ost- und Südeuropa der Fall, aber inzwischen kommt es auch in Deutschland teilweise zu blinder Gewalt mit vereinzeltem Einsatz von Hieb- und Stichwaffen. Diese Kacke ist echt nicht das, was ich gebrauchen kann. Nach meinem Geschmack mischt zu viel rechtsradikales Gesocks mit und das nicht nur in den neuen Ländern, wo sie doch alle Neonazi-Drecksäcke sind. Das nimmt immer mehr auch hier zu. Das hat meiner Meinung nach nichts mehr mit Hooligans zu tun. Also, wie gesagt, falls Sie jemanden zum Fresse polieren brauchen, lassen Sie es mich wissen. Ich mache es Ihnen zuliebe umsonst.“
Ja, Tom gefällt mir wirklich, aber was will der Kerl eigentlich? Um mir seine Prügeldienste anzupreisen, ist er wohl nicht gekommen und ich kann mich nicht erinnern,dass Schüler sich einfach zu mir hinsetzen und Small Talk anfangen. Nicht, dass es mich sonderlich stört. Tom habe ich noch nie als unangenehm empfunden. Seine Beiträge im Englischunterricht sind meistens einigermaßen geistreich und manchmal direkt witzig. Auch die kleine Unterrichtsstunde in Sachen
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