Mörderspiel
Farbe umgebracht, und natürlich übernehmen wir alle eventuell notwendigen Reinigungskosten. Sonst noch Fragen?“
„Sicher“, meldete sich Joe Johnston zu Wort. „Selbst wenn ich nicht der Mörder sein sollte, darf ich Susan trotzdem erschießen?“
Gelächter erhob sich und verebbte, als Susan strafende Blicke durch den Saal schleuderte. „Du stehst auch ganz oben auf meiner Abschussliste, Joe“, versprach sie ihm zuckersüß. Sie zielte mit dem Zeigefinger auf ihn und machte ein Plop-Geräusch, als würde sie eine Waffe abdrücken. „Und dann wirst du mit etwas viel Schlimmerem als roter Farbe bedeckt sein!“
„Kommt, kommt, Kinder, benehmt euch“, mahnte Anna Lee Zane nachdrücklich.
„Schon gut, tut mir Leid“, entschuldigte sich Joe.
Anna Lee schüttelte den Kopf, als sei es ebenso schwer, mit Autoren umzugehen, wie mit ungezogenen Kindern.
Jon erhob sich. „Wenn ihr mich bitte entschuldigt, ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen. Bitte fühlt euch wie zu Hause. Wir treffen uns morgen früh um neun hier wieder. Für alle Frühaufsteher steht ab sechs Uhr Kaffee auf dem Buffet bereit.“
Er verließ die große Halle und schloss die Doppeltüren hinter sich. Sabrina sah ihm nach, nagte an ihrer Unterlippe und wünschte plötzlich, sie wäre nicht gekommen.
Brett legte auf dem Tisch seine Hand über ihre. „Möchtest du dir mein Zimmer ansehen?“ fragte er hoffnungsvoll.
Sie zog die Hand zurück und musste lächeln, weil er wie ein Kind sein konnte, beharrlich und unfähig, eine Niederlage einzusehen.
„Nein, ich gehe zu Bett.“
„Das kannst du auch mit mir.“
„Um zu schlafen. Ich gehöre zu den Gästen mit Jetlag. Ich bin gestern Abend spät in London angekommen und war erst heute Nachmittag hier. Ich bin müde.“
„Also gut. Ich bin gleich neben dir. Wenn du also deine Meinung änderst, oder wenn es in der Nacht anfängt zu poltern.“
„Danke, ich werde daran denken.“ Sie winkte den anderen zum Abschied zu und verließ ebenfalls die Halle.
Das Foyer des Schlosses und die herrliche Treppe waren leer. Da die Türen zur Bibliothek und zur Halle geschlossen waren, fühlte Sabrina sich plötzlich sehr allein in dem alten Gebäude.
Sie eilte die Treppe hinauf und den oberen Flur mit seinen normannischen Torbögen entlang zu ihrem Zimmer.
Das war riesig, hatte jedoch trotz Modernisierung sein historisches Flair bewahrt und verströmte eine unglaubliche Wärme und Behaglichkeit. Das Bett stand auf einem mit dickem Teppich belegten Podest. Schwere Vorhänge vor den Balkontüren hielten kalte Zugluft ab. Einbauschrank und Bad waren ebenfalls geräumig, und neben dem massiven Kamin stand ein antiker Schreibtisch. Im Kamin war ein Feuer entzündet worden, das jetzt hell brannte. Als sie eingetreten war, zögerte sie kurz an der Tür und schob dann sorgfältig den Riegel vor.
Sie schüttelte die Schuhe von den Füßen, zog die Strümpfe aus und ging barfuß zu den gläsernen Balkontüren, die die Nacht ausschlossen. In der Ferne erkannte sie hügelige Felder, die schimmernde Oberfläche des kleinen Sees und die dunklen Grate der Berge weit dahinter. Der Ausblick war selbst bei Mondschein atemberaubend schön. Diese Reise war die Chance ihres Lebens.
Trotzdem – sie hätte nicht kommen sollen.
Sabrina atmete tief und zittrig ein. „Also“, fragte sie sich halblaut, „bist du hergekommen, um dich zu überzeugen, dass deine kurze, schillernde Affäre mit ihm vollkommen vorbei und vergessen ist? Oder hast du gehofft, ungeachtet der Konsequenzen noch einmal mit ihm zu schlafen?“
Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Wie demütigend. Würde er noch einmal mit ihr schlafen wollen? Zweifellos hatte sie den Ruf, etwas… flatterhaft zu sein. Man bedenke nur, wie sie Brett verlassen hatte, einfach nackt davonzulaufen…
Seltsam. Brett war okay. Es gefiel ihr, dass sie noch Freunde waren. Irgendwie war es sogar schmeichelhaft, dass er ihr immer noch nachstieg. Was er damals getan hatte, war schlimm gewesen, aber sie hatte sich auch nicht einwandfrei verhalten. Sie hatte ihn geheiratet, ohne ihn wirklich zu lieben.
Weil sie natürlich in Jon Stuart verliebt gewesen war.
Eine kühle Brise umfing sie, und sie erinnerte sich an ihren ersten Besuch in New York. Sie war auf einer Party gelandet, die ihr Verleger für einen anderen Autor gegeben hatte, dessen Stück soeben am Broadway herausgekommen war. Sie hatte keine Ahnung gehabt, wer der gut aussehende Mann war,
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