Mörderspiel
Windhauch sie umpusten. Doch sie umarmte Sabrina mit erstaunlicher Kraft, was Gerüchte bestätigte, dass sie ein zäher alter Vogel sei. „Wie schön, Sie hier zu haben, Sabrina! Jon, wie ist es dir bloß gelungen, dieses hübsche junge Ding zu überreden, einen morbiden, einsiedlerischen alten Mann wie dich in seinem verfallenen Schloss zu besuchen?“
„Auf dieselbe Weise, wie ich dich überredet habe, du alte Streitaxt“, neckte er liebevoll. „Ich habe ihr eine Einladung geschickt.“
„Es ist wunderbar, dass Sie hier sind, Sabrina. Wir brauchen einfach frisches Blut auf diesen Veranstaltungen!“ sagte Reggie.
„Dann wollen wir hoffen, dass wir nicht neues Blut vergießen, was?“ spöttelte Susan und kam boshaft lächelnd auf die Gruppe zu.
„Lasst uns essen – ich bin am Verhungern!“ rief V.J. vom anderen Ende des Raumes. „Jon, du hast doch das Dinner angekündigt, oder? Wenn wir nicht bald essen, werden wir alle dahinscheiden, und das auf gar nicht mysteriöse Weise.“
„Tödlicher Gedanke!“ konterte Joe Johnston.
„Töten! Darum geht’s doch hier“, entgegnete Reggie.
„Richtig, Jon, lass uns essen“, bekräftigte Brett. „Ach übrigens, glaubst du, dass wir ein paar Bierchen haben könnten? Dieser Champagner ist nichts für mich. Wie ist es mit dir, Thayer?“
„Die Bar in der großen Halle ist gefüllt mit Bier vom Fass und allen möglichen einheimischen und importierten Sorten in Flaschen. Bedient euch“, forderte Jon sie auf.
Er sah Sabrina an, und seine Augen waren seltsam dunkel, als er sie studierte und abschätzte und dabei irgendwie abweisend wirkte.
„Entschuldigen Sie mich bitte“, sagte er plötzlich und ging davon.
4. KAPITEL
R eggie Hampton hakte sich bei Sabrina unter. „Meine Liebe, Sie sind eine frische Brise hier. Sagen Sie mir, wie es Ihnen seit Juli ergangen ist.“
Sabrina bemühte sich, Jon Stuart nicht nachzusehen, während er davonschritt. Sie zwang sich, ihre Aufmerksamkeit Reggie zu widmen, und erzählte begeistert: „Ich war zu Hause und habe meine Familie besucht.“
„Auf der Farm?“
„Ja. Ich habe inzwischen ein Apartment in New York. Aber ich bin eine Weile bei meiner Familie und meiner Schwester geblieben. Sie hat ein Baby bekommen, ihr erstes. Ein Junge. Natürlich sind wir alle ganz begeistert. Ich bin einige Monate nach der Geburt dort geblieben, um zu helfen.“
„Sie sollten bald selbst Kinder haben.“
„Reggie, heutzutage hat nicht mehr jede Frau Kinder.“
„Aber Sie wollen doch Kinder, oder?“
„Ja, irgendwann, wenn die Zeit reif ist.“
„Werden Sie Brett wieder…“
„Nein. Genug jetzt von mir, Reggie. Wie geht es Ihrer Familie?“
Reggie berichtete kurz von ihren Söhnen, Enkelsöhnen und der neuen Enkeltochter. Unterdessen schlenderten sie zur großen Halle hinüber, in der das Dinner serviert wurde. Die anderen hatten sich bereits um die Bar versammelt und holten sich Drinks.
Brett tauchte wieder auf, um Sabrina mit einem Gin Tonic zu versorgen, und flüsterte ihr dabei glücklich zu, dass er die Platzkarten vertauscht habe, damit sie am Tisch zusammensitzen konnten. Sie setzten sich, und es gab ein vorzügliches Essen mit Fasan und Fisch. Während der Mahlzeit wurde so viel geredet und gelacht, dass man sich an ein Klassentreffen erinnert fühlte. Nach einer Weile erhob sich Jon, dankte ihnen noch einmal für ihr Kommen und erinnerte sie, dass sie nicht nur zum Spaß hier waren, sondern auch zum Wohle der Kinder. Jeder Autor hatte sich eine bestimmte Wohlfahrtseinrichtung für Kinder ausgesucht, und der, der das Rätsel um den Mordfall löste, strich für seine Organisation den Löwenanteil der Spenden ein.
„Wann fangen wir an?“ rief Thayer.
„Morgen früh“, antwortete Jon. „Alle, die ausreichend Energie haben, dürfen den Abend gern für Gespräche miteinander nutzen. Alle, die durch die Zeitverschiebung erschöpft sind, dürfen gern schlafen. Ansonsten verläuft alles ziemlich so wie in den vorangegangenen Jahren. Camy und Joshua haben die Einzelheiten ausgearbeitet. Ich weiß genauso wenig, wer der Mörder ist, wie ihr. Morgen früh bekommt jeder die Charakterisierung seiner jeweiligen Rolle und eine Beschreibung der Situation. Irgendwer wird erfahren, dass er oder sie der Mörder ist, und dann muss er sich an die Arbeit machen, ehe er entdeckt wird. Der Mörder erhält auch eine Liste, in welcher Reihenfolge er seine Opfer umzubringen hat. Die ‚Opfer’ werden mit auswaschbarer roter
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