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Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Titel: Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Horvath
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Schleifstein, den sie aus ihrem jungfräulichen Dekolleté zieht.
    Schweißgebadet erwache ich aus meinem Traum, es ist 0.49 Uhr, mein schöner schwarzer Schwängerschwanz, er ist noch da, steil ragt er in die Höhe und bildet den höchsten Gipfel der Deckenlandschaft, es gibt also doch einen schützenden Gott auf dieser Welt! Derselbe Gott oder einer seiner Kollegen hat mir allerdings auch rasende Kopfschmerzen beschert, und so liege ich eine Weile wach im Bett. Djaafar schnarcht heute zum Glück sehr dezent, das Schwein, mit dem er sich sonst im Bett suhlt, scheint Ausgang zu haben. Yayas Atem geht ruhig und gleichmäßig, von Kamal, der ja seit Kurzem unser vierter Zimmergenosse ist, ist gar nichts zu hören, dafür hallen schon wieder die unverkennbaren Paarungsgeräusche von Taisa und Magomaz durch den Innenhof.
    Ich hab’ von dir geträumt, flüstere ich Nino am nächsten Tag im Deutschkurs zu. Sie tut, als müsse sie gähnen, und schenkt mir einen gelangweilten Blick. Darf ich raten – du hast im Traum mit mir gevögelt, stimmt’s? Gleich drei Mal, gebe ich zurück. Drei Mal nur? Schwächling, ich hätte wirklich mehr von dir erwartet. Naja, ich hatte Kopfschmerzen, und außerdem standen die Frauen Schlange, weißt du. Sie verdreht die Augen und wendet sich von mir ab.
    Reflexive Verben stehen heute auf dem Lehrplan, Ich wende mich mit Grauen ab, du wendest dich mit Grauen ab, er/sie/es wendet sich mit Grauen ab. Was ist mit Nicoleta, frage ich Nino. Nicoleta ist nicht zum Kurs erschienen. Sie ist gestern Abend mit ihrer Reisetasche abgehauen, flüstert Nino, die das Zimmer mit ihr teilt. Ich muss wieder an meinen Traum denken: Nicoleta war die Einzige, die darin nicht vorkam, oder vielmehr sagte Alenka, dass sie fortgegangen sei und demnach von mir leider nicht geschwängert werden könne. Hat sie gesagt, wohin sie geht? Nino schüttelt den Kopf. Wir sprechen sowieso nicht allzu viel miteinander, sagt sie. Nino, Ali, unterbricht uns Lukas Neuner, könnt ihr bitte das Flirten auf später verschieben? Ich überlege, ob ich ihn auf Mira ansprechen soll, Lukas, Mira, könnt ihr bitte das Flirten aufs nächste Leben verschieben, besinne mich aber dann eines Besseren. Ich denke auch kurz darüber nach, seine Backfischfangversuche bezüglich Nino zu erwähnen, doch auch dazu ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Ich bin nicht sicher, dass ich mich so lange zurückhalten kann, gebe ich zurück, du weißt schon, die Hormone bei Jugendlichen … Versuch’s wenigstens, sagt Lukas Neuner seufzend und fährt fort, uns mit Reflexivverben und -pronomen zu bewerfen. Ich schlage mich, du schlägst dich, er/sie/es schlägt sich, wer schlägt hier wen und wann schlägt’s endlich dreizehn, damit der Unterricht zu Ende ist?
    Beim Mittagessen ist Nicoletas Verschwinden das Thema Nummer eins. Es ist an sich nichts Außergewöhnliches, dass der eine oder die andere aus unserer Schar eine Nacht lang ausbleibt, ohne sich abzumelden, es gibt dafür Schelte und die Androhung irgendwelcher Konsequenzen, wenn man wieder auftaucht, Leute, wir sind hier kein Hotel, ist einer der Lieblingssätze des Onkels, doch damit hat sich’s meist auch schon. Nicoleta war allerdings noch nie über Nacht weg, in ihrer höflichen und rücksichtsvollen Art würde sie überhaupt nie etwas tun, was unsere Betreuer vor den Kopf stoßen könnte, zumindest nicht absichtlich. Ungewöhnlich ist außerdem, dass sie alles, was sie besitzt, in ihre kleine Reisetasche gepackt hat – und das, nachdem sie gestern sichtlich verstört war.
    Afrim ist überzeugt, dass sie entführt wurde, Djamila fürchtet, sie könnte in einen Unfall verwickelt worden sein, die ganz und gar herzlose Nino meint, sie wäre sicher nur deshalb abgehauen, um sich den heutigen Putzdienst zu ersparen. Nicoleta, so viel ist klar, gehört zu jenen komplizierten Fällen, deren Geschichten sich nicht so mir nichts, dir nichts, ihm nichts, ihr nichts erfassen lassen.

7
    Manche von euch haben ja schon Erfahrungen mit dem Internet gesammelt, sagt Herbert Leitner, seit Kurzem unser EDV -Lehrer, wir haben uns beim letzten Mal einige Websites angesehen, heute möchte ich euch ein paar Tipps geben, wie man mit Suchmaschinen umgeht. Hat jemand eine Idee für eine Suchabfrage? Er lässt den Brillenblick über mich und zehn andere Jugendliche schweifen, nicht alle davon wohnen im Leo, einige kommen auch von »unten«, haben also Eltern oder sonstige Familienangehörige im Haus. Die Antwort:

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