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Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Titel: Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Horvath
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Beziehung, frage ich, alles in Ordnung? Wieder ein Lächeln, ein wenig gönnerhaft diesmal. Nino wirft ihm einen bösen Blick zu, auch ihr ist sein Flirt mit Mira nicht entgangen. Es ist ja wirklich schade, dass es zwischen Mira und mir auf Dauer nicht funktioniert hat, fahre ich fort, aber das lag sicher nicht am Sex, das muss fairerweise gesagt werden, denn der war immer toll. Die Kinnladen fliegen heute wieder tief, die Lukas’sche fängt sich knapp über dem Boden, sie reißt das Lächeln mit sich in die Tiefe, während ich von Miras sexuellen Vorlieben erzähle. Also die Löffelstellung, die mochte sie immer am liebsten, habt ihr die schon probiert? Nino erwacht langsam aus ihrem Vormittagstaumel, der böse Blick hat sich in ein genüssliches Grinsen verwandelt: Nur weiter so, sagt dieses Grinsen zu mir. Allerdings, füge ich mit einem taxierenden Blick auf die Neuner’sche Körpermitte hinzu, die Löffelstellung macht natürlich nur Sinn, wenn man halbwegs gut bestückt, das Gliedmaß also nicht zu mäßig ist. Mit einem Neuner-Schlüssel, füge ich hinzu, kommt man da wohl nicht weit.
    Es dauert eine Weile, bis die Kinnlade wieder ihren Weg nach oben findet und ihrem Träger ein sich überlegen gebendes Lächeln ermöglicht. Hast du noch weitere Tipps, fragt der Lehrer mit verschränkten Armen. Ja, sage ich, lass dir Zeit, sie hat es gern sehr, sehr langsam. Und beim Cunnilingus …, will ich fortsetzen, doch da zieht mich Nino Richtung Aufzug davon, und auf dem Weg vom Erdgeschoss in den vierten Stock wackelt der Lift von unserem Gelächter. Murad fährt mit uns, er mustert uns schweigend, in seinem Talibanblick liegt Verachtung, und seine Miene erhellt sich auch nicht, als ich extra für ihn Hey Mista Taliban, tally me banana anstimme.
    Als sich die Tür im vierten Stock öffnet, schlägt uns ein stechender Geruch entgegen, der einem den Atem raubt, Tränengas, jetzt ist es so weit, sie setzen Tränengas ein, um uns auszuräuchern, doch nein, es ist nur irgendein Bindemittel, das die Bauarbeiter im Treppenhaus verwenden. Über die Arbeiter beschwert sich auch Amal beim Mittagessen, es gebe ein oder zwei, die ständig zum Fenster hereinstarrten, man könne sich ja nicht einmal mehr in seinem Zimmer umziehen. Bis jetzt, so muss man nämlich wissen, waren im letzten Stock keine Vorhänge nötig, da es kein gegenüberliegendes Haus gibt. Unsere Zimmer auch, pflichtet Nino bei, aber mir ist egal, fügt sie schulterzuckend hinzu. Das sieht Rotkäppchen wieder ähnlich, sie gibt wahrscheinlich sogar eine tägliche Stripteaseshow für die kräftigen Herren vor ihrem Fenster, Komm doch, du böser Wolf, komm nur, wenn du dich traust, steig von deinem Gerüst herunter und friss mich, ich bin ein UMF , ein Unbekleideter Minderjähriger Flüchtling … Keiner meiner vor sich hin mampfenden männlichen Mitbewohner sagt etwas, doch ich merke, dass sie sehr, sehr aufmerksam zuhören. Es klickt und surrt plötzlich in ihren Köpfen, Gerüst, Fenster, Umziehen, Mädchen, bisher hatte die Fantasie in diesen Bauernhirnen nicht ausgereicht, um zwischen den Begriffen eine Verbindung herzustellen, doch nun … Was die Arbeiter können, das können wir noch viel besser, so ist auf ihren Stirnen plötzlich zu lesen, und selbst in Kamals Augen ist einen Moment lang ein Anflug von menschlicher Intelligenz zu erahnen.
    Afrim betritt das Refektorium, Sei gegrüßt, o Bruder, und holt sich seine Portion Fischstäbchen. Kaum hat er sich gesetzt, versucht er wie üblich, Mittelpunkt des Universums zu sein. Diesmal ist dabei nicht das Telefon das Mittel seiner Wahl, sondern seine neue Jacke, jeder muss sie berühren, jeder muss ausprobieren, wie weich das feine Leder ist. Woher hast du Geld, fragt Adolphe mit neidischem Blick, neue Jacke, neue Telefon, wie machst du? Ich hab’ Wette gewonnen, Sportwette, erklärt Afrim, während er das Essen in sich hineinstopft. Afrim ist nicht der Einzige aus unserem Haus, der sich in Wettcafés herumtreibt, in diesen in müdes Neonlicht getauchten Etablissements mit dem Geruch von Schweiß und Zigarettenrauch, angefüllt mit Menschen, die verzweifelt den schnellen Gewinn suchen, weil sie nicht mehr viel zu verlieren haben. Ich gewinne immer, prahlt er großspurig, andere verlieren, ich gewinne. Du kannst nicht immer gewinnen, reagiert Tomo verärgert. Wettcafé ist für Minderjährige verboten, wendet Kamal ein. Ist scheißegal, gibt Afrim mit vollem Mund zurück. Als er seine Portion zu Ende gegessen

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