Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
ein völlig neues Outfit, von den Haaren bis zu den Zehenspitzen, wenn Sie so wollen, haha. Damit verhelfen wir unseren Kunden zu einem ultimativen Karrierekick. Wissen Sie, das ist im Moment der Renner.«
»Interessant«, meint Hofstätter und nickt. »Manche Leute scheinen so etwas tatsächlich nötig zu haben. Na, ich habe da ja Gott sei Dank keinen Bedarf«, sagt er dann, und Alexander Schwarz und ich glotzen auf seine Schnittlauchhaare und den marineblauen Anzug mit der viel zu kurzen Hose. »Gut, Frau Becker, dann kann ich mit dem Eingang auf Ihr Konto ja wohl bis spätestens nächste Woche rechnen?« Ich nicke beflissen. »Und Sie …«, er feuert einen strengen Blick auf Alexander Schwarz ab, »… sehen zu, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Machen Sie den EDV-Typen mal so richtig Dampf!«
»Das werde ich, darauf können Sie sich verlassen«, erwidert der mit undurchdringlicher Miene.
Nachdem Hofstätter gegangen ist, bleibt es erst mal lange still.
»Ich denke, Sie schulden mir ein paar Erklärungen«, meint Alexander Schwarz dann.
»Ja, ich weiß. Also …« Ich räuspere mich verlegen. »Wo genau soll ich anfangen?«
»Wie wär’s mit der Stelle, an der ich angeblich irgendwas in der Buchhaltung verbockt habe?«
»Ja, also, das ist … das muss Ihnen jetzt natürlich vorkommen wie … Vielleicht sollten wir erst mal was trinken«, weiche ich aus.
»Gute Idee. Ich könnte jetzt ein Bier vertragen.«
»Bier gibt’s nicht in unserer Cafeteria«, kläre ich ihn auf.
»Wie, keinen Alkohol?«, fragt er verwundert.
»Doch, doch, aber nur Sekt, Champagner und Cognac, glaube ich. Entsprechend dem elitären Gedanken von Winners only, wissen Sie?«
»Hm, ich fühle mich aber gar nicht so elitär«, meint er. »Ich hätte jetzt am liebsten ein durch und durch ordinäres Bier. Können wir nicht woanders hingehen?«
Eigentlich hätte ich gar nichts dagegen. Im Moment habe ich ohnehin die Nase voll von diesem Laden, und wer weiß, wer im nächsten Moment noch alles hier auftaucht.
»Gleich um die Ecke ist ein Lokal«, schlage ich vor. »In dem war ich zwar noch nie, aber von außen sieht es ordinär genug aus für Bier.«
»Na, bestens«, meint Alexander Schwarz.
Als wir das Down Under betreten, wird mir klar, warum ich es bisher instinktiv gemieden habe. Es ist eine düstere Spelunke in einem alten Kellergewölbe, und als wir die Treppe hinuntersteigen, würde ich am liebsten gleich wieder gehen.
»Ich weiß nicht, ob das das Richtige ist«, flüstere ich skeptisch.
»Wieso? Sieht doch gut aus«, meint Alexander Schwarz mit einem Blick auf ein Paar, das gerade ein riesiges gebratenes Tier verdrückt. »Außerdem haben wir hier mit Sicherheit unsere Ruhe vor aufdringlichen Typen wie diesem Hofstätter.«
Ich schweige betreten, und wir setzen uns an einen Tisch in der hintersten Ecke. Ein riesiger Mann mit langen Haaren und offenem Hemd erscheint und stellt sich als Spider vor. Sein Hemd steht vorne weit offen, und er hat einen feuerroten Drachen auf die Brust tätowiert, der durch den langen Bart seines Besitzers so aussieht, als hätte er aus Versehen mal in eine Steckdose gegriffen.
Alexander Schwarz bestellt Bier, und ich entscheide mich für ein Glas Prosecco. Normalerweise trinke ich vormittags keinen Alkohol, aber dieser Tag erscheint mir verrückt genug, um eine Ausnahme zu machen.
»Also, wie war das jetzt noch mal mit der Buchhaltung?«, fragt Alexander Schwarz, als wir wieder unter uns sind.
»Oh, das …« Ich laufe sofort wieder knallrot an. »Also, das war so eine Art … Verwechslung.«
»Dieser Hofstätter hat Sie also mit jemandem verwechselt?«, fragt er mit undurchdringlichem Gesichtsausdruck.
»Ja, also … nein, er hat nicht mich verwechselt.« Ein verlegenes Kichern entfährt mir. »Oh Gott, das ist mir ja so peinlich, Herr Schwarz …«
»Alexander.«
»Wie bitte?«
»Alexander. Nennen Sie mich doch bitte Alexander.«
»Okay … Alexander.«
»Und wie heißen Sie mit Vornamen?«
»Molly.«
»Molly?« Er zieht die Augenbrauen hoch. »Ziemlich selten und auch ziemlich hübsch.«
»Finden Sie?«, hauche ich überrascht. Die meisten Menschen starren in einer Art Pawlowschem Reflex automatisch auf meinen Bauch, sobald ich meinen Namen nenne (dabei bin ich gar nicht dick). Echt clevere Namenswahl. Danke, liebe Mami. Danke, lieber Papi.
Spider stellt unsere Getränke auf den Tisch. »Darf’s auch was zu essen sein?«, fragt er.
»Später vielleicht«, erwidert
Weitere Kostenlose Bücher