Mond-Elfe
daß die gewöhnlichen Träume von bissigen Drachen und häßlichen Gespenstern für diese Aufgabe nicht ausreichen würden; man brauchte schon etwas ganz Besonderes, um eine Wolke zum Teufel zu jagen. Dies war ein wirkliches Problem. Wenn sie schnell bedient werden wollte, müßte sie einen Weg ersinnen, um in aller Eile einen wirksamen Traum herzustellen.
Dann hatte sie einen so glänzenden Einfall, daß ihr förmlich ein Licht aufging. Die Mähre Nektaris wich zurück.
»Fracto – der ist nicht wie andere Kreaturen!« sagte Chex. »Er haßt gute Dinge. Er haßt Fröhlichkeit.«
»Ja«, stimmte der Hengst zu. »Deswegen muß ein außergewöhnlich schrecklicher Traum angefertigt werden. Es bedarf der schrecklichsten Elemente, die wir auftreiben können und die dann so zusammengefügt werden, daß nicht ein einziger Strahl der Hoffnung oder Freude übrigbleibt.«
»Nein, das bringt es nicht!« erwiderte sie. »Es bedarf eines glücklichen Traumes!«
»Du bist verrückt, Federgesicht!« sagte Grundy. »Wenn Fracto glücklich ist, bleibt er auf ewig da schweben!«
»Gerade nicht«, sagte Chex. »Je fröhlicher der Traum ist, desto schlechter wird Fracto sich fühlen, denn das ist sein Schrecken: die Freude der anderen. Wenn er mit einer fröhlichen Szene konfrontiert wird, kann er nicht ausregnen und wird voller Groll fliehen.«
Der Hengst war erstaunt. »Mähre, ich glaube, du hast recht! Verdrehte Seelenkunde! Doch sind wir nicht ausgerüstet, um einen glücklichen Traum herzustellen.«
»Möglicherweise kann ich mir einen ausdenken«, sagte Chex. »Normalerweise bin ich eine fröhliche Person.«
»Und die Ausstattung«, fuhr der Hengst fort. »Jede Szene muß mit einem passenden Hintergrund und mit talentierten Schauspielern aufgenommen werden, von denen wir aber keine fröhlichen haben.«
»Aber du mußt doch noch herausgeschnittene Reste und Schnipsel von früheren Träumen haben, die für deine Zwecke nicht eklig genug waren«, sagte sie eifrig. »Wenn diese zusammengesucht würden, müßte das einen ganz schönen Effekt ergeben. Man könnte all die unbrauchbaren Stücke verwenden!«
»Vielleicht«, bestätigte er, nicht ganz überzeugt. »Aber die Zeit…«
»Es sollte nicht viel Zeit kosten, sie zusammenzusammeln«, wandte sie ein. »Sie sind bereits hergestellt, sie müssen nur noch neu zusammengefügt werden. Die wirkliche Herausforderung ist der Hauptteil. Etwas so krankmachend Liebliches, daß Fracto davon abgestoßen wird.«
»Unsere Figuren können so etwas nicht zustande bringen«, sagte der Hengst. » Sie wären es, die davon abgestoßen werden würden!«
»Aber könnten sie nicht wenigstens Pantomime machen?« fragte sie. »Wenn Grundy und ich den Text dazu sprächen?«
»Sieh an!« sagte der Golem und zeigte Interesse.
»Schon möglich«, stimmte der Hengst widerwillig zu.
»Ausgezeichnet. Hole deine Figuren und die Ausstattung zusammen, und ich werde versuchen, mir eine passende Geschichte auszudenken.«
Der Hengst wirkte amüsiert. »Tut das«, sagte er zur Mähre Nektaris und löste sich in einem Flimmern auf.
Der Traumabschnitt endete abrupt, und Chex fand sich mit Grundy, aber ansonsten allein am Käsesee wieder. Die Kinder der Nacht waren dabei, ihren Teil zu erfüllen, jetzt war die Reihe an ihr.
Was für eine Art von Traum sollten sie sich ausdenken, den sie erzählen konnten, und den die furchtbaren Figuren des Kürbisses pantomimisch darstellen würden? Sie hatte nicht die geringste Idee.
»Grundy, du mußt doch davon Ahnung haben«, sagte sie. »Du hast doch mit Wesen in ganz Xanth gesprochen. Was war die wirklich krankmachendste, süßlichste Geschichte, die du jemals gehört hattest?«
»Das war, wie Cheiron Zentaur dir den Hof gemacht hatte«, sagte er prompt.
Sie hielt sich zurück, ihn hart mit dem Schweif zu peitschen. Aus irgendwelchen magischen Gründen waren sie hier auf dem Mond nicht so schwer, und sie befürchtete, daß, wenn sie ihn zu stark träfe, er in der Luft davonschweben würde, so daß sie hinterherfliegen müßte, um ihn einzuholen. Dann würde Fracto sie beide erwischen. Das war nicht der Mühe wert, zumal es mittlerweile schon dunkel wurde und es schwerfallen würde, den Weg zu erkennen. Egal, offensichtlich entsprach das seiner Vorstellung, ihr ein Kompliment zu machen.
»Davon einmal abgesehen«, sagte sie.
»Möglicherweise die Geschichte von der Prinzessin und dem Drachen«, sagte er. »Der Vogel, der mir diese Geschichte erzählte,
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