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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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Dekorationen für die anstehende Feier zu bauen. Tom hatte selten einen Ort erlebt, der so großen Frieden ausstrahlte. Die Fremden wurden gebeten, sich in der Mitte des Dorfplatzes auf ein paar Baumstämmen niederzulassen, was sie gerne taten. Tom war entsetzlich müde. Er hätte viel für ein weiches Bett gegeben, aber im Zweifelsfall war er auch mit einer der Bastmatten zufrieden, die er beim Vorbeigehen in den Hütten erspäht hatte.
    Mbusa kam nun mit einem älteren Mann im Schlepptau auf ihn zu. Die beiden setzten sich zu ihm und begannen ein stockendes Gespräch. Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass der Alte um die Rituale wusste, mit denen vergessene Erinnerungen zurückgebracht werden konnten. Und mit Mbusas Übersetzungshilfe erzählte er von Situationen, in denen er daran beteiligt war, als Freunde und Verwandte diesen Prozess durchlaufen hatten.
    »Dieser Geist, den du gesehen hast«, fragte der Mann Tom dann, »war das wirklich dein Bruder? Wie lange ist er jetzt schon tot?«
    »Über zwanzig Jahre«, antwortete Tom.
    »Warum willst du das wissen?«
    »Weil es ungewöhnlich für die Geister der Ahnen ist, dass sie so lange unter uns sind.«
    »Kannst du das erklären?«
    »Ich kenne nur zwei Gründe dafür: Entweder ist er unschuldig gestorben oder nicht richtig begraben worden.«
    »Ich weiß nicht, ob er selber schuld an seinem Tod hatte oder jemand anders.« Tom spürte, wie ein uraltes Gefühl von dumpfer Angst in ihm aufstieg. »Und ich weiß nicht, wo er begraben ist ...«
    »Wir werden das herausfinden. Triff uns morgen Abend nach der Beschneidungszeremonie am Seeufer. Wir werden auf die andere Seite fahren und danach bestimmt mehr wissen.«
    »Warum kümmert ihr euch darum? Warum kümmert ihr euch um uns?«, wollte Tom wissen.
    Der Alte sah ihn eine Weile schweigend an. »Wir spüren die Unruhe der Geister. Wir wussten, dass etwas geschehen wird. Eure Ankunft hat sich angekündigt, und unsere Tradition schreibt uns vor, euch zu helfen.«
    Der Alte erhob sich und ging zu seiner Hütte zurück. Tom schaute ihm nachdenklich nach, und plötzlich wurde ihm bewusst, dass er sich auf etwas einließ, was er noch zwei Wochen zuvor entschieden von sich gewiesen hätte.
    Von der Stelle aus, an der Tom saß – mitten auf dem zentralen sandigen Platz der kleinen Siedlung – konnte er alle Hütten um ihn herum sehen. Die Bewohner blickten immer wieder zu den Weißen herüber. Die einen freundlich, andere eher skeptisch. Auch einige ängstliche Blicke machte er aus. Die Menschen hier trugen lediglich eine geflochtene Kordel um die Hüften, an der ein Stoffstreifen die Scham bedeckte. Zwischen den Hütten wuchsen Bananenstauden und einzelne Maispflanzen. Ansonsten war das Areal innerhalb der Umzäunung frei von Bewuchs. Dahinter konnte Tom den Wald der Insel erahnen. Das weit geöffnete Tor gab die Sicht frei auf den See, der noch immer vollkommen ruhig war. Am anderen Ufer reichten die Pflanzen bis ans Wasser heran und zogen sich wie ein undurchdringlicher grüner Gürtel durch das gesamte Tal, dessen Ebene allmählich anstieg, bis sie offenbar einen Scheitelpunkt erreichte, an dem sich die Felsen steil nach oben aufrichteten. Bis zu dieser Stelle strahlte die üppige Landschaft pulsierendes Leben aus. Oberhalb zeigte sie sich übergangslos von einer vollkommen anderen Seite: karge Felsen in Grau-Schwarz. Dieses Zusammenspiel der Farben war berauschend schön. Noch etwas weiter oben waren riesige, blendend weiße Schneefelder zu sehen, die dann jedoch in einer dichten Wolkendecke verschwanden. Wie weit die Berge insgesamt hinaufreichten, war nicht zu erkennen. Von dort oben waren sie gekommen.
    »Er hat die Bergspitzen nie gesehen«, sagte Hitimana und wies auf Kambere, der herangekommen war.
    Tom schrak zusammen. Er hatte die beiden Jungen nicht bemerkt. Kambere setzte sich neben ihn und sah ihn neugierig an.
    »Die Wolken verdecken sie. Wie ist es dort?«
    »Kalt«, antwortete Tom. »Da oben ist es kalt und verdammt windig. Ich kann dir nicht empfehlen, dort hinzugehen.«
    »Nun, das wird sich wohl nicht verhindern lassen.« Kambere lächelte. »Die Geister werden mir schon helfen.« Der Junge wirkte überzeugt.
    »Was passiert eigentlich bei der Zeremonie, die ihr morgen feiert?«, wollte Tom wissen.
    »Der Himmel öffnet sich und gibt das Licht frei.« Ein Strahlen ging von Kamberes Gesicht aus.
    »Was bedeutet das?«
    »Die Wolkendecke reißt auf, und der Mond wird sichtbar.«
    »Das geschieht wohl

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