Mondberge - Ein Afrika-Thriller
wieder nach Deutschland zu bringen.«
Von Schellenburg hatte sich mit der Masse seines Körpers von seinem Stuhl hochgestemmt und stand Wiese nun drohend gegenüber. Der fuhr unbeeindruckt mit seinen Fragen fort.
»Ich kann Ihrem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge helfen: Sie waren mit drei Freunden dort. Mit Stefan Luhrman und mit den beiden Brüdern Georg und Hans Meyer. Ihre Freunde, von denen Ihre Tochter angeblich nichts weiß.«
Von Schellenburg schnaubte, nahm seinen Mantel und durchschritt zügig den Raum.
»Zufälligerweise ist nun genau dieser Hans Meyer in derselben Reisegruppe wie Ihre Tochter. Oder ist das gar kein Zufall?« Wiese hatte sich auch erhoben und trat von Schellenburg in den Weg. »Kann es sein, dass sich Ihre Wege trennten, weil Sie, Johannes Nikolaus Peter Freiherr von Schellenburg, sich mit einem Mann einließen, der sich Idi Amin nannte? Und weil Ihre Freunde diese Freundschaft nicht billigten?«
Schweigen breitete sich in dem Raum aus. Die beiden Männer standen sich Auge in Auge gegenüber. Alle anderen am Tisch hielten den Atem an. Entsetzten machte sich in einigen Gesichtern breit. Nur die Lüfter der Laptops auf dem Tisch waren zu hören. Klaus Huber stand mit blassen Gesichtszügen langsam von seinem Stuhl auf.
»Warum ist Ihre Tochter nach Uganda gefahren?« fragte Wiese weiter. »Gibt es dort ein Kapitel in Ihrer Familiengeschichte, das Sie noch beenden wollten?«
Von Schellenburg trat einen Schritt zur Seite, um an Wiese vorbeizukommen, doch der zog sofort nach. Hinter dem Generalbundesanwalt sah Wiese die fassungslosen Gesichter der Teamkollegen.
»Sie haben sich in den letzten Monaten über die deutsche Botschaft unter Berufung auf eine Ermittlung hier in Deutschland nach einem ugandischen Mann erkundigt. Peter Bosco. Geboren am 23. Dezember 1970. Es gab aber gar keine Ermittlungen in diesem Zusammenhang. Was wollten Sie von diesem Mann?«
»Lassen Sie mich sofort durch«, fauchte von Schellenburg und schob Wiese beiseite. »Andernfalls werde ich mich persönlich darum kümmern, dass dies Ihr letzter Tag in Ihrer jetzigen Position ist.«
Wiese trat süffisant lächelnd einen Schritt zurück. Von Schellenburg eilte auf die Tür zu.
»Sie haben mit Idi Amin zusammengearbeitet und diese Tatsache später einfach vertuscht. Und Sie haben einen Sohn in Uganda, den Sie bei der Flucht vor dem diktatorischen Regime zurückgelassen haben.«
Der Generalbundesanwalt zog die Hand von der Türklinge zurück, zupfte das Einstecktuch aus der Brusttasche seines Anzugs und wischte sich die Stirn ab.
»Sie haben sich nie wieder um ihn gekümmert, bis Ihre Tochter dahintergekommen ist, dass sie einen Halbbruder hat. Und da Sie nicht selber nach Uganda fliegen konnten, haben Sie Andrea geschickt, damit die Ihren Sohn Peter kennen lernt. So ist die Lage.«
In einer Bewegung von äußerster Langsamkeit drehte sich Johannes von Schellenburg an der Tür um und starrte Wiese an.
»Und selbst wenn es so wäre, dann wüsste ich nicht, was das mit der Entführung meiner Tochter zu tun haben sollte ... Guten Tag.«
Die Tür fiel endgültig hinter ihm ins Schloss. Wiese wandte sich gelassen wieder seinen Kollegen zu, die stumm zu ihm aufblickten. Anja Paffrath lächelte, als Wiese ihr zunickte. Leises Gemurmel erfüllte den Raum.
»Das ist ein starkes Stück, Herr Kollege«, sagte Klaus Huber anerkennend und setzte sich wieder. »Wir werden die Verbindungen des Herrn von Schellenburg nach Uganda genau unter die Lupe nehmen. Und das wird Konsequenzen haben.« Dann zog er die Stirn kraus und fügte hinzu: »Mir ist allerdings eines noch nicht ganz klar – und da muss ich dem Herrn Generalbundesanwalt Recht geben: Was hat das alles mit der Entführung zu tun?«
»Darüber sind wir uns selbst noch nicht im Klaren. Fakt ist erst einmal, dass Herr von Schellenburg uns elementare Informationen vorenthalten hat. Und wir wissen nun, warum seine Tochter nach Uganda geflogen ist. Außerdem gehe ich davon aus, dass die Anwesenheit von Hans Meyer in derselben Reisegruppe etwas mit dem zu tun hat, was sich damals in der Freundesgruppe abgespielt hat. Warum haben diese Männer sich so zerstritten, dass sie bis heute geradezu allergisch aufeinander reagieren? Und was hat Hans Meyer bewogen, jahrelang den von Schellenburgs nachzuspionieren? Sein Keller war voll von Fotos und Material zu der Familie.«
Huber schien seine ganze behäbige Überheblichkeit verloren zu haben. Aufrecht wie ein Schuljunge
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