Mondglanz
teilen, aber ich glaube, ich könnte nicht besonders gut schlafen, während sie wie ein Gespenst reglos neben mir sitzt.
Gerade, als ich mich hinlegen will, schneit Jael herein. Anscheinend kennt er die Symbole und Schriftzeichen besser als ich, denn er hat allein vom Raumhafen zurückgefunden. Constance lässt ihn ein, während ich mich noch umziehe, und ich höre, wie er sich mit ihr unterhält. Das besänftigt mich ein wenig, denn außer mir ist er so ziemlich der Einzige, der sie nicht nur wie einen besseren San-Bot behandelt.
Jael hat sich in der kurzen Zeit erstaunlich gut erholt. Die Verletzungen in seinem Gesicht sehen aus, als wären sie bereits mehrere Tage alt. Ein Züchtling zu sein hat eben auch seine Vorteile. Wenn ich jedoch bedenke, welchen Repressalien er ausgesetzt war und immer noch ist, kann ich gut darauf verzichten. Der Preis ist einfach zu hoch.
»Ich wollte nur noch einmal nach dir sehen, bevor du dich hinlegst«, sagt er als Begrüßung.
»Du meinst, du wolltest nachsehen, ob Marsch mich schon umgebracht hat? Er steht jetzt unter Medikamenten.«
»Ich weiß, du vertraust ihm, aber das solltest du nicht. Ich habe so etwas schon einmal miterlebt, und als dein Leibwächter ist es meine Pflicht, dir zu raten, ihn in einen anderen Flügel verlegen zu lassen.«
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Und stattdessen dich in sein Zimmer einzuquartieren?«
Jael zuckt mit den Schultern. »Da ich im Gegensatz zu Marsch im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bin, könnte ich dich besser beschützen, falls die Kakerlaken auf krumme Ideen kommen.«
»Danke, aber es ist alles gut, so wie es ist.«
»Wenn du meinst.« Er steht auf und bedenkt mich mit einem langen Blick. »Falls du etwas brauchst, egal was, lass es mich wissen. Ich bin sofort da.«
Obwohl ich noch vor nicht allzu langer Zeit geschworen hätte, er interessiert sich nicht für mich, scheint dieser Blick doch etwas anderes anzudeuten.
»Ich werde nichts brauchen«, erwidere ich leise.
»Wie du willst. Dann gute Nacht auch.«
Als ich mich ausstrecke, sage ich mir, dass Jael nur seinen Job macht. Er behandelt mich ganz normal. Wäre er Sauls Leibwächter, hätte er dasselbe zu ihm gesagt.
Ich erwache im goldenen Käfig.
Ich reinige meinen Körper den ithorianischen Gepflogenheiten entsprechend und hoffe, dass sie es mir verzeihen werden, wenn ich mir zusätzlich noch die Haare wasche. Diese Käfer haben ja keine, und ich bin froh, dass meine endlich wieder normal wachsen. In langen, dicken Locken reichen sie mir bis zu den Schultern. Als Marsch sie abrasiert hat in der Hoffnung, die Kopfgeldjäger auf Terra Nova würden mich so nicht erkennen, habe ich geweint. Jetzt kann ich endlich wieder in den Spiegel blicken, ohne zusammenzuzucken, und das ist gut so, denn die Ithorianer werden mich heute genau im Auge behalten. Fehlt nur noch die ärmellose goldene Robe.
Constance beobachtet, wie ich mich für das Treffen vorbereite, ihr Gesicht so ausdruckslos, wie nur das einer Androidin sein kann. Die Batterien wieder voll aufgeladen, steht sie in ihrem schlichten schwarzen Anzug da, bereit für den Tag.
»Sie sollten Ihr Haar hochstecken«, meldet sie sich unvermittelt zu Wort. »Dies ist ein offizieller Anlass. Ich könnte Sie so herrichten, wie andere Botschafter zu solchen Gelegenheiten erscheinen. Die Frisur hätte außerdem den Vorteil, Ihre Kopfform dem ithorianischen Schönheitsideal anzunähern. Wollen Sie, dass ich das für Sie tue?«
»Wenn die Ithorianer mich dann ernster nehmen, nur zu.«
Ohne ein weiteres Wort macht sie sich mit geschickten Fingern über meine Haare her und bindet sie am Hinterkopf zu zwei adretten Zöpfen zusammen, die sie mit juwelenbesetzten Nadeln nach oben steckt. »Fertig. In sieben Minuten werden wir zu den Verhandlungen erwartet.«
Vorsichtig betaste ich das Kunstwerk.
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich schon wieder genug Haare für so eine Frisur habe. Danke.« Als mein Lächeln unerwidert bleibt, frage ich mich, ob Constance sich eines Tages auch eine menschliche Mimik zulegen wird. Ich bin nicht sicher, wie viel sie lernen kann.
»Meine Aufgabe ist, Ihnen zu dienen.«
Ich straffe die Schultern. »Legen wir los.«
Das Treffen findet unten in der Versammlungshalle statt. Ein interessanter Ort. Die Wände bestehen aus einem glatten schwarzen Metall und sind überzogen mit einem feinen Netz aus etwas, bei dem es sich nur um Stein handeln kann. Erstaunlich. Wie überall in der Stadt sieht es hier
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