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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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langsam: »Erinnerst du dich noch an den Athri oben an der Grenze zu Cunaxa, der dich fragte, was er mit seinen Söhnen anstellen solle?«
    »Er hatte einen legitimen und einen illegitimen Sohn, und beide wollten seine Nachfolge antreten. Soweit ich weiß, hat die Pest die Frage gelöst, indem sie beide umbrachte, und die Güter fielen dann wieder an Tiglath.«
    »Ja. Aber als er uns von ihnen erzählte und sie beschrieb, wurde deutlich, dass beide fähig waren, ihre Sache sehr gut zu machen. Wir haben den ganzen Nachmittag darüber geredet. Weißt du noch, was ich ihn zuletzt gefragt habe?«
    Rohan nickte müde. »Welcher von beiden würde gegen den anderen Krieg führen, wenn er das Land bekäme, damit er sich nehmen könnte, was er wollte.«
    Wieder schwieg sie lange, dann sagte sie schließlich: »Komm ins Bett, Liebster. Leg dich wenigstens eine Weile hin, selbst wenn du nicht schlafen kannst.«
    »Es wird Mittag sein, ehe wir es merken.«
    »Ja.«
    »Sioned …«
    »Ich weiß.« Sie sah zu ihm hoch. »Ich habe auch Angst.«
    Pol erwachte ganz unvermittelt. Seltsam graues Licht wie in der Abenddämmerung fiel durch die Zeltluke neben seinem Bett. Er sprang entsetzt auf, weil er fürchtete, er hätte den Mittag verschlafen. Doch der Dunst kam von den Wolken, die seit dem Morgen aufgezogen waren. Die Sonne zeigte sich nur zögernd und versteckte sich dann schnell wieder hinter einem Vorhang schiefergrauer Wolken. Pol schlich auf Zehenspitzen um die Trennwand. Er sah, dass seine Eltern sich mit dem Rücken zu ihm leise unterhielten, und schätzte seine Chancen ab, unbemerkt hinauszuschlüpfen. Er ging zu seinem Bett zurück und nahm seine Stiefel und ein frisches Hemd. Ehe er den Pavillon verließ, blieb er kurz stehen. Seine Eltern schwiegen jetzt, und seine Mutter beugte sich zu seinem Vater hinüber, um fest seine Hand zu fassen. Pol konnte nicht verstehen, was sie dabei sagte, doch der Schmerz in ihren Worten war unüberhörbar. Er biss sich auf die Lippen und schlüpfte aus dem Zelt.
    Tallain war nirgendwo zu sehen, und der war der Einzige, der ihn straflos ins Bett zurückschicken konnte. Die Wachen verbeugten sich nur, als er innehielt, um Hemd und Stiefel anzuziehen. Er strich sich mit den Fingern das Haar zurück und eilte zum Nachbarzelt, denn er wusste plötzlich, wo Tallain sein würde.
    Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen. Nicht nur Tallain, sondern auch Sorin, Riyan und Tilal waren da; jeder hielt einen Teil von Maarkens Rüstung in der Hand. Sie sahen hoch, als Pol eintrat, und auf allen vier Gesichtern zeigte sich dasselbe dünne, ernste Lächeln.
    »Mein Bruder hat Glück mit seinen Knappen«, ließ Sorin fallen. »Hier – deine Finger sind geschickter als meine, Pol.« Er gab seinem jungen Vetter eine Armschiene. »Putz doch bitte die Innenseite. Ich komm an die kleineren Teile nicht ran.«
    Einträchtig polierten sie stählerne Schnallen und silberne Verzierungen, bis der Schein beider Metalle nicht mehr zu unterscheiden war. Leder wurde durch Fett geschmeidig gemacht, wo dies nötig war, oder auf seine steife Festigkeit hin geprüft, wo es darauf ankam. Keiner sagte etwas, außer wenn er um ein sauberes Tuch bat oder fragen wollte, ob ein bestimmtes Teil nun wohl fertig sei. Die anderen waren immer zufrieden damit, doch damit spornten sie einander nur zu weiterem Polieren und Einölen an, um sicherzugehen, dass Maarkens Ausrüstung wirklich makellos sein würde.
    Nach einer Weile kam Tobin mit den Kleidern für ihren Sohn herein. Ihre schwarzen Augen nahmen Pols Anwesenheit mit einem raschen Aufleuchten wahr. Sie legte die Hose, das Hemd und die Tunika auf einen Stuhl und strich Seide, Samt und butterweiches Leder zärtlich mit den Fingern glatt.
    Die Farben waren berauschend. Das Hemd zeigte das Weiß von Radzyn, Kragen und Passe waren rot. Himmelblau für seine Wüstenahnen und Blassblau für Lleyn, der ihn zum Ritter geschlagen hatte, waren unauffällig in die dünnen, bestickten Bänder eingearbeitet, die beide Seiten der weißen Lederhose säumten. Auf der Tunika dagegen herrschten sein eigenes Rot und Orange von Whitecliff vor, federleichter Samt, der beide Farben zeigte, je nachdem, in welche Richtung man darüberfuhr. Wenn sich seine Muskeln unter diesem strahlenden Stoff bewegten, würde er aussehen wie eine lebende Flamme.
    »Wenn er es wagt, da Löcher reinzubekommen, leg ich ihn übers Knie«, sagte sie unvermittelt. Und erst jetzt begriff Pol, welche Angst sie ausstand.
    »Ich

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