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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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eigentlich überflüssig; sie konnte schneller direkt mit den Faradh’im an anderen Höfen verhandeln, als Nachrichten durch Kuriere hin und her geschickt wurden. Außerdem sprach man unter Lichtläufern kurz und kam gleich zur Sache, anders als bei den endlosen Höflichkeiten und taktischen Spielchen, durch welche Botschafter ihre Existenz rechtfertigten. Rohan und Sioned waren froh, dass sie keinen formellen Hof brauchten. Besonders als Pol noch klein war, hatten sie trotz ihres hohen Ranges wirkliches Familienleben aufrechterhalten wollen.
    Dennoch kamen und gingen die Abgesandten auch weiterhin, und es war notwendig geworden, Stronghold dem erhöhten Besucherstrom anzupassen. Manchmal waren jedes Schlafgemach, jedes Vorzimmer und sogar die Korridore voller Menschen, die zu ihrem Pech alle gleichzeitig eingetroffen waren. Wenn es Beschwerden gab, überhörte Sioned diese geflissentlich. Sie entschuldigte sich auch nie für solche Unbequemlichkeiten, denn sie betrachtete alle außer ihrer Familie und engen Freunden als Eindringlinge: Man musste sie achten, verpflegen und mit ihnen sprechen, doch sie wurden nicht ermutigt, länger als notwendig zu bleiben. Rohans Mutter, Prinzessin Milar, hatte aus der Festung Stronghold ein Heim für ihre Familie gemacht, und Sioned hatte nicht die Absicht, es zu einem Hof werden zu lassen, der nur der Bequemlichkeit von Fremden diente.
    Rohan hatte jedoch auf einer Einrichtung bestanden. Es gab zwar einen großen, formellen Audienzsaal, den man von der Haupthalle aus betrat, doch dieser war viel zu imposant für vertrauliche Gespräche in entspannter Atmosphäre. Darum hatte er einen kleineren, intimeren Raum in der Nähe ihrer eigenen Zimmer für seine Arbeit ausgewählt. Unten im Audienzsaal lagen keine Teppiche, es gab keine gepolsterten Stühle, und eine Wand war von einem riesigen bestickten Wandbehang bedeckt, der Stronghold zeigte, ein deutlicher Fingerzeig auf die Stärke des Schlosses und die Macht seiner Bewohner. In dem oberen Raum aber bedeckte ein herrlicher Teppich aus Cunaxa in sattem Grün, Blau und Weiß den Steinfußboden. Kleinere Wandbehänge zeigten die Berge des Vere im Frühling. Die Fenster gingen zum Hof hinaus, wo die Dienerschaft arbeitete und für eine angenehme Geräuschkulisse sorgte. In diesem schönen Raum hatten viele fruchtbare Gespräche zwischen Rohan und seinen Athr’im oder den Gesandten dieses oder jenes Prinzen stattgefunden.
    Während die Familie es sich auf den Sofas und Sesseln bequem machte, wies Sioned die Diener an, allen kühlen Wein zu bringen und sich dann zurückzuziehen. Ein Becher blieb auf der Anrichte für Pol stehen. Sioned hoffte, dass er sich Zeit ließ. Wenn er im Zimmer war, konnten sie nicht über Gefahren sprechen. Nicht, dass die Sorge um seine Sicherheit ihn geängstigt hätte, eher im Gegenteil. Er würde dann versuchen, sich davonzustehlen, um sich nicht ständig überwacht zu fühlen – und dadurch die Gefahr vergrößern.
    »Du gestattest doch«, wandte sich Chay an Rohan, obwohl sein Gesichtsausdruck zeigte, dass diese Bitte reine Formalität war und er auf jeden Fall sprechen würde. »Ich werde Maarken Pol als Leibwache mitgeben, wenn er in die Prinzenmark reist. Er sollte die Gegend sowieso kennenlernen. Nicht nur um seiner Bildung willen, sondern aus strategischen Gründen, falls du vorhast, ihn einmal zu Pols Feldherrn zu machen.«
    »Das ist mittlerweile eine festgeschriebene Verpflichtung von Radzyn«, erwiderte Rohan. »Die Stellung gebührt Maarken wegen seiner Ausbildung und seines Verstandes wie auch seiner Geburt wegen.«
    »Danke, mein Prinz«, antwortete der junge Mann.
    »Es wird allerdings noch eine ganze Weile dauern, bis dein Vater seinen Posten hergibt – trotz seines fortgeschrittenen Alters. Ich nehme an, es gibt noch mehr, Tobin?«
    »Natürlich.« Trotz des Samtpolsters schob sie einen Stiefel unter ihren Oberschenkel. »Ich sorge mich wegen der Berichte, die Meath uns über diesen angeblichen Sohn von Roelstra gegeben hat. Es war mir bisher egal – schließlich ist der Anspruch lächerlich –, aber diejenigen, die dumm genug sind, den Jungen aus irgendwelchen eigensüchtigen Motiven zu unterstützen, könnten uns Ärger bereiten. Es wird schwer zu erkennen sein, ob sie ihm wirklich glauben oder ob sie nur so tun, um damit Unruhe zu stiften. Was willst du unternehmen, Rohan?«
    »Nichts. Jedenfalls nicht direkt. Allein schon, wenn ich zugebe, dass ein Problem besteht, mache ich die

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