Mondlaeufer
er hatte sein Lichtläufer-Talent dazu benutzt. Brandpfeile wären zu gefährlich gewesen, denn Roelstras Soldaten wären vielleicht zum Löschen auf die Brücken gerannt und dabei umgekommen. Doch Maarkens Feuer hatte sie so erschreckt, dass sie nichts unternahmen. Alle überlebten. Staunend über die kluge Entscheidung des Jungen, hatte Rohan Sioned davon erzählt. Maarken hatte seinem Prinzen gedient, aber gleichzeitig als Faradhi gehandelt. Für diese Tat hatte Rohan Maarken seinen ersten Ring verliehen.
»Ich bin froh, dass du der Erste bist«, erklärte Sioned. »Rohan kennt die Möglichkeiten der Prinzen und ich die der Lichtläufer. Doch du bist beides. Pol könnte kein trefflicheres Vorbild haben als dich.« Sie schwieg einen Augenblick lang und wartete, bis er sie wieder ansah. Dann lächelte sie. »Daher brauchst du wirklich keine Hilfe, was diese junge Dame angeht. Du bekommst sie natürlich, doch eigentlich brauchst du sie gar nicht.«
»Vielleicht nicht. Aber ich werde dennoch froh sein, dich in der Nähe zu wissen.«
»Du musst mir ihren Namen jetzt nicht verraten, weißt du«, fuhr sie leichthin fort. »Ich bin gespannt, ob ich sie in Andrades Gefolge erkennen kann. Und ich wette um alle Juwelen, die sie sich für ihr Hochzeitsgeschmeide wünscht, dass es mir gelingt!«
Jetzt lächelte Maarken endlich. »Sioned! Du brauchst ihr doch keine Mitgift zu geben.«
»Wieso Mitgift? Habe ich etwa nicht das Recht, meinen Neffen bei seiner Hochzeit in etwas Glanz zu sehen? Wenn ich verliere, kannst du ja den Wandteppich haben, den du immer so gemocht hast. Ich fand schon immer, dass er eigentlich in ein Schlafzimmer gehört.«
Maarken wurde rot. Schließlich gab er auf und lachte mit ihr. »Gut, ich schlage ein. Ich kann nur gewinnen – und glaub ja nicht, ich wüsste nicht, dass du das alles so geplant hast.«
»Irgendwas an diesen Riallas reizt mich einfach zum Wetten. Habe ich dir je erzählt, dass ich mit einer von Roelstras Töchtern gewettet habe, sie würde Rohan niemals bekommen? Diesen Smaragd gegen alles Silber, das sie trug – und sie klimperte von Kopf bis Fuß.«
»Ich kenne dich. Du wettest nur, wenn du ganz sicher bist, dass du gewinnst. Sonst hättest du nie deinen Ring gesetzt.«
»Wie scharfsinnig Ihr seid, Herr.« Ihre Mundwinkel zuckten leicht. Sie stand auf und strich sich das sonnenwarme Haar aus der Stirn. »Es wird zu heiß hier draußen. Kannst du dir vorstellen, wie die Sommer in Remagev sind? Walvis und Feylin kommen mit ihren Kindern ein paar Tage her, um der Hitze zu entgehen.«
»Remagev erinnert mich immer an einen Drachen, der im Sand schläft. Meinst du, ich könnte hinreiten, es mir wieder einmal ansehen und mit ihnen zurückkehren? Man sagt, Walvis habe in den letzten Jahren in dem alten Kasten Wunder bewirkt.«
»Es ist kaum wiederzuerkennen. Ich …« Sie stockte, denn die Luft um sie herum schimmerte in bunten Farben und Lichtmustern, die sie in ihren Gedanken berührten. Mit beiden Händen packte sie Maarkens Arm, als sie sah, dass er von dem Gewebe ebenso gefesselt war wie sie. Die Lichtstrahlen wurden inten- siver, als die Stimme eines Faradhi mit einer kurzen, erschreckenden Botschaft zu ihnen drang: mit einem Hilfeschrei.
Meath hatte bald gemerkt, dass seine Ausritte in den Hügeln von Dorval keine ausreichende Vorbereitung für die lange Reise zur Schule der Göttin gewesen waren. Jedes Mal, wenn er überlegte, ob die Qualen einer Seereise nicht doch der Meuterei jedes einzelnen seiner Muskeln vorzuziehen wären, rief er sich die Überquerung des Pyrme auf einem kleinen, lecken Floß ins Gedächtnis. Man hatte ihm wenig Zeit zur Erholung gegönnt; denn wenn Lord Chaynal seinen Leuten befahl, schnell ein Ziel zu erreichen, dann gehorchten sie. Meath erinnerte sich daran, dass es zumindest eine Brücke über den Faolain und in einem Gut von Prinz Davvi frische Pferde gegeben hatte. Er war jedoch zu erschöpft, um das herrliche Tier unter sich schätzen zu können. Sie hatten Syr schon hinter sich und ritten durch das offene Weideland zwischen Pyrme und Kadar. Als der Nachmittag immer weiter fortschritt, fragte sich Meath mit einem Anflug von Verzweiflung, ob seine Eskorte überhaupt je rasten würde. Der breitschultrige, etwa dreißigjährige Mann und die etwas ältere Frau schienen unermüdlich. Meath musste zugeben, dass sie sehr gut vorankamen, doch er fürchtete bereits, dass man ihn am nächsten Morgen im Sattel festbinden müsste.
Revia ritt vor ihm
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