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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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mich in Stücke schneiden? Ich hörte sie kommen und tat so, als wäre ich am Feuer eingenickt, und als sie dann nah genug waren, habe ich sie getötet, bevor sie mich umbringen konnten. Wenn Euch das nicht passt, Schwesterherz – Euer Pech!«
    »Nennt mich nicht so. Es bleibt erst noch zu beweisen, dass Ihr der Sohn meines Vaters seid. Und dazu braucht Ihr mich. Ihr wisst das, sonst wärt Ihr nicht hier. Wer hat Euch Eure wohlgesetzte Rede gelehrt?«
    »Soll ich mich lieber auf meinen bäurischen Bergdialekt besinnen?«, höhnte er. »Wäre das gut für meinen Auftritt? Ich brauche keine Tricks! Ich bin der Sohn des Hoheprinzen Roelstra und seiner Mätresse, der Lady Palila, geboren vor fast einundzwanzig Jahren nur wenige Längen von hier auf dem Faolain. Jeden, der daran zweifelt …«
    »Versuch nicht, mir zu drohen, Bursche«, sagte sie. »Ich brauche Euch gar nicht zu glauben – ich muss nur entscheiden, ob ich Euch unterstütze oder nicht. Was glaubt Ihr wohl, wie weit Ihr kommt, wenn Euch keine von Roelstras Töchtern unterstützt? Also los, wo habt Ihr gelernt, Euch ordentlich auszudrücken?«
    Mürrisch erklärte er: »Ein paar Männer auf Gut Dasan haben früher einmal in der Felsenburg gedient. Die haben es mir beigebracht.«
    »Gut. Wir können sagen, sie haben erkannt, woher Ihr stammt, und Euch unterrichtet. Wir können an Eurem Auftreten und an diversen Gewohnheiten arbeiten, die ich Euch zeigen werde. Steht auf und lauft ein bisschen herum.«
    Er gehorchte, doch seine Augen glühten vor Trotz. »Laufe ich Euch gut genug?«
    Sie überhörte die Frage, denn sie wollte nicht zugeben, wie sehr seine kraftvollen Bewegungen sie beunruhigten. In diesem zähen, mageren Körper steckten eine Kraft und ein Temperament, die ihn zu einem gefährlichen Gegner machen konnten. »Lehnt Euch gegen die Wand. Die Arme über der Brust verschränkt – nein, höher. Gut so. Jetzt streicht Euch das Haar aus der Stirn. Macht einen Kamm aus Euren Fingern. Richtig. Könnt Ihr Euch im Schwertkampf behaupten?«
    »Ich hatte Unterricht. Dasan gehört einem Ritter, der sich zur Ruhe gesetzt hat. Er hat gesagt, ich sei der geborene Kämpfer. Ich kann auch gut mit Pferden umgehen. Und mit Messern. Wie ich unterwegs ja bereits bewiesen habe.« Er zeigte auf den Dolch an seinem Gürtel. »Keine Sorge.«
    »Meine Sorge gilt Eurem Hochmut und Eurem Temperament. Ihr müsst beides zügeln, wenn es klappen soll. Ihr könnt nicht einfach in die Versammlung der Prinzen stürmen und Eure Rechte verlangen. Lasst das meinen Mann machen und haltet den Mund. Ihr sagt dort nur, was wir vorher mit Euch besprochen haben. Und nun seht mich nicht so zornig an, Masul! Ihr müsst nicht nur Euren Anspruch auf die Prinzenmark beweisen, sondern noch dazu, dass Ihr ein Prinz seid, mit dem die anderen zurechtkommen können! Als mein Vater starb, hatten sie von ihm wirklich die Nase voll!«
    Das war offensichtlich ein neuer Gesichtspunkt. Masul sank auf seinen Stuhl und stieß einen tiefen Seufzer aus. »Na gut. Aber erst müsst Ihr etwas begreifen. Mein ganzes Leben lang habe ich in diesem Schweinestall von Gut am Ende der Welt gesteckt. Alle haben mich angeglotzt und geflüstert, mit meiner Größe, meiner Haarfarbe und vor allem meinen Augen könnte ich unmöglich der Sohn meines Vaters sein.«
    Er erhob sich, um im Zimmer auf und ab zu laufen. Kiele zwang sich, ruhig zu bleiben. Genauso war ihr Vater herumgelaufen. Aber mehr noch als die Erinnerungen machte ihr Masuls unverhohlene Stärke zu schaffen. Seine Schritte ließen die Kerze flackern, wenn er vorbeikam. Das Licht warf unheimliche Schatten auf sein Gesicht.
    »Die Gerüchte wurden zum ersten Mal laut, als ich ungefähr fünfzehn war: ›Könnte er nicht … Wenn er nun wirklich … Denk doch an den alten Prinzen, an das, was damals wirklich geschah …« und so ähnlich.«
    »Das wissen nur sehr wenige«, unterbrach ihn Kiele. »Palila, Roelstra, Ianthe, Pandsala und Andrade. Von diesen fünf sind die ersten drei tot.«
    »Und die anderen beiden werden mich kaum mit offenen Armen aufnehmen«, ergänzte er.
    »Pandsala gibt ihre Macht auf keinen Fall kampflos auf«, stimmte sie zu. »Sie wird sich eher um Kopf und Kragen lügen, als auch nur mit einem Wort zuzugeben, dass Ihr Roelstras Sohn sein könntet. Was Andrade angeht, die ist mit der Wüste verwandt und hat Roelstra mit einer Leidenschaft gehasst, die schon an Besessenheit grenzte. Ich glaube nicht, dass sie lügen würde, egal weshalb,

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