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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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konzentrieren konnte. Und den Blick über Schriftrollen schweifen zu lassen, hatte immer eine beruhigende Wirkung auf mich. Dennoch schlug mein Magen Purzelbäume vor Sorge. Was würde Octavian tun, wenn er von meinem Bruder und Julia erfuhr? Warum hatte die Göttin ihn nicht gerufen?
    »Ach, hier steckst du!«
    »Marcellus!«, sagte ich. »Du hast mich erschreckt.«
    »Warum bist du nicht zu mir gekommen, sobald du wieder zu Hause warst?«, fragte er neckend.
    »Was hast du denn mit deinen Haaren gemacht?«, rief ich aus. Seine blonden Locken waren verschwunden und er trug die Haare nun nach Art des römischen Militärs ganz kurz geschoren.
    Er rieb sich mit den Händen über den Kopf, der jetzt eher braun als blond war. »Nun, es geht ja nicht, dass jemand, der mir etwas bedeutet, meine Locken mit denen eines Mädchens verwechselt, oder?«
    Ich errötete.
    »Gefällt es dir nicht?«, fragte er.
    »Aber deine schönen Locken!«
    Er lachte. »Ja, Mutter ist auch wütend auf mich. Aber ich habe sie den Hausgöttern geopfert, was sie wieder einigermaßen besänftigt hat.«
    Der neue Haarschnitt ließ ihn älter und ernster wirken, aber zugleich sah er damit noch besser aus. Ich konnte den Blick nicht von seinen markanten Gesichtszügen wenden, von den blauen Augen, die jetzt noch blauer als zuvor wirkten, und dem vollen, üppigen Mund. Er musste wohl bemerkt haben, dass ich auf seine Lippen schaute, denn er verzog sie zu einem Lächeln.
    »Was tust du eigentlich hier?«, fragte ich und wandte meine Aufmerksamkeit rasch wieder den Regalfächern mit den Stapeln von Schriftrollen zu.
    »Ich habe nach dir gesucht«, sagte er. »Nachdem ich Juba gesehen hatte, wusste ich, dass ihr zurück seid.«
    »Ich dachte, du hättest gesagt, es wäre besser, wenn wir so täten, als wäre das, was zwischen uns geschehen ist, nie passiert«, sagte ich.
    »Aha! Das ist es also, was dich verärgert hat.«
    Ich schüttelte den Kopf. Nun, da ich entschlossen war, mithilfe von Gallus Ägypten wiederzugewinnen, konnte ich es mir nicht leisten, irgendetwas mit Marcellus anzufangen. Es war besser, es gleich zu beenden. »Ich bin nicht verärgert«, sagte ich und hockte mich hin, um die Schriftrollen auf den unteren Regalbrettern zu inspizieren.
    »Wonach suchst du eigentlich? Vielleicht kann ich dir helfen?« Er kam näher. Gegen meinen Willen spürte ich, wie mein Herz schneller schlug. Warum reagierte ich auf diese Weise auf ihn?
    Ich erhob mich. »Nach nichts Besonderem.«
    »Komm her«, sagte er und nahm mich ganz sanft an den Fingerspitzen bei der Hand. Ich folgte ihm in eine Ecke des kleinen Raumes, wo eine Reihe von Regalen den Blick von der Tür auf uns versperrte. Mit halb geschlossenen Lidern und dem ihm eigenen verführerischen Lächeln, wandte er sich mir zu.
    »Das ist keine gute Idee«, sagte ich.
    »Doch«, flüsterte er und kam näher. »Du hast mir gefehlt.«
    Er legte einen Arm um meine Taille und zog mich zu einem Kuss an sich. Ein wohliger Schauer durchlief mich bei der Berührung seiner Lippen. Der Widerspruch zwischen dem, was meine Gedanken sagten – Lass das; du darfst auf keinen Fall die Pläne für Ägypten gefährden! –, und der Art und Weise, in der mein Körper auf seine Berührung reagierte, verwirrte mich.
    Ich legte meine Hände gegen seine Brust. »Marcellus, bitte.«
    Er lachte leise in mein Ohr, nachdem er meinen Hals geküsst hatte. »Ich kann deinen Herzschlag spüren. Dein Körper lügt nicht.«
    »Mein Herz rast, weil ich Angst habe«, sagte ich und versuchte mir einzureden, dass das wahr sei.
    Er wich zurück. »Angst?« Er klang überrascht. »Warum solltest du Angst vor mir haben? Ich werde dich nicht zu etwas zwingen, was du selbst nicht willst.«
    »Weißt du, was Octavian tun würde, wenn er merkt, dass sein Goldjunge und die Tochter seines Feindes zusammen sind? Er würde mich umbringen! Das will er schon seit Jahren und es wäre der perfekte Vorwand dazu …«
    Ich schloss die Augen und dachte darüber nach, was er Alexandros antun könnte, wenn er von ihm und Julia erfuhr.
    »Caesar muss es ja nicht wissen.«
    Ich hielt meine Hände fest gegen seine Brust gedrückt. »Nein.«
    »Ist da ein anderer? Hat Juba dich mir auf eurer Reise weggeschnappt?«
    Ich lachte. »Bei den Göttern, nein!« Wie kam er denn auf diesen Gedanken? Dann fiel mir wieder ein, was Juba über Marcellus gesagt hatte – dass es vor allem meine Zurückhaltung war, die ihn anzog. Ich war eine Herausforderung für ihn, eine

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