Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Nachricht: ‚Präsenz des fünften Erdenkinds notwendig. Nicht eliminieren oder entfernen, sondern is olieren und unschädlich machen. Wie Torck. Ende der Nachricht! ’ “
    „Nein, nein, nein!“, rief Lisandra. „Diese Nachricht gibt es nicht!“
    „Doch. Du gehörst doch nicht zu den Schafen, die glauben, dass die Regierung von Amuylett gerecht und fürsorglich ist, oder? Dafür bist du zu schlau! Nein, wenn du von den Erdenkindern weißt, dann weißt du auch, dass es in den nächsten Jahren zur Sache gehen wird. Die Regierung von Amuylett wird alles tun, um die Erdenkinder zu kontrollieren!“
    Lisandra schaute Haul entmutigt an. Sie wollte es immer noch nicht glauben. Grohann hatte den Auftrag, sie zu isolieren und unschädlich zu machen? Wie Torck? Das durfte nicht wahr sein!
    „Ich hatte recht“, sagte Haul. „Du kennst das fünfte Erdenkind.“
    „Was rätst du dem fünften Erdenkind?“
    „Schwer zu sagen. Wenn es flieht, reizt es seine Feinde zu drastischeren Maßnahmen. Wenn es nichts tut, ist es eine leichte Beute. Ich würde ihm raten, sich starke Freunde zu suchen.“
    Lisandra merkte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Sie hatte gedacht, sie wäre mittlerweile abgehärtet. Sie hatte so viel geschluckt und ertragen und war überzeugt davon gewesen, dass es nicht noch schlimmer kommen konnte. Aber es war noch schlimmer gekommen.
    „So ein Mist“, sagte sie und bemühte sich, nicht loszuheulen.
    „Du bist eine starke Freundin“, versuchte Haul sie zu trösten. „Deswegen ist es gut, dass du von Yu Kon Unterricht bekommst. Alles, was du lernst, kannst du benutzen, um das fünfte Erdenkind zu schützen!“
    „Aber Haul!“, rief Lisandra, weil sie es einfach nicht mehr länger aushielt. „ Ich bin es doch. Ich bin das verdammte fünfte Erdenkind!“
    Es war, als hätte Haul einen heftigen Schlag ins Gesicht bekommen. Seine Augen waren geweitet, die Pupillen-Flammen flackerten wie wild und er öffnete den Mund, um zu sprechen, aber kein Ton kam heraus.
    „Behalte es für dich, wenn du kannst!“, fügte Lisandra schnell hinzu.
    „Ich muss es Hanns sagen“, gestand Haul fast tonlos. „Aber mach dir keine Sorgen deswegen.“
    „Sorgen? Ach, ich hab e so viele Sorgen, da macht mir eine mehr oder weniger auch nichts mehr aus.“
    Haul umschlang Lisandra mit beiden Armen, beugte sein Gesicht zu ihrem hinab und presste seine Stirn gegen ihre. Eine ungeheure Wärme ging von ihm aus. Wärme und Trost.
    „Ich helfe dir“, sagte er. „Ich lasse dich nicht im Stich. Ich habe dir doch gesagt, dass ich gut im Kämpfen bin. Und Hanns ist es auch. Was auch immer Grohann mit dir vorhat, wir werden alles tun, um dich vor ihm zu schützen!“
    Lisandra schaffte es nicht, danke zu sagen. Sie konnte die Tränen nicht mehr zurück halten. Sie vergrub ihr Gesicht an Hauls Brust und heulte in seine Jacke hinein. Es war schrecklich, aber es tat auch gut. Es tat so gut, nicht alleine zu sein.
     
    Nach dem Mittagessen war der Himmel strahlend blau und Yu Kon sagte den Unterricht ein zweites Mal ab. Seine Schüler hatten bis zum nächsten Morgen frei, wofür Lisandra sehr dankbar war. Zwar hatte sie diesen jüngsten Schicksalsschlag halbwegs verdaut – oder zumindest mit Hauls Hilfe zur Kenntnis genommen, ohne komplett den Mut zu verlieren – doch Yu Kons erbarmungsloser Unterricht hätte ihr jetzt den Rest gegeben. Von Hanns ließ sie sich noch einmal bestätigen, dass die Nachricht exakt so abgehört worden war, wie Haul sie wiedergegeben hatte. Es war auch kein Missverständnis möglich. Grohann hatte die Nachricht empfangen und den Auftrag laut Geheimdienst bestätigt.
    Als Hanns erfuhr, dass Lisandra das fünfte Erdenkind war, reagierte er genauso überrascht wie Haul. Die beiden Jungen hatten tatsächlich nicht damit gerechnet.
    „Aber du sagst doch, dass du Magie sehen kannst! Hast du nicht gesehen, dass ich mit Sternenstaub zaubere?“
    „Das ist eine Magie, die ich nicht erkennen kann. Ich sehe an dir magikalisches Fluidum, wahrscheinlich wegen der Instrumente, die du bei dir trägst. Ich habe aber auch gesehen, dass die Instrumente zu schwach sind für die Zaubereien, die du ausführst, also nahm ich an, dass du auch über körperliche magikalische Kräfte verfügst. Aber man lernt nie aus … Jetzt, da ich es weiß, denke ich, es hätte mir komisch vorkommen müssen!“
    „Was glaubst du, Hanns?“, fragte Haul. „Was hat Grohann mit ihr vor?“
    „Er ist nicht gerade Yu Kons bester