Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MondSilberLicht

MondSilberLicht

Titel: MondSilberLicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
Vom Netzwerk:
zurückzuziehen. Dafür mussten bestimmte Regeln gelten.“
Ich nickte langsam.
„Glaubst du nicht, dass die Menschen sich geändert haben und heute weniger grausam sind?“
Traurig blickte er mich an.
„Glaubst du das denn?“
Ich wusste keine Antwort.
„Was meintest du vorhin mit ‚damals nicht‘?“ fragte ich zögernd.
Er seufzte.
„Früher waren wir ein großes Volk. Jetzt gibt es nicht mehr viele von uns, und nicht wenige geben euch Menschen daran die Schuld. Sie meinen, wir sollten gegen euch Krieg führen und euch zurücktreiben, weg von den Meeren, Flüssen und Seen. Ihr zerstört unsere Lebensräume.“
„Wie soll das funktionieren?“
„Mit unseren magischen Fähigkeiten“, erklärte er wie selbstverständlich. „Aber wir sind uneins. Im Grunde sind wir ein friedliches Volk. Und unser derzeitiger König würde einen Krieg gegen die Menschen nie zulassen. Er liebt die Menschen. Auch er verbrachte die Jahre seiner Jugend hier. Er hat viele Menschen schätzen gelernt. Dr. Erickson zeigte ihm die Schönheit eurer Welt - eure Bücher, eure Musik. Aber gegen die Gesetze kann er sich nicht auflehnen“, setzte er hinzu.
„Die Ericksons wissen Bescheid?“
„Seit vielen Generationen beherbergt die Familie der Ericksons junge Männer unseres Volkes, damit wir die Menschen kennen lernen. Das Geheimnis wird in ihrer Familie vererbt. So ist es seit Jahrhunderten Brauch. Alle zwanzig Menschenjahre wählt unser Volk einen aus, der dann zehn Jahre bei euch lebt. Diesmal fiel die Wahl auf mich.“
Er schwieg.
„Aber Dr. Erickson hat keinen Sohn, was wird, wenn er nicht mehr da ist?“
„Ich weiß es nicht“, seufzte Calum nachdenklich. „Der Große Rat wird entscheiden müssen, wer als Nachfolger in Frage kommt. Das wird keine leichte Aufgabe.“
„Weshalb dürfen wir uns nicht lieben? Weshalb kannst du kein Mensch bleiben?“
„Das ist eine der Regeln. Es ist uns strengstens verboten, uns einer Menschenfrau körperlich zu nähern und unser Geheimnis zu offenbaren. Sollte mein Volk davon erfahren, müsste ich zurückkehren und dich würden sie bestrafen.“ Er schloss seine Augen und ich sah den Schmerz in seinem Gesicht.
Vorsichtig strich ich über seine Wange.
„Ich kann nicht glauben, dass ich dich in solch eine Gefahr bringe“, flüsterte er.
„Und die Regeln kennen keine Ausnahme?“, fragte ich beklommen.
Er schüttelte den Kopf.
„Aber niemand weiß von uns, außer Amelie und Sophie. Sie werden uns nicht verraten.“
„Ich hoffe, dass du recht behältst.“ Er zog mich in seine Arme und bedeckte mein Gesicht mit zärtlichen kleinen Küssen. Ich seufzte.
„Ich glaube, ich muss gehen, Amelie wird warten.“
Liebevoll küsste er mich auf den Mund.
„Ich wünschte, du könntest die ganze Nacht bleiben“, flüsterte er in mein Ohr.
Ein Kribbeln durchlief meinen Körper. Nichts wünschte ich mir sehnlicher. Widerstrebend stand ich auf und zog meine Jacke an. Er brachte mich zur Tür und küsste mich zum Abschied so leidenschaftlich, dass ich benommen davontaumelte. Leise lachte er mir hinterher.
Es war alles so unwirklich, dachte ich, während ich durch die Kälte lief. Konnte es sein, dass vor uralten Zeiten alle diese Wesen gemeinsam mit den Menschen gelebt hatten? Wie viel bunter musste die Welt gewesen sein. Eine meiner Fragen hatte er mir nicht beantwortet. War es ihm möglich, immer als Mensch zu leben? Würde er das wollen? Konnte ich das von ihm verlangen?
Amelie hüpfte vor Kälte und Aufregung vor sich hin. „Wo bleibst du nur?“, zischte sie. „Peter hat mich angerufen, Dad ist früher nach Hause gekommen. Wir sollten uns beeilen.“
Ich zog die eiskalte Luft ein. „Mist“, entfuhr es mir. So schnell wir konnten, rannten wir nach Hause.
Leise schlossen wir die Tür auf und schlichen hinein. Ethan stand zornig in der Küche.
„Wo wart ihr?“, fuhr er uns so heftig an, dass wir beide zurückzuckten.
„In der Bibliothek“, entgegnete Amelie mit fester Stimme. „Mom wusste Bescheid.“
„Wisst ihr, wie spät es ist, meine Lieben? Die Bibliothek hat vor mehr als einer Stunde geschlossen, verkauft mich nicht für dumm.“ Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. Ich zog den Kopf zwischen meine Schultern. Amelie ließ sich nicht einschüchtern.
„Wir waren danach noch bei Jamie, das wird ja erlaubt sein, und wir sind rechtzeitig zum Abendbrot zurück.“ Demonstrativ zog sie ihren Stuhl zurück und setzte sich.
Ethan gab sich fürs Erste geschlagen, funkelte mich aber misstrauisch an.

Weitere Kostenlose Bücher