MondSilberLicht
mein Verlangen nicht bremsen. Wir rasten durchs Wasser und die Geschwindigkeit verstärkte den Rausch nur noch.
Dann war es vorbei. Er stieß mich von sich und schwamm so schnell davon, dass ich ihn in dem brodelnden Wasser nicht ausmachen konnte. Verwirrt und panisch blickte ich mich um. Unfähig mich zu bewegen, sank ich wie ein Stein tiefer. Da war er wieder an meiner Seite.
„So weit dürfen wir nie wieder gehen, Emma“, hörte ich seine Stimme in meinem Kopf. Sein Atem ging stoßweise. Er sah mich an und mein Verlangen spiegelte sich in seinen Augen.
Ich war völlig durcheinander, mein Herz schlug so heftig, dass ich befürchtete, es würde sich nie wieder beruhigen. Auf einmal fühlte ich mich leer. Er wollte mich nicht, schoss es mir durch den Kopf.
Calum nahm meine Hand und zog mich durch das Wasser nach oben. Hinter uns verdunkelte sich der See.
Langsam stieg ich aus dem Wasser und stolperte über das steinige Ufer. Calum hielt mich, sonst wäre ich gefallen. Meine Beine waren wie Pudding. Nass wie ich war, begann ich in der kalten Luft zu zittern. Schnell zog ich die nassen Sachen aus und schlüpfte in meine Jeans und meinen Pullover. Niemand von uns sagte ein Wort.
Unbemerkt trat er hinter mich.
„Es tut mir leid, Emma. Ich wollte dich nicht verletzen.“
„Weshalb hast du es getan?“ Meine Stimme zitterte.
„Ich möchte nicht, dass du das Schicksal deiner Mutter teilst. So weit darf es nicht kommen. Verstehst du?“
Ich nickte und verstand rein gar nichts. Ich konnte ihn nicht ansehen.
Er legte einen Arm um meine Taille und wollte mit mir loslaufen, als sich eine Gestalt aus der Dunkelheit löste.
Ich sah sie zuerst und erschrak so sehr, dass ich aufschrie. Calum schob mich hinter seinen Rücken, doch ich wollte sehen, wer uns beobachtet hatte.
Ein schlanker Mann mit langem blonden Haar trat näher und ich wusste, dass er ein Shellycoat war. Er sah Calum ähnlich, doch seine Augen funkelten eisblau. Abgrundtiefer Hass war darin zu lesen. Obwohl er normalerweise sicherlich hübsch war, verzerrte etwas Böses sein Gesicht zu einer Fratze.
Namenlose Furcht machte sich in mir breit. Er hatte uns entdeckt und beobachtet. Das war das Schlimmste, was hatte passieren können.
„Was tust du hier, Elin?“, fragte Calum schneidend und ohne eine Spur von Angst.
„Das sollte ich lieber dich fragen, denkst du nicht? Ich wusste immer, dass du unser Volk betrügst. Amia hat gespürt, dass du sie nicht mehr willst. Sie war so dumm, mir davon zu erzählen.“ Er warf seinen Kopf in den Nacken und lachte höhnisch.
Das Blut gefror mir in den Adern.
„Du kennst unsere Gesetze und du kennst die Strafe. Gerade du, du hast dir doch immer etwas darauf eingebildet, dass du unsere Gesetze so genau befolgst. Du wagst es, in einer Vollmondnacht mit einer Menschenfrau zu schwimmen. Dafür wirst du dich verantworten müssen.“ Er spie diese Worte Calum hasserfüllt ins Gesicht.
Sein Gesicht und seine Stimme waren voller Heimtücke.
„Soll ich sie gleich töten oder willst du es selbst tun? Du weißt, dass es unvermeidlich ist.“
Er griff so schnell nach meiner Kehle, dass niemand von uns beiden die Möglichkeit hatte, zu reagieren. Obwohl er nicht weiter zudrückte, spürte ich, dass mir das Atmen von Sekunde zu Sekunde schwerer fiel. Lauernd sah er Calum an.
„Lass sie los.“
Calums Worte, obwohl nur im Flüsterton gesprochen, klangen durch die Nacht wie ein Schrei.
Elins Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. In dem Moment riss ich mich los und biss ihn fest in den Arm. Mit einem Aufschrei ließ er mich los und ich taumelte in Calums Arme.
„Emma, du gehst auf der Stelle zum Auto“, befahl er mir. Seine Hand, die mich eben umfasst hatte, gab mich frei. Ich rührte mich nicht. In meinen Ohren hämmerte es.
„Emma, geh und fahr heim“, bestimmte er. Sein Gesicht hatte sich versteinert und seine Augen blitzten gefährlich.
Ohne Widerspruch lief ich los.
„Lauf“, befahl ich mir, obwohl meine Beine mich kaum trugen.
Hinter mir hörte ich ein Fauchen, das unmöglich aus einer menschlichen Kehle stammen konnte, dann den Zusammenprall zweier Körper. Ich sah nicht zurück.
Als ich im Wagen saß, spürte ich, dass nicht nur meine Hände zitterten. Mein ganzer Körper vibrierte, aus Angst und vor unterdrücktem Verlangen. Meine Zähne schlugen laut aufeinander. Ich zog meine Jacke fester um mich, atmete tief durch und versuchte, mich zu beruhigen. Meinen Kopf ließ ich auf meine Knie sinken. Die Zeit blieb
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